Cruella (2021) | Filmkritik

Ein Mensch wird nicht böse geboren. Dies scheint Disneys vorherrschende Botschaft zu sein, wenn man die bisherigen Origin-Storys betrachtet.

Cruella de Vil kehrt als Königin der Bosheit zurück

Nachdem wir 2014 die dunkle Fee Maleficent näher kennenlernen konnten, folgt 2021 nun die Hintergrundgeschichte der Hunde-Hasserin Cruella De Vil. Doch wie böse ist Cruella, geborene Estella, eigentlich wirklich? Warum macht sie Jagd auf Dalmatiner? Und steckt nicht doch etwas Wahnsinn in all ihrem Treiben?

© The Walt Disney Company

Geboren mit zwei unterschiedlichen Haarfarben und zwei Persönlichkeiten, hat es die junge Estella nicht leicht. Schon in der Grundschule muss sie lernen, dass man im Leben kämpfen muss, um nicht unterzugehen.

Ein kleines Mädchen mit einem Faible für Fashion

Doch immer wenn es brenzlich wird, erwacht ein Funkeln in Estellas Augen und Cruella übernimmt. Dies bringt das junge Mädchen und ihre liebevolle Mutter allerdings immer wieder in ungemütliche Situationen. Und die kleine Familie hat auch so schon mit einigen Problemen zu ringen.

Als dann auch noch Estellas Mutter bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt, scheint die Kindheit des aufgeweckten Mädchens endgültig beendet. Das Mädchen mit einem ganz besonderen Auge für Mode flieht nach London und beginnt mit zwei jungen Dieben ein Leben als clevere Trickbetrügerin in den dunklen Straßen der Stadt.

Punk’s not dead! Cruella is the future

Die Jahre vergehen und Estella, Jasper und Horace sind täglich als Gauner und Betrüger unterwegs. Während die beiden Männer eher für das Grobe zuständig sind, entwirft die nun rothaarige Estella die kreativen Kostüme für die Einbrüche. Ihren Traum, eine Modedesignerin zu werden, hat sie nämlich nie aus den Augen verloren.

Und als sie eines Tages zufällig das Interesse der Modelegende Baronin von Hellman auf sich lenkt, scheint sie endlich am Ziel ihrer Träume angekommen. Doch die Begegnung der beiden machthungrigen Frauen setzt eine Reihe von Ereignissen und Enthüllungen in Gang, die dazu führen, dass Estella ihre dunkle Seite nach Außen kehrt und die gefürchtete und rachsüchtige Cruella de Vil wieder erwacht. Im Konkurrenzkampf um das perfekte Design sind dieser alle Mittel recht!

© The Walt Disney Company

Cruella ist ein mutiges Werk, das in seinen besten Momenten die Disney-Magie vergessen lässt. Die Titelfigur ist nicht immer sympathisch und heldenhaft, sondern kann auch hinterhältig und bösartig werden. Doch leider zieht der Film dies nicht konsequent durch. Und als Zuschauer lernt man schnell, dass Estella und auch Cruella keinesfalls Hunde hassen und sich einen Mantel aus diesen schneidern.

Eine Fashion-Show auf der Leinwand

Regisseur Craig Gillespie (I, Tonya) erzählt die Geschichte seiner mehrschichtigen Heldin ausgiebig und in ansehnlichen Bildern. Obwohl die Laufzeit von über zwei Stunden manchmal etwas langatmig wirkt, sorgen einige modische Szenen immer wieder dafür, dass der Zuschauer das Interesse nicht verliert.

Vor allem die Montage, wenn zwei Modegrößen gegeneinander konkurrieren und Cruella mit ihren aufwendigen Auftritten und überraschenden Shows die Kameras auf sich zieht, ist einer der ganz großen Höhepunkte des Films.

© The Walt Disney Company

Was die Besetzung anbelangt kann der Disney-Film auch hier nahezu durchgehend punkten. Academy Award®-Gewinnerin Emma Stone (La La Land) im Zusammenspiel mit der zweifachen Oscar®-Gewinnerin Emma Thompson (Howards End, Sense & Sensibility) ist eine wahre Freude. So bitterböse und verrückt Cruella handelt, setzt die Baronin noch einen drauf. Wenn diese ihre Angestellten mit Stühlen bewirft und einen Elektroschocker an diesen testet, wird klar, dass Baronin von Hellman der deutlich größere Teufel der Geschichte ist.

Mehr Wahnsinn, weniger Schwarz-Weiß-Denken

Dieses abgedrehte Verhalten macht zwar unheimlichen Spaß anzuschauen, sorgt aber zu konturiert dafür, dass Estella und Cruella im Kern doch liebevoll sind. Mit Sidekick Buddy, einem zuckersüßen Hund, wird zudem schnell klargestellt, dass die modische Frau auch keinen Hass gegenüber Hunden und Tieren hegt.

Etwas mehr Wahnsinn und weniger Schwarz-Weiß-Denken hätte hier tatsächlich mal den Disney-Rahmen gesprengt.

Das Emma-Gespann Stone und Thompson liefert aber eine grandiose Leistung ab, die wahrlich unterhält. Paul Walter Hauser (I, Tonya) und Joel Fry (Yesterday) als Partner in Crime sorgen für amüsante Momente und auch John McCrea als schriller Artie wird einem nach dem Film noch einige Zeit in Erinnerung bleiben.

© The Walt Disney Company

Natürlich gibt es in dem Live-Action-Spektakel keine Songs mehr, die an den Zeichentrickklassiker 101 Dalmatiner (1961) erinnern. Dies hätte auch nicht zum Stil gepasst. Stattdessen wurde der Film aber vor allem in der ersten Hälfte mit Songs der 1970er überladen. Auffallend oft fragt man sich, ob der Film keine Szene ohne Musikuntermalung spannend inszenieren kann.

Auftritt: Pongo & Perdita

Wenn dann für wenige Sekunden ein bekannter Hit eingespielt wird, lenkt dies leider nicht immer davon ab, dass das Gezeigte stellenweise doch recht belanglos daherkommt.

Ohne Zweifel hat Cruella seine starken Momente, einen hervorragenden Cast und selbst ein Zuschauer ohne Berührung zur Mode interessiert sich zwischendurch für Fashion. Doch warum die brillante Frau Jahre später zahlreiche Welpen entführen und zu einem Mantel verarbeiten will, wird einem am Ende dann nicht wirklich verdeutlicht.

Da hilft auch eine verbindende Post-Credit-Scene nicht weiter, in der der Dalmatinerrüde Pongo und die Dalmatinerdame Perdita vorgestellt werden.

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Bildrechte: The Walt Disney Company

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