So malerisch und sonnengetränkt wie eine Raffaello-Werbung – und inhaltlich leider ähnlich leichtgewichtig: Parthenope von Oscarpreisträger Paolo Sorrentino ist ein Fest für die Sinne, doch der Tiefgang bleibt über weite Strecken aus.
Ein filmischer Liebesbrief an die Jugend – mit Schwächen
Es ist ein visuell überragender Film, der seine Geschichte fast wie ein Gedicht erzählt – mit großen Gefühlen, aber wenig Klarheit.
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Vor allem in der ersten Hälfte gelingt es dem Film, die Leichtigkeit und Sorglosigkeit der Jugend mit atmosphärischer Kraft einzufangen.
Visuell ein Traum – narrativ eher ein Rätsel
In traumhaft schönen Bildern folgen wir der jungen Parthenope durch die Stationen ihres Lebens: erste Liebschaften, philosophische Gespräche, poetische Begegnungen. Die Kameraarbeit ist dabei schlicht grandios – sie fängt Sonnenuntergänge über dem Meer ebenso kunstvoll ein wie kleine Alltagsbeobachtungen, die an italienischen Neorealismus erinnern. Hier fühlt sich der Film ehrlich, fast schon magisch an.
Neapel als Charakter – eine Stadt in Schönheit und Widerspruch
Neapel ist in Parthenope nicht bloß Kulisse, sondern selbst ein emotionaler Ankerpunkt. Sorrentino, selbst Neapolitaner, porträtiert seine Heimatstadt mit viel Liebe, aber auch mit dem Bewusstsein für deren Komplexität. Die Stadt am Meer wird als sinnliche, lebendige Metropole gezeigt – chaotisch und prachtvoll zugleich.
Von engen Gassen über weite Küstenpanoramen bis hin zu prachtvollen Palazzi reicht die visuelle Palette, in der sich die Figuren bewegen. Neapel wird so zur Seelenlandschaft Parthenopes: mal lebenshungrig, mal melancholisch, oft voller Gegensätze.
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Doch mit einem einschneidenden Erlebnis verändert sich der Tonfall. Die ältere Parthenope verliert ihren inneren Kompass – und mit ihr verliert der Film zunehmend seine narrative Richtung.
Verloren im Übergang zum Ernst des Lebens
Kontakte zu dubiosen Gestalten, eine tiefergehende Beschäftigung mit der Kirche, das wachsende Interesse an der Anthropologie: Alles bleibt an der Oberfläche, wird nie vollständig ausformuliert.
Während die Bilder nach wie vor faszinieren, entsteht das Gefühl, dass der Film seine eigene Hauptfigur nicht mehr wirklich versteht. Ihre Motivation bleibt oft rätselhaft.
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Celeste Dalla Porta überzeugt mit sinnlichem, feinem Spiel – sie trägt große Teile des Films mit einer natürlichen Ausstrahlung.
Ein starker Cast in einem ästhetischen Korsett
Ihr gelingt es, Parthenope mit Zartheit und innerer Stärke zu verkörpern, auch wenn das Drehbuch ihr wenig Orientierung gibt. In Nebenrollen glänzen unter anderem Gary Oldman (The Dark Knight Rises) als exzentrischer Autor John Cheever, der dem Film für einen kurzen Moment eine andere Energie verleiht. Der gesamte Cast bewegt sich sicher innerhalb des kunstvoll inszenierten Rahmens, bleibt aber meist Figuren der Oberfläche.
Mehr Bild als Substanz – aber nicht ohne Wirkung
Parthenope ist ein Film der großen Gesten und kleinen Aussagen. Er will viel: eine Coming-of-Age-Geschichte erzählen, eine Stadt porträtieren, über Liebe, Lust, Freiheit und Tod reflektieren. Doch dabei verliert er sich oft im Fragmentarischen. Für manche mag das bewusst gewollt sein – als poetische Form der Erinnerung, als bruchstückhafte Annäherung an ein Leben. Für andere bleibt es einfach zu wenig. Die über zwei Stunden Laufzeit fordern Geduld, denn der dramaturgische Bogen bleibt flach.
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Parthenope ist ein cineastischer Liebesbrief – an eine junge Frau, eine Stadt und ein Lebensgefühl. Wer bereit ist, sich von Bildern treiben zu lassen und keinen klassischen Handlungsbogen erwartet, wird von der melancholischen Schönheit des Films sicherlich berührt.
Formvollendetes Kino ohne Halt
Wer jedoch auf Struktur, Entwicklung und narrative Dichte hofft, dürfte enttäuscht sein. Es ist ein Film, den man vielleicht erst später im Leben wirklich versteht – oder einer, den man einfach mit geschlossenen Augen genießt, solange man sich ihm hingibt.

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