Speak No Evil (2022) | Filmkritik

Speak No Evil Filmkritik

In der Kindheit hat man meist keine Berührungsängste und neue Freundschaften sind schnell geschlossen. Umso älter man wird, umso schwieriger gestaltet es sich in seinem Alltag Raum für neue Menschen zu schaffen.

Nichts für schwache Nerven

Der dänische Regisseur Christian Tafdrup (Tinka und die Königsspiele) treibt dieses Problem in seinem psychologischen Horrorfilm Speak No Evil auf die Spitze und kreiert über 97 Minuten eine durchweg unangenehme Atmosphäre.

Als Zuschauer möchte man bei jeder Badezimmerszene, bei jedem Abendessen und bei jedem Streit am liebsten schnellstmöglich aus der Situation heraus, aber der Film hält ununterbrochen drauf.

© PLAION PICTURES

Während ihres Urlaubs in der Toskana schließen sich eine dänische und eine niederländische Familie eng an. Beide Pärchen haben ein Kind im gleichen Alter, verbringen die abendlichen Essen gemeinsam und scheinen auf einer Wellenlänge zu liegen.

Heute wird ein ganz toller Tag!

Monate später erreicht die Eltern Bjørn und Louise in Dänemark eine Einladung, die niederländische Urlaubsbekanntschaft Patrick und Karin in deren Heimat zu besuchen. Bjørn und Louise entscheiden sich zusammen mit Tochter Agnes, über das Wochenende mit dem Auto den Ausflug zu wagen.

Doch die Wiedersehensfreude weicht schnell zunehmend unangenehmen Missverständnissen. Die Dinge geraten außer Kontrolle, als sich herausstellt, dass die niederländischen Gastgeber nicht das sind, was sie vorgeben zu sein. Was als idyllisches Wochenende geplant war, beginnt sich aufzulösen und wird von blankem Terror abgelöst.

Speak No Evil scheint die dänische Antwort auf Werke wie Get Out und Funny Games zu sein. Eine höfliche Familie aus Dänemark wagt ein kleines Abenteuer und verlässt die Komfortzone. Schnell müssen aber Bjørn (Morten Burian) und Louise (Sidsel Siem Koch) feststellen, dass nicht jede Familie so respektvoll und gesittet lebt wie sie.

Neue Freundschaften im Alter schließen

Nach einer kurzen Einleitung, um die spontane Freundschaft der beiden Familien zu etablieren, beginnt auch schon der grausame Trip. Aus kleinen Missverständnissen werden zunehmend riesige Katastrophen. Während ein deftiges Mittagessen mit Wildschweinbraten von der Teilzeit-Vegetarierin Louise noch weggelächelt werden kann, sorgt das eigene Kind im Ehebett der Gastgeber für einen Anflug von Entsetzen.

Und während die ersten beiden Drittel des Werks aus dem Königreich Dänemark überwiegend unangenehm zu sehen sind, eskaliert zum Finale hin der gesamte Film. Welche Momente einem letztendlich schlimmer in Erinnerung bleiben werden, wird jeder für sich entscheiden müssen.

© PLAION PICTURES

So viel muss an dieser Stelle gespoilert werden: Patrick (Fedja van Huêt) und Karin (Karina Smulders) sind nicht das nette Pärchen aus dem Urlaub. Und die Tatsache, dass sie eigenmächtig einen Kindersitter engagieren und nicht die Rechnung des Restaurants bezahlen, sind schon bald die geringsten Sorgen der Gäste.

Zu höflich, um am Leben zu bleiben

Es folgen Spoiler zum Ende: Das niederländische Pärchen entführt seit Jahren Urlaubsbekanntschaften und tötet die Eltern, während die zungenlosen Kinder einen kurzen Zeitraum als die eigenen erzogen werden, bis auch sie ausgetauscht werden. Was Speak No Evil jedoch zum Ende hin fehlt, ist der Überlebenswille von Bjørn und Louise.

Dass sie nicht noch Danke und Bitte sagen, während ihnen die Körper zertrümmert werden, ist das einzige was fehlt. Bjørn fragt seinen Peiniger Patrick warum er all dies tut und die Antwort fällt erschreckend nüchtern aus: Weil du es zulässt. Etwas mehr Substanz und Mut hätte das Paar aus Dänemark aber vertragen können.

Abseits von dem traurigen Finale ist der Feel-Bad-Horrorschocker aber eine gelungene Sozial-Satire, die mit quälenden Alltagssituationen mehr zu schocken weiß, als zu mancher Splatterstreifen.

Seit dem 16. November 2023 gibt es Speak No Evil digital im Stream, seit dem 07. Dezember als 4K-Mediabook, Blu-ray und DVD*.

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Bildrechte: PLAION PICTURES

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