Les Misérables (2012) | Filmkritik

Les Misérables (2012)

1815: Nach 19 Jahren unter dem Gesetz wird der Sträfling Jean Valjean (Hugh Jackman) in die Freiheit entlassen. Doch Javert (Russell Crowe), ein frommer Mann des Gesetztes, glaubt nicht daran, dass Valjean sein Leben ändern wird. Gebrandmarkt als Verbrecher verachten die Bürger Valjean und niemand gibt ihm Arbeit oder gewährt ihm Zuflucht. Halb verhungert findet er schließlich Obhut beim Bischof von Digne. Erfüllt mit Hass auf die Menschheit bemächtigt sich Valjean in der Nacht des Silbers seines Retters und entflieht in die Dunkelheit.

Als das Gesetz ihn bei der Flucht gefangen nimmt, wird er samt Beute zum Bischof zurückgebracht. Dieser sagt jedoch aus, dass er die Wertsachen Valjean als Geschenk mitgegeben hat. Berührt von diesem Edelmut schwört sich Valjean, dass er fortan ein ehrenwertes Leben führen wird und legt aus diesem Grund seinen Namen Jean Valjean ab, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Doch Javert schwört, dass er den Gesetzesbrecher verfolgen wird.

© Universal Pictures

Acht Jahre vergehen und Valjean hat sich zum Fabrikbesitzer und Bürgermeister hochgearbeitet. Sein Name lautet mittlerweile Monsieur Madeleine. Eine seiner Angestellten ist die schöne Fantine (Anne Hathaway), welche all ihr Geld ihrer illegitimen Tochter Cosette (Isabelle Allen) schickt. Diese lebt zusammen mit dem geldgierigen Gastwirt Thénardiers (Sacha Baron Cohen) und seiner hinterlistigen Ehefrau (Helena Bonham Carter). Ausgenutzt zum Putzen muss sie mit ansehen wie die Tochter ihrer Ersatzeltern, Éponine (Natalya Wallace), ein besseres Leben genießt.

Um Cosette zu versorgen, muss Fantine ihr Haar, ihre Zähne und letztendlich auch ihren Körper verkaufen. Als Javert sie gefangen nehmen will, nimmt sich Valjean ihrer an und bringt sie in ein Krankenhaus. An ihrem Sterbebett gibt er ihr das Versprechen, dass er sich um ihre Tochter Cosette kümmern wird und diese wie sein eigenes Kind erziehen will.

Doch neun Jahre vergehen und Valjean lebt in ständiger Angst vor seinem Erzfeind Javert. Cosette schenkt er alles was er hat – außer der Wahrheit über ihr Leben auf der Flucht…

Im Jahr 1862 veröffentlichte Victor Hugo seinen Roman Die Elenden – ein politisch-ethisches Werk im Kleide einer Liebesgeschichte. Seither gab es zahlreiche Verfilmungen des Stoffes. Die erste stammt dabei aus dem Jahr 1907 und immer wieder bildete die Geschichte rund um Jean Valjean die Handlung etlicher Filme. Seit 1980 begeistert zudem ein Musical über Die Elenden.

Nun reiht sich eine weitere Verfilmung in die Liste ein. Doch kann das Werk aus der schier endlosen Masse herausstechen? Verantwortlich für die erneute Umsetzung ist der britische Filmschaffende Tom Hooper, welcher erst 2010 mit der Filmbiographie The King’s Speech ein Meisterwerk auf die Kinoleinwand zauberte. Sein verdienter Lohn dafür waren vier Auszeichnungen bei der Oscarverleihung 2011 in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bester Hauptdarsteller und Bestes Originaldrehbuch.

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Bereits 2007 adaptierte Regisseur Tim Burton das Broadway-Musical Sweeney Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street mit Schauspieler Johnny Depp in der Hauptrolle. Auf Grund eines klangstarken Ensembles und mitreißender Lieder lobten Publikum und Kritiker den Film gleichermaßen. Wirft man nun einen Blick auf Tom Hoopers Cast und die einprägsamen Lieder des Musicals sind hier ebenfalls die idealen Voraussetzungen erfüllt.

Als Protagonisten begleiten wir das bekümmerte Leben des Jean Valjean, für den der Diebstahl eines Stück Brotes zu einer schier ewig dauernden Haftstrafe wurde. Die zu Beginn von Hass erfüllte Figur entwickelt sich über die Jahre zu einem gottesfürchtigen Mann, der jedoch immer in steter Angst vor dem Gesetzt und seinem Verfolger Javert leben muss. Dargestellt wird dieses Schicksal durch den australischen Schauspieler Hugh Jackman, der neben seinen Auftritten als Superheld Wolverine auch große Erfolge als Musical-Darsteller am Broadway erzielte, und besonders mit der Rolle des Peter Allen in The Boy from Oz für Aufsehen sorgte. Stimmlich muss er sich daher keineswegs verstecken.

Ebenso imponierend ist der Gesang des Schauspielers Russell Crowe, welcher für Les Misérables mehrere Monate Gesangsunterricht erhielt. Eine Arbeit, die sich zweifelsohne ausgezahlt hat. Mit einer erstklassigen Stimme spielt er den Charakter Javert, welcher besessen von Recht und Ordnung den Sträfling Jean Valjean über etliche Jahre hinweg jagt. Eine Leistung, die leider ohne Golden Globe- oder Oscar-Würdigung auskommen muss. Besonders eine Szene, in welcher Javert in einsamer Höhe in den Abgrund blickt und an seinem Glauben zweifeln, vereint ein unglaubliches schauspielerisches Talent mit einem mitreißend vorgetragenen Song.

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Mehr Anerkennung erhielt bereits der Auftritt von Anne Hathaway, die als aufopfernde Mutter Fantine nicht nur ihr Haar verliert, sondern auch ihr Leben. Auch wenn ihre Leinwandzeit wirklich wenig Präsenz im Film einnimmt, überzeugen ihre wenigen Momente doch mit einer Intensität, die man einfach prämieren muss. Erwähnenswert ist zudem noch die Tatsache, dass Hugh Jackman und Anne Hathaway in Vorbereitung auf ihre Rollen 12,5 bzw. 15 kg abnahmen.

Die Liebesgeschichte zwischen Eddie Redmayne und Amanda Seyfried zurzeit des Pariser Juniaufstands von 1832 bildet im zweiten Akt der Geschichte das Fundament. Gesanglich erhalten sie Unterstützung von der Musicaldarstellerin Samantha Barks, welche bereits bei der Aufführung Les Misérables in Concert: The 25th Anniversary die Rolle der Éponine eindrucksvoll darbot. Auch in Tom Hoopers Verfilmung glänzt sie in ihren Auftritten. Der Cast unterhält neben ihr zudem noch einige weitere Akteure aus Misérables in Concert: The 25th Anniversary, welche das Werk stimmkräftig unterstützen.

Für den Humor der Elenden sorgt das diebische Gespann Sacha Baron Cohen und Helena Bonham Carter, welche bereits in Sweeney Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street vor der Kamera singend agierten. Ihre Szenen können jedes Mal ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern, wenn sie mit ihren ausgefallenen Tricks die gutgläubige Kundschaft ausrauben.

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Das Besondere an der Produktion ist, dass erstmals die Vocals einer vollständigen Musicalverfilmung komplett am Set aufgenommen wurden und nicht im Studio eingesungen wurden. Im Gesamtwerk entsteht so ein Non-Stop-Musical ohne große Pausen für Dialoge. Gemeinsam schmettern all diese Schauspieler wundervoll vorgetragen Stücke wie „Am Ende vom Tag“, „Gitter brach mein Wiegenlicht“ oder „Rot und Schwarz“. Wer nicht spätestens bei „I Dreamed a Dream“, „Morgen schon“ oder „Das Lied des Volkes“ mit einer durchgehenden Gänsehaut gefesselt auf die Leinwand schaut, wird auch mit dem restlichen Werk nicht mehr froh.

Bei der Geschichte gibt es so gut wie keine Abweichungen zum Musical. Tom Hooper handelt ganz nach dem Motto: Was auf einer Bühne funktioniert, glückt auch vor der Kamera. So nutzt er viele Nahaufnahmen der Schauspieler und zeigt Lieder teilweise ohne einen einzigen Schnitt, wodurch man als Zuschauer jede Emotion des Akteures wahrnimmt und eine affektive Nähe unvermeidbar wird.

Les Misérables ist ein gesanglich und darstellerisch tadelloses Werk, dessen Figuren einen nachhaltend fesseln. Die Frage, ob eine weitere Verfilmung der Romanvorlage wirklich notwendig war, wird man sich nach 158 Minuten Laufzeit keinesfalls stellen müssen.

Regie: Tom Hooper
Drehbuch: William Nicholson, Alain Boublil, Claude-Michel Schönberg, Herbert Kretzmer
Musik: Claude-Michel Schönberg
Schauspieler: Hugh Jackman, Russell Crowe, Anne Hathaway, Amanda Seyfried, Eddie Redmayne, Helena Bonham, Carter Sacha Baron Cohen

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