Das Influencer-Paar Carl (Harris Dickinson) und Yaya (Charlbi Dean Kriek) nimmt an einer Luxusyacht-Kreuzfahrt teil. Da sie viele Follower haben, müssen sie für diese exquisite Rundfahrt keinen Cent bezahlen. Der Reiseveranstalter hat ihnen diese Tour gesponsort.
Zwischen Glamour und Grauen: Ein emotionaler Achterbahnritt
An Bord lernen sie äußerst wohlhabende Personen kennen, die scheinbar gar nicht wissen, wo sie mit ihrem viel Geld hinsollen. Beim Essen treffen Carl und Yaya beispielsweise auf den russischen Millionär Dimitry (Zlatko Buric), der keinen Hehl daraus macht reich zu sein. Einen Tisch weiter sitzt ein britisches Ehepaar, welches Millionen mit dem Verkauf von Waffen gemacht hat.
Der Kapitän des Kreuzers ist der US-Amerikaner Thomas Smith (Woody Harrelson), der sich zunächst weigert aus seiner Kabine zu kommen. Für das Kapitänsdinner lässt er sich dennoch überreden. Dieses besondere Abendessen findet in einem stürmischen Wetterumschwung statt. Vielen Besuchern wird schlecht.
Scheinbar gerät die von Oberflächlichkeit und Arroganz geprägte Tour in eine vollkommen neue Richtung. Denn die Reichen wirken auf einen Schlag sehr schwach. Doch scheint dies nur der Anfang zu sein.
In Triangle of Sadness rechnet der schwedische Regisseur Ruben Östlund mit der wohlhabenden Bevölkerung ab und überzeugt wie gewohnt durch seine Situationskomik und die gut ausgespielten Szenen. So macht der neueste Östlund-Film viel Spaß, obwohl ihm am Ende der ganz große Wurf missglückt.
Skandinavische Nüchternheit mit smarten Dialogen
In erster Linie ist es schön zu sehen, dass ein Filmemacher an seiner persönlichen Handschrift zu erkennen ist. Ruben Östlund schaffte es bisher immer, sein Publikum durch anspruchsvolle Dialoge und nahbare Figuren zu unterhalten. Dabei benötigt der Schwede keine besonders ausschweifende Erzählung, sondern nur ein gutes Drehbuch und tolle Darsteller.
Diese eher minimalistische Grundhaltung setzt sich wunderbar vom amerikanischen Kino ab. Die skandinavische Nüchternheit gepaart mit smarten Dialogen begeistert.
So bleibt der Regisseur auch in seinem neuesten Werk seiner Linie treu. Das junge Influencer-Paar macht ständig Fotos in vielen verschiedenen Posen, um die Follower bei Laune zu halten. Carl hat aber nie so richtig Bock auf das ganze Rumposieren. Yaya hingegen scheint es zu lieben.
Eine kritische Betrachtung des modernen Schönheitswahns
So bekommt der Zuschauer einen Einblick hinter die Fassade eines Influencer-Pärchens. Ihre Beziehung wirkt aufgeladen und verlogen einerseits, aber auch ehrlich und liebenswert andererseits. So streiten die beiden über nachvollziehbare Ereignisse.
Dem Zuschauer ist nie so richtig klar, wo die Reise für das Paar hingehen soll. Dies macht die Beziehung interessant. Aber Carl und Yaya sind auch nur das Intro für die Figuren und das Leben auf der Yacht. Mal folgt man dem russischen Millionär Dimitry, mal der Figur von Iris Berben oder eben einem britischen Ehepaar. Östlund lässt schon ziemlich schnell durchblicken, wie oberflächlich und auch asozial die Reichen auf dem Schiff sind.
Angefeuert von Kapitän Thomas Smith (Woody Harrelson) kommt es dann zu einer Zuspitzung, der besonders ekelhaften Art. Im Sturm schlägt die Stimmung bei den Gästen um. Das teure Essen und der Champagner werden ausgekotzt und es beginnt eine endlose Sequenz aus Kotzattacken. Die scheinbar so einflussreichen und kontrolliert wirkenden Reichen sind plötzlich schwach und zerbrechlich. Es ist sehr unterhaltsam, dies mitanzusehen und sehr witzig zugleich.
Starke Figuren und satirischer Humor: Das macht den Film aus
Hier musste ich vor allem an die Toiletten-Szene aus Brautalarm denken, die ähnlich ausartete. Einen eisernen Magen haben Kapitän Smith und der Millionär Dimitry, die sich anfreunden und eine ordentliche Sauftour einlegen. Dabei setzen sie ab und zu immer wieder ein paar anarchisch und gesellschaftskritische Botschaften über das Mikrofon ab. Harrelson und Buric verkörpern ihre Figuren glaubhaft und sind beide sympathisch auf eine andere Art und Weise.
Das Schauspiel der beiden ergänzt sich in ihren gemeinsamen Szenen wunderbar. Zlatko Buric, den einige aus den Pusher-Filmen von Nicolas Winding Refn (Drive) kennen, liefert eine eindrucksvolle Vorstellung ab. Dafür bekam er im vergangenen Jahr den Europäischen Filmpreis.
Die große Schwachstelle des Films ist leider die vor allem im letzten Drittel aufkommende plumpe Auflösung der schönen Geschichte. Über zwei Drittel hat der Film Spaß gemacht, unterhalten und zum Lachen gebracht: Das Ende ist jedoch flach und leider eine kleine Enttäuschung. Mit einem großen Knall hätte dieser Film aufhören sollen, doch leider ist es eher ein leises Zischen geworden.
Die Schattenseiten des Erfolgs: Eine schonungslose Darstellung
Das Drehbuch, das auch Östlund geschrieben hat, setzt dem Ganzen leider nicht die Krone auf. Das ist schmerzhaft, denn die Ausgangslage war ideal.
Trotz der Schwächen hat die Academy Triangle of Sadness für drei Oscars nominiert (Bester Film, Bestes Originaldrehbuch und Beste Regie). Das ist für Östlund persönlich ein Erfolg, obwohl der Schwede in Höhere Gewalt und auch in The Square noch mehr Stringenz bewies.
Sein neuester Film ist insgesamt jedoch eine dicke Empfehlung wert, was aber eher an der fehlenden Kreativität Hollywoods liegt. Denn neue und originelle Geschichten kommen mittlerweile häufig nicht mehr aus den USA.
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