In 2020 ist einiges anders. Das betrifft insbesondere die weltweite Messelandschaft. Und trotzdem lässt es sich die weltgrößte Publikumsmesse für Gesellschaftsspiele nicht nehmen, auch in diesem Jahren seine Pforten für alle Brettspiel-Enthusiasten zu öffnen – nur eben digital.
Die Messe SPIEL wird digital
Vom 22. bis 25. Oktober 2020 finden die Internationalen Spieltage SPIEL in digitaler Form unter dem Namen SPIEL.digital 2020 statt. Nationale und internationale Vertriebe stellen ihre Neuerscheinungen vor und konkurrieren um junge sowie alte Freunde des gemeinsamen Spielens. Und auch das beliebte Heft der spielbox, welches alljährlich zur SPIEL kostenlos verteilt wird, steht zum kostenlosen Download im PDF-Format bereit.
Neuheiten-Liste, B2B-Bereiche, riesige Mediahubs mit Liveprogramm, Tabletopia-Spiele und Vorführungen sowie ein Radiosender
Obwohl in diesem Jahr die Spiele nicht vor Ort in den Messehallen in Essen begutachtetet werden können, stellen zahlreiche Vertriebe ihre Neuheiten nun eben digital vor. Und jeder kann interaktiv an diesem Event teilnehmen, sich die zahlreichen Spiele erklären lassen und über unterschiedliche Plattformen auch mitspielen oder informieren. Die Spieleneuheiten könnt ihr daher auch ganz bequem auf der offiziellen Webseite der SPIEL.digital durchstöbern. Ich habe mich durch die aktuelle Liste der Neuheiten der SPIEL.digital 2020 gearbeitet und meine 10 Favoriten herausgesucht. Und dies war in diesem Jahr gar nicht mal so einfach.
10. Kitara (2020)
Kitara ist der diesjährige große Release des bekannten französischen Brettspielverlags IELLO. Basierend auf einer afrikanischen Fabel versuchen wir das kitarische Reich zu altem Ruhm zu führen. Durch strategische Entscheidungen, wie Bewegung, Eroberung oder Kämpfe, versuchen wir unser eigenes Territorium zu erweitern und dadurch weitere Aktionsmöglichkeiten zu erhalten. Unsere Aktionen planen wir durch Aktionskarten, welche wir über einen Draft-Modus erhalten. Durch diese Karten kommen weitere Jäger, Krieger oder einzigartige Helden ins Spiel und verändern das Spielgeschehen.
Kitara – kurze Spieldauer, viel Spiel
Mir gefällt an Kitara, neben dem großartigen Thema, besonders die Kombination aus Area-Control (Gebietskontrolle) und Aktionsprogrammierung. Außerdem soll das Spiel in flotten 40 Minuten abgehandelt sein und das würde in unserer Spielgruppe sehr schön als Spiel für Zwischendurch reinpassen. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 2-4
Alter: 10+
Spielidee: Eric B. Vogel
Gestaltung: Miguel Coimbra
Verlag: IELLO, Mancalamaro
9. Cóatl (2020)
Cóatl ist mir schon vor einigen Monaten dank seiner kräftigen und farbenfrohen Gestaltung ins Auge gesprungen. Als Hoherpriester wollen wir uns besonders hervortun und versuchen dies durch die Gestaltung extravaganter Skulpturen befiederter Schlangen, genannt Cóatl, zu bewerkstelligen.
Cóatl – von Kopf bis Fuß durchdacht
Bestehend aus Kopf, Körper und Schwanzende können wir unsere Schlangen in einer Runde entweder weiter ausbauen oder eine Prophezeiung erfüllen und Siegpunkte generieren. Mich spricht insbesondere die interessante Herangehensweise an das altbackene Set Collection Genre (Set Sammel Mechanismus) an und das hochwertig wirkende Spielmaterial. Mal etwas anderes als immer nur Karten zu sammeln. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 1-4
Alter: 10+
Spielidee: Etienne Dubois-Roy, Pascale Brassard
Gestaltung: SillyJellie
Verlag: Synapses Games, HeidelBÄR Games
8. CloudAge (2020)
CloudAge ist nach dem enorm erfolgreichem Maracaibo (2019) der neueste Titel des weltbekannten Autoren Alexander Pfister. Zusammen mit Arno Steinwender haben die zwei Autoren in CloudAge eine düstere Dystopie erschaffen.
Vor fünfzehn Jahren hat die skrupellose Organisation „Cloud“ unzählige Ölraffinerien und Wälder in Brand gesetzt und so die Planetenoberfläche unbewohnbar gemacht. Doch der Mensch ist erfinderisch und hat sich einfach in die Lüfte empor geschwungen. In euren Luftschiffen segelt ihr nun über das ausgedörrte Land, auf der Suche nach einem besseren Leben.
CloudAge soll vom Schwierigkeitsgrad her deutlich seichter sein als das doch sehr anspruchsvolle Maracaibo. Zudem wirkt es thematischer und gerade der innovative und immer stärker auftretende Mechanismus der bedruckten Kartenhüllen, mit welchen die eigenen Karten aufgewertet werden bzw. welche bestimmte Werte verdecken, lässt alle Alexander Pfister Fans in neue Gebiete vordringen.
CloudAge – in Kampagnen durch die Lüfte
In unseren Luftschiffen besuchen wir Städte, sammeln mit unseren Drohnen Ressourcen ein oder bekämpfen die Milizen der geheimnisvollen Organisation „Cloud“. Mit den gesammelten Mitteln können wir dann neue Crew-Mitglieder anheuern oder unser Schiff aufrüsten. Neben dem Ressourcen-Management müssen wir uns eine gut geölte Engine aufbauen und zudem unser Kartendeck immer weiter verbessern.
Das Regelheft ist außerdem im Kampagnenformat aufgebaut, bei welchem mit jeder Partie neue Elemente vorgestellt und hinzugefügt werden. Dieses System konnte zuletzt das Stich- und Kennerspiel des Jahres 2020 Die Crew: Reist gemeinsam zum 9. Planeten sehr erfolgreich bewerkstelligen. Ich bin gespannt, wie all diese Elemente im fertigen Spiel ineinandergreifen und ob das Spiel trotzdem für alle Spielertypen genügend Herausforderungen bietet. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 1-4
Alter: 10+
Spielidee: Alexander Pfister, Arno Steinwender
Gestaltung: Christian Opperer
Verlag: dlp games, Nanox Games
7. Jurassic Parts (2020)
Als Kind wollte ich immer Archäologe werden. Jurassic Parts fällt daher perfekt in meine Schublade beliebter Themengebiete und das tolle System der Plättchen macht es auch vom Spielsystem her für mich interessant.
Jurassic Parts – Knochensuche für Groß und Klein
Eine kleine Box, welche bis zum Rand vollgepackt ist, tolles Artwork von Andrew Bosley (Everdell) und eine niedrige Lernkurve machen Jurassic Parts sicherlich auch für die Familie spielbar. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 2-5
Alter: 10+
Spielidee: Kevin Lanzing
Gestaltung: Andrew Bosley, Crimzon Studio, Matt Paquette
Verlag: 25th Century Games
6. Krazy Pix (2020)
Wisst ihr, mit welchem Spiel ich in den letzten Jahren den meisten Spaß hatte? Nein, mit Krazy Pix bisher noch nicht, aber mit seinem Vorgänger Krazy Wordz (2016). Statt verrückten Worten müssen wir in Krazy Pix nun verrückte Bilder erstellen. Diese kleinen Partyspiele mit Bilderrätseln sind in den letzten Jahren äußerst beliebt.
Krazy Pix – Wat soll dat denn sain?
Erst in diesem Jahr konnte beispielsweise Pictures den Preis für das Spiel des Jahres 2020 abräumen. Wenn ich mit Krazy Pix auch nur halb so viel Spaß habe wie mit seinem Vorgänger, ist das Spiel schon eine enorme Bereicherung für jeden Partyabend. Das Spiel unterstützt zudem nun eine gerade Anzahl an Mitspielern und soll sogar etwas schneller von der Hand gehen. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 3-8
Alter: 10+
Spielidee: Sophia Wagner,Dirk Baumann, Thomas Odenhoven, Matthias Schmitt
Verlag: Ravensburger
5. Cubitos (2020)
Als ich Cubitos zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich es schon direkt ignorieren. Zum Glück aber habe ich mir dann doch ein wenig zu dem Spiel durchgelesen und meine Güte, das Spiel scheint eine enorme Portion an Spaß zu versprühen.
Cubitos – Hauptsache die Lederhose sitzt
Im Kern ist Cubitos ein Rennspiel, bei welchem unsere Läufer über Würfelwürfe vorrücken. Klingt erst einmal sehr unspannend und glückslastig. Doch wir können unser Würfel-Team selbst zusammenstellen und dadurch klug taktieren. Und wer das Glück gepachtet hat, der darf auch einmal etwas mehr riskieren.
Für mich eine absolut großartige Idee von Autor John D. Clair (Mystic Vale), um ein recht altbackenes System mit modernen Spielelementen aufzuwerten. Doch wieso auf der Packung ein Käse in Lederhosen abgebildet ist, muss mir noch einmal jemand erklären. Auch wäre mir eine höhere Spieleranzahl lieb gewesen. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 2-4
Alter: 14+
Spielidee: John D. Clair
Gestaltung: Jacqui Davis, Philip Glofcheskie, Ryan Iler, Matt Paquette
Verlag: Pegasus Spiele
4. Hallertau (2020)
Hallertau ist in diesem Jahr der neueste Titel von Spieleautor Uwe Rosenberg, einem der wohl bekanntesten Namen in der Brettspiel-Branche. Fast hätte ich das Spiel nicht in meiner Liste geführt, weil es sehr kurzfristig als Neuheit für die SPIEL.digital bestätigt wurde. Leider wurde dafür Die verlorenen Ruinen von Arnak von HeidelBÄR Games aus der Liste gestoßen.
Hallertau – Hopfen und Malz, Gott erhalt’s. Prost!
In Hallertau begeben wir uns in die bayrischen Lande und versuchen uns in einer uralten Tradition – als Hopfenpflanzer. Bayern zählt nicht ohne Grund als größtes Hopfenanbaugebiet der Welt. Uwe Rosenberg baut in seinen Brettspielen immer auf seinen etablierten Konzepten auf und integriert etwas Neues. Dieses Mal wird dem etablierten Worker-Placement-System (Arbeiter einsetzen) die Mechanik wechselnder Bewirtschaftung der Felder hinzugefügt. Wir müssen also schon deutlich vorausplanen und uns rechtzeitig eine Strategie zurechtlegen.
Hallertau scheint mit Sicherheit kein einfaches Spiel zu werden aber genau diese Komplexität zieht mich an. Runde für Runde über die eigenen Möglichkeiten zu grübeln und den Mitspielern durch intelligentes Taktieren und einsetzen der Möglichkeiten davonzueilen sind für mich der Kern perfekter Brettspiele. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 1-4
Alter: 12+
Spielidee: Uwe Rosenberg
Gestaltung: Klemens Franz, Lukas Siegmon
Verlag: Lookout Games
3. Burggrafen des Westfrankenreichs (2020)
Burggrafen des Westfrankenreichs oder besser unter dem englischen Titel Viscounts of the West Kingdom bekannt, ist der dritte Teil der West Kingdom Trilogie von Spieleautor Shem Phillips. Nach Architekten des Westfrankenreichs (2018) und Paladine des Westfrankenreichs erneut mit Zeichnungen des beliebten Künstlers Mihajlo Dimitrievski, tauchen wir noch tiefer in die Gefilde des Westfrankenreichs ein.
Die Macht des Königs schwindet und das Reich, welches wir Mühsam über Jahrzehnte aufgebaut haben, beginnt zu Bröckeln. Als Burgherren und treue Berater des Königs müssen wir weise Entscheidungen treffen, um unsere Macht im Reich zu festieren.
Burggrafen des Westfrankenreichs – Meine Burg, mein Reich, meine Dynastie
Paladine des Westfrankenreichs ist für mich persönlich eines der besten Spiele des letzten Jahres und ich fiebere dem letzten Teil der Trilogie daher ungemein entgegen. Aufbauend auf den aus den Vorgängern bekannten Spielmechaniken dürfen wir nun selber nach der Macht greifen und das Reich letztendlich zu neuem Ruhm führen oder in den Ruin treiben. Der Rondell-Mechanismus gibt dem Spiel neue taktische Möglichkeiten und die Möglichkeiten für den Punktegewinn sind erneut vielzählig. Ich kann es kaum erwarten, abermals im Westfrankenreich nach Macht zu streben und meine Widersacher hinter mich zu lassen. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 1-4
Alter: 12+
Spielidee: Shem Phillips, S J Macdonald
Gestaltung: Mihajlo Dimitrievski
Verlag: Garphill Games, Schwerkraft-Verlag
2. Tawantinsuyu: The Inca Empire (2020)
Tawantinsuyu: The Inca Empire ist nach dem Überraschungserfolg Teotihuacan – Die Stadt der Götter aus dem Jahr 2018 der nächste unaussprechliche Titel aus den südamerikanischen Gefilden. Und bei dem Namen Dávid Turczi dürfte dieses neue Spiel seinem Namensvetter in Nichts nachstehen.
Spieleautor Turczi ist nicht zuletzt seit Anachrony (2017) einer meiner beliebtesten Brettspieldesigner. Ich kann es daher kaum erwarten, sein neuestes Werk auf den Tisch zu bekommen.
In Tawantinsuyu wollen wir den Machtbereich des Inkareiches erweitern und selbst nach dem Höchsten Amt des Inka streben. Wir sammeln unsere Gefolgsleute und platzieren sie strategisch zum größtmöglichen Effekt auf den Stufen des Sonnentempels. Doch neben unserer Frömmigkeit dürfen wir unser Volk nicht vergessen. Wir errichten Gebäude für die tägliche Versorgung und bilden Soldaten für die Verteidigung und der Eroberung fruchtbarer Gebiete aus.
Tawantinsuyu – nicht nur die Aussprache ist anspruchsvoll
Tawantinsuyu ist im Grunde ein Worker-Placement und Ressource-Management Spiel, mit zahlreichen Möglichkeiten und unterschiedlichen Strategien. Spielen wir eher aggressiv und versuchen die Gebiete unserer Mitspieler zu erobern, konzentrieren wir uns auf unsere Gebete zum Sonnengott Inti oder bauen wir unsere Gebiete effektiv aus? Jede Strategie hat seine Vor- und Nachteile und mit jeder dieser gibt es starke Boni zu gewinnen.
Mich erinnert Tawantinsuyu sehr stark an Tzolk’in: Der Maya-Kalender (2012) meines liebsten Spieleautoren Simone Luciani. Da ich ebenfalls ein Fan der Masken-Trilogie der Autoren Wolfgang Kramer und Michael Kiesling bin, wird dieses Spiel fast schon zu einem Pflichtkauf. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 1-4
Alter: 14+
Spielidee: Dávid Turczi
Gestaltung: Jakub Fajtanowski, Jakub Skop, Zbigniew Umgelter, Alexander Zawada
Verlag: Board&Dice, Giant Roc
1. Kyoto (2020)
Kyoto hätte vom Spielsystem her wohl niemals die Top-Position in meiner Liste erlangen können. Ich liebe nun einmal komplexe Spiele, welche auch gerne einmal einen ganzen Tag in Anspruch nehmen dürfen. Mit 30-45 Minuten fällt das neue Spiel der Autoren Sabine Harrer und Johannes Krenner daher eher nicht in diese Kategorie.
Doch mich hat eine Entscheidung der Autoren sofort für das Spiel gewonnen. Im Gegensatz zu vielen Brettspielen bietet Kyoto nicht nur Spaß und einen Lerneffekt, es versucht die Gegebenheiten und Konflikte seines Themas als Spielmechanik zu implementieren.
Kyoto – Klimaerwärmung ist kompliziert
In Kyoto wird die aktuelle Krise der Klimaerwärmung nicht mahnend angeprangert, sondern aus der Perspektive der Entscheidungsträger angegangen. Wir schlüpfen also jeweils in die Rolle eines wichtigen Delegierten und müssen auf der Klimakonferenz entscheidende Maßnahmen treffen. Wir verhandeln über die Finanzierung und Maßnahmen, um die verheerenden Folgen des Klimawandeln abzuwenden. Doch wir müssen bei allen Entscheidungen immer das Wohl unseres eigenen Landes im Auge behalten, denn letztendlich gewinnt nur, wer seinen Reichtum am effektivsten handhabt.
Neben dem aktuellen Thema und der offenen Herangehensweise, spricht mich besonders die Gewinnbedingung des Spiels an. Wir können als Individuum noch so effektiv mit unseren Mitteln umgehen, wenn letztendlich der Planet in „Flammen aufgeht“, waren alle unsere Bemühungen umsonst. Daher ist es von äußerster Dringlichkeit, dass wir unsere Mittel wohl überlegt austarieren, denn es steht nicht weniger als das Überleben des Planeten, wie wir ihn kennen, auf dem Spiel. Weitere Informationen findet ihr wie immer auf BoardGameGeek.
Spieleranzahl: 3-6
Alter: 10+
Spielidee: Sabine Harrer, Johannes Krenner
Gestaltung: Christian Opperer
Verlag: Deep Print Games, Pegasus Spiele
Bild von Ylanite Koppens auf Pixabay
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