Mit Der Buchspazierer bringt Regisseur Ngo The Chau die Bestseller-Vorlage von Carsten Henn auf die große Leinwand – und erschafft ein modernes Filmmärchen, das perfekt in eine Zeit passt, in der Bücher immer mehr aus dem Alltag verschwinden.
Ein Märchen für Bücherliebhaber
Statt auf große Dramatik setzt der Film auf leise Töne, charmante Figuren und eine Botschaft über die verbindende Kraft der Literatur.

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Carl Kollhoff (Christoph Maria Herbst) hat seine ganz eigene Aufgabe: Als Bücherbote bringt er sorgsam ausgewählte Werke zu seinen Stammkunden, die sich in ihre eigene Welt zurückgezogen haben.
Eine ungewöhnliche Freundschaft
Für den wortkargen Einzelgänger sind Bücher alles – Menschen hingegen meidet er, so gut es geht. Doch dann tritt die neunjährige Schascha (Yuna Bennett) in sein Leben. Neugierig und voller Energie beginnt sie, Carl auf seinen Botengängen zu begleiten, und bringt nicht nur seine routinierte Welt ins Wanken, sondern auch die Leben der einsamen Buchliebhaber, die er beliefert.
Nach und nach gelingt es Schascha, Brücken zwischen den Menschen zu bauen, während Carl lernen muss, dass das Leben mehr zu bieten hat als nur Geschichten auf Papier. Doch der Wandel macht auch vor dem traditionsreichen Buchladen nicht halt: Die Filialleiterin (Nikola Kastner) möchte aus dem altehrwürdigen Geschäft einen modernen Orange Books Store machen, in dem statt Literatur vor allem trendige Non-Books verkauft werden sollen. Ein Konflikt

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Publikumsliebling Christoph Maria Herbst haucht der Figur des Carl Kollhoff mit seiner gewohnt charmanten und feinsinnigen Art Leben ein.
Christoph Maria Herbst als liebenswerter Eigenbrötler
Er verleiht dem mürrischen, aber liebenswerten Buchboten genau die richtige Mischung aus Eigenbrötlertum und Herzlichkeit. Besonders die Dynamik zwischen ihm und Nachwuchstalent Yuna Bennett als quirlige Schascha sorgt für viele berührende und humorvolle Momente.
Auch die Nebenrollen sind treffend besetzt. Nikola Kastner spielt die ehrgeizige Filialleiterin, die den traditionellen Buchladen in einen modernen Orange Books Store verwandeln will – eine satirische Anspielung auf die Entwicklungen in vielen realen Buchhandlungen. Maren Kroymann als exzentrische Frau Langstrumpf und Edin Hasanovic als geheimnisvoller Mister Darcy sorgen für zusätzliche Farbkleckse in der Figurenlandschaft.
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Ngo The Chau, der auch für die Kamera verantwortlich ist, setzt den Film in warme, sanfte Bilder. Die kleine Stadt, in der Carl seine Bücher ausliefert, wirkt wie ein zeitloser Ort, voller nostalgischer Buchläden, uriger Cafés und versteckter Gassen. Die ruhige Inszenierung unterstreicht die Atmosphäre eines modernen Märchens.
Ein einfaches, aber herzerwärmendes Drehbuch
Musikalisch wird der Film von einer gefühlvollen, aber nie aufdringlichen Filmmusik begleitet, die die emotionale Reise der Charaktere passend untermalt. Die Geschichte ist nicht kompliziert und möchte das auch gar nicht sein. Der Buchspazierer ist klassisches Wohlfühlkino, das auf die großen Themen wie Gemeinschaft, Freundschaft und die Liebe zu Büchern setzt. Die Botschaft ist klar: Literatur verbindet – und manchmal braucht es nur ein kleines bisschen Mut, um sich auf andere Menschen einzulassen.
Dennoch hätte das Drehbuch an manchen Stellen etwas mehr Tiefe vertragen können. Gerade die Konflikte um die Modernisierung des Buchladens bleiben relativ oberflächlich und könnten noch mehr Schärfe besitzen.
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Der Buchspazierer ist ein charmanter, warmherziger Film, der mit seinen starken Darstellern und seiner schönen Botschaft punktet.
Ein liebevoller Film für Bücherfreunde
Wer große Spannung oder komplexe Wendungen erwartet, wird hier nicht fündig – aber wer sich auf eine ruhige, besinnliche Geschichte über die Magie des Lesens und zwischenmenschlicher Begegnungen einlassen kann, wird bestens unterhalten.
Ein Film, der sich wie eine gemütliche Lesestunde anfühlt – und vielleicht dazu inspiriert, mal wieder ein gutes Buch zur Hand zu nehmen.
Hinweis: Der BuchspaziererBewertung
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