Wir alle lieben Videospiele. Bis an die Zähne bewaffnet rennen wir durch virtuelle Welten und ballern wild um uns. Manchmal geraten sogenannte Nicht Spielbare Charaktere, kurz NPCs, in die Schusslinie.
Wie lebt eigentlich ein NPC?
Selten haben wir darüber nachgedacht, was aus den unbeteiligten Akteuren wird, die dafür sorgen, dass die Spielewelten mit emsigem Leben bevölkert werden. In Free Guy mit Ryan Reynolds (Deadpool) in der Hauptrolle ändert sich das nun. Denn hier wird der normalste der NPCs zum Helden einer Geschichte voller Gewalt, Humor und Romantik.
Für Guy läuft jeder Tag absolut gleich ab: blaues Hemd anziehen; Goldfisch küssen; Frühstücksfernsehen gucken und dann ab zur Bank, die täglich überfallen wird. Doch das macht Guy und seinem besten Kumpel, dem Wachmann Buddy (Lil Rel Howery) nichts aus.
Aufruhe in Free City
Guys kleine Welt in Free City wird auf den Kopf gestellt, als er Molotov Girl (Jodie Comer) über den Weg läuft. Der weibliche Avatar einer echten Spielerin verdreht dem trotteligen Bankangestellten nicht nur den Kopf, sondern löst in ihm eine Kettenreaktion aus. Plötzlich entwickelt der programmierte K.I.-Stadtbewohner ein eigenes Bewusstsein.
Er erkennt, dass er genau wie die Spieler, die mit Sonnenbrillen und dicken Knarren durch die Stadt stürmen, alles machen kann, was er will! Schon bald beschließt er, selbst einer von den Sonnenbrillenträgern zu werden, die die arme Stadt stets überfallen, alles in die Luft jagen und ein brennendes Inferno nach dem anderen auslösen, was den Stadtbewohnern nichts auszumachen scheint.
Guy dreht den Spieß um und beschließt ein Held zu werden. Ganz zum Leidwesen des Spieleentwicklers Antwan (Taika Waititi), der einen Verlust von Spieleabos fürchtet. Und das kann der exzentrische Geschäftsmann nicht zulassen, wo doch mit Free City 2 bald eine Fortsetzung auf den Markt kommen soll.
Doch wer steckt hinter dem taffen Molotov Girl und was führt Antwan wirklich im Schilde?
Regisseur Shawn Levy (Stranger Things) versteht es mit Selbstironie und herrlich schrägem Humor einen Film mit idealen Maßen auf Hauptrolle Ryan Reynolds zu schneidern, der in jeder Minute in seinem absoluten Element ist. Wenn Spielerklischees auf das Herrlichste parodiert werden und die Eigenheiten von Programmierern, Zockern und Online-Games auf die Schippe genommen werden, kann man sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.
Selbstironie & Pixelpracht
Da sitzen 40-Jährige in Unterwäsche noch bei den Eltern am Computer und werden durch eine staubsaugende Mutter aus der Ruhe gebracht, ein Spieler teabagged einen besiegten Gegner und überall auf den Straßen tauchen Power-Ups und Items auf, die nicht immer Sinn ergeben.
Fast wünscht man sich dann tatsächlich ein solches Spiel, in dem man Ryan Reynolds mit seinem ironischen Dauergrinsen durch die Pixelpracht steuern darf.
Es ist schon verwunderlich, dass Filme über fiktive Videospiele, wie Jumanji; Ready Player One oder eben Free Guy mehr Spaß machen, als tatsächliche Spieleadaptionen für die Kinoleinwand.
Die Schattenseite der Gamingindustrie
Doch zwischen dem Filmspaß kommen auch tiefgründigere Themen nicht zu kurz. Mit Taika Waititi (Jojo Rabbit) in der genial gespielten Rolle eines skrupellosen Spieleentwicklers, der seine Angestellten ausbeutet und ihnen sogar die Ideen stiehlt, wird auch die Schattenseite der Gamingindustrie beleuchtet.
Ähnlich kritisch ging man bereits in Ready Player One mit Großkonzernen um, denen es nicht mehr um die Freude am Spielen, sondern um Macht und Geld geht. Dass es in der tatsächlichen Branche der Spieleentwickler und Publisher nicht gerade zimperlich zugeht, kann man sich mit dem Fall von Konami und Metal Gear Solid-Mastermind Hideo Kojima ansehen.
Kurzum: Free Guy ist eine schamlos gute Achterbahnfahrt durch eine irrwitzige Welt mit guten Gags und tollen Effekten und unerwartetem Tiefgang. Ein Spaß, der besonders auf der großen Leinwand alle Register zieht und vielleicht bei manchem Spieler etwas mehr Empathie für die Statisten der Spielewelt erzeugt. Den NPCs. Unbedingt angucken!
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Bildrechte: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany