Buzzheart

Buzzheart (2024) | Filmkritik

Ein Film über Liebe – und darüber, wie weit Menschen gehen würden

von Markus Grunwald

Buzzheart präsentiert sich als psychologischer Thriller, der mit einer Mischung aus düsterem Humor und melancholischer Grundstimmung arbeitet. Schon in den ersten Minuten zeichnet der Film das Bild eines scheinbar harmlosen Wochenend-Retreats, das sich nach und nach als Bühne für ein perfides Experiment entpuppt.

Eine verstörende Versuchsanordnung der Gefühle

Die kühlen Räume, das abseits gelegene Haus und die gedämpfte Farbpalette unterstreichen die Beklemmung, die sich über den gesamten Film legt. Dabei wirkt das Werk zugleich wie eine Bühne – reduziert, dialogfokussiert und stark von seinem Ensemble getragen.

Regisseur Akis Polizos orientiert sich dabei spürbar am europäischen Autorenkino: klaustrophobisch, unaufdringlich und doch immer darauf bedacht, die Grenzen des sozialen Miteinanders auszuloten.

Buzzheart Filmkritik

© Busch Media Group

Die Geschichte dreht sich um ein ungewolltes Verhaltensexperiment, in das ein junger Mann hineingezogen wird, als er erstmals die Eltern seiner Freundin besucht.

Zwischen Menschenversuch und toxischer Liebe

Ohne es zu ahnen, wird er zum Objekt einer Reihe brutaler Tests, die darauf abzielen, seine Belastbarkeit und seine Loyalität zu prüfen. Diese Prüfungen werden im Verlauf des Films zunehmend körperlicher, schonungsloser und psychisch zermürbender. Während die Kamera unbeirrt beobachtet, entsteht ein Gefühl von Ohnmacht, das sich direkt auf das Publikum überträgt.

Doch der Film bleibt in seiner erzählerischen Konsequenz ambivalent. Was eine schonungslose Demontage familiärer Machtverhältnisse hätte werden können, bleibt oft nur ein simmerndes Versprechen. Der Film wagt viel, aber nicht genug: Weder geht er voll in die Schockrichtung eines kompromisslosen Psycho-Thrillers, noch entscheidet er sich für die bissige Satire, die der Stoff ebenfalls hergegeben hätte. Dieses Dazwischen schwächt das Potenzial einer ansonsten packenden Prämisse.

Buzzheart Filmkritik

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Handwerklich ist Buzzheart überzeugend. Die cinematografische Gestaltung nutzt die umliegende Landschaft konsequent: weite Hügel, lange Schatten, kontrastreiche Naturaufnahmen. Die Kamera verweilt auf Gesichtern, auf Blicken, auf winzigen Veränderungen der Körpersprache – ein Stil, der hervorragend zum Kammerspielcharakter passt.

Karg, schön, beklemmend – die Bildsprache

Die Bildkomposition ist präzise, die Beleuchtung kontrolliert, und das gesamte visuelle Konzept wirkt durchdacht. Doch so schön der Film aussieht, so sehr wächst der Wunsch, dass die Handlung dieselbe Entschlossenheit an den Tag legt.

Das Schauspiel ist von Höhen und Tiefen geprägt. Besonders der Vaterm gespielt von Yorgos Liantos, wirkt zuweilen kühl in einer Weise, die nicht immer authentisch erscheint. Es fehlt ein Hauch organischer Unberechenbarkeit, die den Charakter glaubwürdiger gemacht hätte. An seiner Seite überzeugt Evelina Papoulia deutlich stärker. Ihre Darbietung wirkt kontrolliert, aber gleichzeitig fesselnd – sie verleiht dem Film jene emotionale Unruhe, die er dringend benötigt.

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Claudio Kaya bleibt leider weitgehend im Ausdruck des permanenten Trauerns verhaftet. Sein Charakter wirkt oft eingefroren, ohne jene eruptiven Momente, die der Rolle Tiefe gegeben hätten. Konstantina Messini kann ebenfalls nicht die erwartete emotionale Bandbreite transportieren.

Darsteller zwischen Intensität und Unsicherheit

Die Figur bleibt skizzenhaft und entgleitet immer wieder ins Ungreifbare. Interessanterweise gelingt es Evelina Gourna besser, ihre Nebenrolle mit subtilen Abweichungen zu füllen – kleine Reaktionen, leise Andeutungen, die mehr Spannung erzeugen als manche Szene des Hauptcasts.

Stellenweise gelingt es Buzzheart, eine bedrückende Intensität zu erzeugen, besonders dann, wenn der Film seine zentrale Frage stellt: Wie weit geht jemand aus Liebe? Das Werk zeigt, wie gefährlich Hingabe werden kann, wenn sie unter Druck gesetzt, manipuliert und missbraucht wird. Doch gerade hier hätte der Film mutiger sein müssen – radikaler in seiner Emotionalität, kompromissloser in seiner Konsequenz. So bleibt er zwischen seinen Ambitionen zerrissen.

Buzzheart ist ein Film, der viel verspricht und handwerklich viel bietet, aber erzählerisch nicht sein volles Potenzial entfaltet. Ein starker Look, ein atmosphärischer Aufbau und einzelne überzeugende Performances stehen einer mutlosen Story gegenüber, die ihre eigenen Abgründe scheut. Ein sehenswerter, wenn auch unvollständiger Psycho-Thriller für Fans von verstörenden Kammerspielen – aber kein Werk, das nachhaltig nachhallt.

Spoiler: Das Ende von Buzzheart erklärt – was bedeutet es wirklich?

Das Finale von Buzzheart führt alle zuvor angedeuteten Themen – Trauer, Besessenheit und moralische Grenzüberschreitungen – zu einem bitteren Knoten zusammen. Der Film offenbart schließlich, dass Marys Eltern nicht einfach überfürsorglich oder psychologisch instabil sind, sondern seit Jahren an einem Trauma zerbrechen, das sie nie verarbeitet haben: dem Verlust ihrer ersten Tochter. Dieses Ereignis ist nie offen ausgesprochen, schwebt aber permanent wie ein Schatten über dem Haus, den Figuren und den ritualartigen Prüfungen.

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Mary ist für die Eltern weniger ein eigenständiger Mensch als eine empfindliche Projektionsfläche, die sie um jeden Preis vor einem weiteren Verlust schützen müssen – oder besser gesagt: glauben zu müssen. Der junge Mann, der sich Mary nähert, wird damit unbewusst zum Ersatz für den Eindringling, den sie in ihrem rückblickenden Schuldgefühl für den Tod des älteren Kindes verantwortlich machen. Seine brutalen Tests dienen nicht nur dazu, seine Integrität zu prüfen, sondern auch die eigene Ohnmacht zu überdecken, die sie seit dem damaligen Unglück verfolgt.

Buzzheart endet damit als trauriges, verstörendes Porträt einer Familie, die glaubt, aus Liebe zu handeln – und dabei genau das Gegenteil bewirkt.

Hinweis: Buzzheart ist ab dem 27.11.2025 als DVD, Blu-ray und VoD erhältlich.

Bewertung

Bewertung_5

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Bildrechte: Busch Media Group

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