The Liberator (2013) | Filmkritik

Wie schafft man es, mit einem Film möglichst viele Kritiker glücklich zu machen? Ganz einfach: Man dreht ein Biopic um eine historische Figur, garniert das ganze mit schönen, exotischen Schauplätzen, aufwendigen Kostümen und bekommt eine gute Chance, seinen Film mit Preisen überhäuft zu sehen!

Ob sich Regisseur Alberto Arvelo so etwas gedacht hat, als er The Liberator drehte, bleibt natürlich sein Geheimnis. Doch Tatsache ist, dass es sein Machwerk 2015 auf die Shortlist der Oscars geschafft hat, in der Kategorie „Bester ausländischer Film“.

In The Liberator dreht sich alles um Simón Bolívar, den Nationalhelden Südamerikas, der zu Anfang des 19. Jahrhunderts um die Freiheit seines Volkes kämpfte und die Unabhängigkeit von der spanischen Krone forderte.

Inspiriert von der französischen Revolution plant Bolívar (Édgar Ramírez) sich vom Griff der spanischen Unterdrücker zu lösen und schließt sich in Venezuela dem Widerstand an. Und so folgen ihm bald Tausende, um sich gegen die Machthaber zu erheben, die die Menschen Südamerikas mit eiserner Hand beherrschen.

In unzähligen Schlachten fordert er die Machthaber heraus und zeigt, dass sich Menschen nicht so einfach unterdrücken lassen.

Alles beginnt mit Simóns Rückkehr nach Venezuela. Vom spanischen Hofe und seinen Machenschaften angewidert, ist der junge Mann froh, wieder in der Heimat zu sein. Besonders die attraktive Gattin an seiner Seite wähnt den Adeligen im Paradies.

Doch der anfängliche Schein trügt. Sklaven auf den Plantagen, spanische Soldaten mit Gewehren und die Machenschaften des Königshauses sind nichts für das Freiheitsdenken des edlen Wilden, wie Bolívar von seinem Freund und Mentor genannt wird.

Der tragische Tod seiner Frau hat Bolivar in Selbstexzesse stürzen lassen. Alkohol, Frauen und Partys haben den einstigen Freigeist verbittert und desillusioniert. Nur die aufrüttelnden Worte seines Lehrmeisters erwecken erneut den Kampfgeist in ihm. Viva la Revolution! Was folgt sind unzählige Schlachten, in denen Simón Bolívar mit Hilfe seiner Armee nicht erobert, sondern befreit. Dabei wird er von General Miranda unterstützt, der bereits in unzähligen Kriegen seinen Wert bewies.

Als Verrat aus den eigenen Rängen den freiheitsliebenden Adligen ins Exil des Dschungels treibt, beginnt für Simón das Dasein eines Anführers und Lehrers. Selbst über die Landesgrenzen Venezuelas hinweg wird die Revolution getragen, um die von Spanien getrennten Länder wieder zu vereinen und aus Fremden wieder Brüder zu machen.

Mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen, ausladenden Kostümen und unzähligen Statisten ist das Machwerk Arvelos eine Wohltat für die Augen. Fast jede Kameraeinstellung ist ein üppig ausgestattetes Ölgemälde. Doch trotz der ausladenden Optik und der teilweise wunderschönen musikalischen Untermalung ist der Film an manchen Stellen sprunghaft und hektisch, als wollte man zu viele Ereignisse in einen zu kurzen Zeitraum pressen.

Vermutlich hätte die doppelte Filmlänge dem Historiendrama gut zu Gesicht gestanden. Auch die wackelige Kamera tut ihr übriges bei und lässt an manchen Stellen schnell die Übersicht verloren gehen. Dem wirkt allerdings die stimmige Musik Gustavo Dudamels entgegen und unterstreicht ruhige wie spannende Szenen stilvoll und bleibt besonders bei den zahllosen Panorama-Kamerafahrten mit positivem Gänsehautgefühl in Erinnerung.

Unterm Strich ist The Liberator eine aufwendige Produktion mit tollen Schauspielern, einer unglaublichen Bildgewalt und wunderschöner Musik. Leider sind es gerade die gewaltigen Handlungssprünge, die den Zuschauer immer wieder ungewollt aus dem Fluss der Bilder reißen und das Gefühl vermitteln, eher eine überteuerte Dokumentation als einen abendfüllenden Film zu sehen. Es wäre da einfach besser gewesen, entweder nur eine gewisse Lebensspanne Bolívars zu porträtieren oder die Laufzeit drastisch zu erhöhen.

Hauptdarsteller Édgar Ramírez vereint Charme, Sympathie und Intelligenz in seiner Rolle als Revolutionär. Ob im edlen Anzug, nackt mit den Damen oder mit dem Blut der Schlacht durchtränkt, wird Protagonist Bolívar immer die nötige Authentizität und Glaubwürdigkeit verliehen.

Wer eine Geschichtsstunde der etwas unterhaltsameren Art mit einer unglaublich tollen Optik sehen möchte, ist mit Libertador, wie der Film im original heißt, gut beraten.

Das große Meisterwerk ist es trotz aller Ambitionen leider nicht ganz geworden, aber sehenswert bleibt der Kampf um die Freiheit allemal. Auch zum mehrmaligen Sehen lädt der filmische Siegeszug gegen die Unterdrückung ein, zumal man nicht jedes Detail gleich beim ersten Schauen bemerken wird.

Cast & Crew

Regie: Alberto Arvelo
Drehbuch: Timothy J. Sexton
Musik: Gustavo Dudamel
Darsteller: Édgar Ramírez, María Valverde, Juana Acosta, Danny Huston, Erich Wildpret, Alejandro Furth, Orlando Valenzuela

Bewertung

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