Wenn man an abendfüllende Animationsfilme aus Japan denkt, kommen einem meistens die Werke von Hayao Miasaki und dem Studio Ghibli in den Sinn. Dass das Land des Lächelns allerdings noch viele andere Talente hat, zeigte unter anderem 2004 Steamboy von Katsuhiro Otomo (Robotic Angel).
Volldampf voraus!
In diesem detailverliebten Steampunk-Film geht es um Ray, einen 13-jährigen Jungen einer Erfinderfamilie, der in einem viktorianischen England des 19. Jahrhunderts lebt.
Die Dampfmaschinen sind auf dem Vormarsch und leiten die industrielle Revolution ein. Doch Rays Großvater und Vater haben sich selbst übertroffen und eine mächtige Energiequelle, den Steamball erfunden.
Was steckt hinter dem Steamball?
Die unscheinbare Kugel mit dem Ventil beherbergt eine unvorstellbare Kraft. In ihr herrscht ein Druck aus Wasserdampf, der mehr als nur Maschinen in die Lüfte hebt.
Doch mit dieser Erfindungen treten auch böse Menschen auf den Plan, die jene Kraft für neuartige Waffen missbrauchen wollen. Und das will Ray unbedingt verhindern. Dass wahres Erfinderblut durch seine Adern fließt, beweist der Bengel ein ums andere Mal.
Mit seinen Erfindungen erweckt er die Aufmerksamkeit des Erfinders Robert Stevensons, der schließlich beschließt dem Jungen zu helfen.
Ein rauchiger Familienstreit
Schon bald befindet sich Ray zwischen seinem Vater, der den Steamball für eine düstere Organisation zur Waffe machen will und seinem Großvater, der das zu verhindern sucht. Doch welcher seiner Verwandten hat Recht?
Katsuhiro Otomo, der mit Titeln wie Akira und Robotic Angel wahre Meisterwerke schuf, zeigt in Steamboy seine Liebe zum Detail.
Kleine Teile, große Wirkung
Jede Schraube, jedes Zahnrad und jedes Ventil sind nicht nur Zierde, sondern erwecken gewaltige Konstruktionen zum Leben. Die kleinen Mechaniken sind hervorragend animiert und wirken, als könnte man sie einfach so nachbauen, um derartige Dampfmaschinen zum Leben zu erwecken.
Zwar ist der technische Fortschritt, dem Steampunk typisch, nur pure Imagination und Fiktion, doch dem märchenhaften Look und der komplexen Geschichte schadet das keineswegs.
Ray ist sofort sympathisch und entwickelt sich schnell zum namensgebenden Titelhelden. Wenn Festungen fliegen, Roboter kämpfen und gewaltige Mechanismen zum Leben erweckt werden, werden die Grenzen des Vorstellbaren gesprengt.
Doch so leicht, wie einem Ray ans Herz wächst, möchte es mit den anderen Figuren nicht gelingen. Opa Steam ist ein halbnackter Irrer, den man besser in eine Anstalt stecken sollte. Der Vater wird zu Frankensteins Monster mit zweifelhaftem Moralkompass und die blonde Scarlett quält nicht nur ihr Schoßhündchen, sondern ist insgesamt ein übles Gör, welches mal eins hinter die Löffel kriegen sollte.
Volldampf voraus!
Besonders im dritten und letzten Akt nehmen die Dampfmaschinen derartige Dimensionen ein, dass man angesichts der unzähligen Ideen und verspielten Details nicht blinzeln darf, da einem sonst etwas entgehen könnte.
Da geht allerdings auch schnell die Übersicht verloren und man fragt sich, wo nun oben und unten ist. Gleiches passierte auch schon im Showdown der genannten Werke Akira und Robotic Angel.
Insgesamt macht Steamboy aber sehr viel Spaß und weiß gut zu unterhalten. Zwar ist der Film mittlerweile 17 Jahre alt, doch noch immer kann er technisch überzeugen und zeigt, dass auch Zeichnungen von Hand mit Computeranimationen mithalten können.
Und das ist ja das Herzstück des Steampunk: die Nostalgie und die Liebe zur Vergangenheit gemischt mit Ideen der Zukunft.
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