Für den Oscar-prämierten Produzenten Graham King war es eine emotionale Erfahrung, den Film Bohemian Rhapsody Brian May und Roger Taylor – zwei der Gründungsmitglieder, Gitarrist und Drummer, von Queen, einem Giganten der Rockmusik – zu zeigen.
King ist ein Queen-Fan. „Oh ja, ich habe die Alben gekauft. Ich liebe sie.“, sagt er mit einem Lächeln. Er war auch unverzichtbar dabei, Bohemian Rhapsody bei der langen Reise auf die Leinwand zu begleiten. Es war ganz eindeutig ein Liebesdienst.
Mit einem besonderen Blick auf das außergewöhnliche Leben von Frontmann Freddie Mercury – hervorragend gespielt von Rami Malek – präsentiert der Film Queens triumphale, die Schau stehlende Performance beim Live-Aid-Konzert im Wembley Stadion 1985 vor einem auf 1.9 Milliarden Leute geschätzten globalen Fernsehpublikum.
King wurde in London geboren und zog 1982 in die USA. Er gewann den Oscar für den Besten Film als Produzent von Martin Scorseses Verbrecher-Drama The Departed mit Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson und Mark Wahlberg aus dem Jahr 2006
Er erhielt zwei weitere Academy-Award-Nominierungen für den Besten Film – für Aviator (2005) und Hugo (2011), die beide von Scorsese gedreht wurden. Während der letzten 30 Jahre fungierte King bei mehr als 45 Filmen als Produzent oder Ausführender Produzent und erzielte damit beim US-Box-Office 1.2 Milliarden und weltweit 2.8 Milliarden Dollar. Seine Filme wurden für 61 Academy-Awards, 38 Golden-Globe-Awards und 52 BAFTAs nominiert.
Frage: Waren Sie beim Live-Aid-Konzert?
Nein, mein Bruder war dort. Ich habe ihm den Film noch nicht gezeigt, er war aber am Set, als wir die Live-Aid-Szenen gedreht haben. Er konnte nicht glauben, wie authentisch das war.
Er hat ein paar Drehs gesehen und ich glaube, wir machten gerade Radio Ga Ga und mein Bruder sagte nur ‚Oh mein Gott, das ist unglaublich.‘ Und wissen Sie, das war ziemlich witzig, denn die ganze Welt erinnert sich an den Song und an die Anteilnahme des Publikums, doch wenn man aus England kommt, dann ist man daran gewöhnt. Also war es für uns nicht, was wir nicht schon erlebt hatten, international hatten sie so etwas aber noch nicht gesehen.
In England war es wie singende Fußball-Fans, bei amerikanischen Sport-Events haben sie aber nicht diese Art von Anteilnahme. Also war es für internationale Zuschauer unglaublich, das zu sehen. Und Queen hat an diesem Tag natürlich die Schau gestohlen.
Wieso war Ihr Bruder beim Live-Aid und Sie nicht?
Ich lebte in Los Angeles. Ich verfolgte es am Fernseher und wurde von Queens Performance weggefegt. Es war unglaublich.
Damals gab es kein Internet, kein Streaming. Über das Kurzwellenradio hörte ich damals (englischen) Fußball, den BBC World Service am Samstag. Doch ich erinnere mich, wie mein Bruder mir anschließend vom Live Aid erzählte, wie beeindruckt er davon war, und auch von Queens einzigartiger Performance.
Erzählen Sie uns von dem Projekt und seinen Anfängen…
Ich war in London und drehte Hugo, da rief mich Peter Morgan (Drehbuchautor) an und fragte ‚Bist Du ein Fan von Queen und Freddie Mercury?‘ Und ich sagte ‚Ja‘, denn ich war einer.
Ich liebte ihre Musik und hatte all ihre Alben gekauft. Ich war ein großer Fan und bin immer noch einer. Er sagte ‚Ich schreibe ein Skript und brauche jemanden, der sich hier beteiligt. Und ich denke, du bist der perfekte Mann dafür. Ich denke, dass du dich mit Brian (May), Roger (Taylor) und Jim Beach, Queens Manager, gut verstehen wirst. Wenn du interessiert bist, solltest du diesen Kerl Miami Beach anrufen.‘
Ich fragte ‚Miami Beach?‘ Und er sagte ‚Ja, so nennen sie ihn, sein Name ist Jim Beach und Freddie nannte ihn immer „Miami“ – und das ist hängengeblieben.“ Also rief ich ihn am nächsten Tag an und wir hatten ein dreistündiges Gespräch. Und dann trafen wir uns alle in einem Pub.
Natürlich vollzog ich vor dem Treffen meine sorgfältige Prüfung – so gut ich das konnte – und wir verstanden uns sehr gut. Ich sagte ‚Ich würde mit dem Ganzen sehr gerne annehmen, brauche aber eure Hilfe.‘ Es ging nicht darum, die Kontrolle über das Projekt zu übernehmen, doch ich habe die Howard-Hughes-Story gemacht (Aviator), ich habe die Muhammad-Ali-Story gemacht (Ali), ich war an der Tony-Mendez-Story beteiligt (Argo) und es geht darum, eine Familie zu werden und einander zu vertrauen.
Ich sagte ‚Ich spüre den Druck, die Geschichte von noch lebenden Personen zu erzählen, einen Film, der auf 6.000 Leinwänden rund um die gesamte Welt laufen wird und über den gesprochen wird.‘ Freddie ist leider nicht mehr unter uns, doch der Rest der Band ist es. Also sagte ich ‚Ich werde mein Bestes tun, um das zu ehren, doch wir müssen zusammenarbeiten.‘
Also ist das Erzählen der Geschichte mit viel Verantwortung verbunden?
Ja, da liegt ein Gewicht auf deinen Schultern, wenn du das Leben einer Person entwickelst und auf die Leinwand bringst, wenn du dort sitzt und mit der Person sprichst – das ist sehr hart. Also hatten wir das Meeting, verstanden uns sehr gut und ich sagte ihnen, dass ich über die Handlung und die Struktur nachdenken möchte. Und sie sagten ‚Wir wollen, dass die sich die Handlung um Freddie Mercury dreht, nicht um Brian May, Roger Taylor oder John Deacon.‘
Was macht für Sie das Herz der Geschichte aus?
Wie dieser Mann, Freddie Mercury, ein junger, eingewanderter Sänger, der einst am Flughafen Heathrow arbeitete und dann zu Freddie, dem ikonischen Frontmann der Band Queen wurde, der vor 350.000 Leuten in Brasilien und im Wembley Stadion beim Live Aid, eine der größten Performances aller Zeiten, auftrat. Es ging darum, wie dieser Handlungsbogen aussah.
Und wie wichtig war es, für Freddie Mercury den richtigen Schauspieler zu finden?
Es beginnt und endet damit, wer Freddie spielt. Und jemand, der mit mir arbeitet, Denis O’Sullivan, rief mich eines Tages vom Dreh des Films Allied – Vertraute Feinde an und sagte ‚Du musst Rami Malek treffen. Ich glaube, der könnte Freddie sein.‘ Ich flog nach LA und Rami kam in mein Büro. Wir hatten ein Meeting, das drei bis vier Stunden dauerte und er flog fast an die Decke, so nervös war er (lacht).
Und was überzeugte Sie davon, dass er Freddie darstellen soll?
Zunächst ist jemand wie Rami schon sehr lange im Business. Und bereits durch das drei- bis vierstündige Gespräch konnte man sahen, dass da etwas ist. Man konnte sehen, dass er den Look haben könnte und dass er eindeutig die Fähigkeiten hatte.
Denis und ich starrten ihn einfach an – und ich glaube, dass das in ihm Unwohlsein auslöste (lacht). Wir waren von seinem Verhalten wie versteinert. Und das nicht, weil er versuchte, Freddie Mercury nachzuahmen – er war Rami Malek –, aber er hatte etwas Natürliches an sich. Da war etwas.
Er hatte eindeutig eine Menge Recherche betrieben und brachte Leidenschaft und Energie mit. Und das war es; die Leidenschaft und Energie, die er mitbrachte. Wir haben nie nach einem Nachahmer gesucht. Das war immer ein Teil der Gespräche mit Brian und Roger – wir machten keine Dokumentation, wir machten ein cineastisches Erlebnis.
Die Musik von Queen nachzustellen und das Livespielen der Band einzufangen ist ein großer Teil des Films. Wollten Sie, dass die für die Band gewählten Darsteller ihre Instrumente spielen können?
Ja, wir wollten, dass sie die Instrumente spielen können, doch das war nicht das A und O. Und wir stellten sicher, dass sie so viel wie möglich lernten.
Gwilym Lee verbrachte viel Zeit mit Brian und Ben (Hardy) verbrachte viel Zeit mit Roger Taylor. Für mich hieß es in erster Linie ‚Lasst uns die Schauspielerei und die Chemie zwischen den vier Männern in der Band richtig machen‘ und dann arbeiten wir am Rest.
Weil eine Band wie eine Gang ist, mussten sie das auf der Leinwand sehen?
Ja, sie sind wie eine Familie. Und das wollten wir sehen. Wir haben sie dazu gebracht, jederzeit gemeinsam abzuhängen, dazu mussten wir sie aber gar nicht zwingen, sie wollten das so. Keiner der vier Männer hatte ein Ego – sie sind einfach klasse Schauspieler.
Und die eine Sache, die wir alle gemeinsam hatten, war die Leidenschaft, diesen Film zu machen. Ich erinnere mich, wie ich ihnen sagte ‚Wir haben hier eine fantastische Möglichkeit und wir müssen unser Bestes geben und an allen Punkten abliefern.‘ Ich wollte, dass sie den Druck der Handlung, der wir uns annehmen würden, spüren, anstatt einfach nur den der Darstellung ihrer Charaktere. Denn das baut den Druck im gesamten Team auf.
Es sind nicht nur Freddie, Brian, Roger, John und Jim Beach, alle Schauspieler mussten das Gefühl haben, dass wir den richtigen Film machen.
Was sagten Brian May und Roger Taylor zu Ihnen, nachdem sie den Film gesehen hatten?
Sie haben einen frühen Schnitt gesehen und waren sprachlos. Es war sehr emotional. Es war einer der emotionalsten Tage, die ich im Business jemals erlebt habe.
Tatsächlich war ich wie versteinert (lacht). Ich habe mir den Film nicht angeschaut. Ich habe sie angeschaut, wie sie den Film sehen. Ich wählte einen Platz, von dem ich sie beobachten und jede Emotion, die sie fühlten, sehen konnte, denn man kann die Erinnerungen, die ihnen während der Filmsichtung zurückkamen, nur vorstellen. Es war unglaublich. Die anschließende Stille war einfach nur gruselig. Und das kam, weil sie erstmal alles auf sich wirken lassen mussten.
Es ist ihre Geschichte und sie liebten Freddie. Und es war für sie sehr emotional, den Film zu sehen. Und nach einer Minute oder so schauten sie mich an und sagten ‚Er ist klasse.‘ Sie liebten ihn. Sie waren mit mir vor kurzem in Barcelona und sie einem Publikum vorzustellen war etwas Besonderes. Ich werde emotional, wenn ich den Film sehe und ich wurde am ersten Drehtag emotional. Ich saß auf der Live-Aid-Bühne und konnte es nicht glauben, dass wir endlich diesen Film machen. Ich konnte es nicht glauben, dass wir endlich hier angelangt waren.
Also konnten Sie dieses Mal zum Live Aid gehen…
(Lacht). Ja, das konnte ich. Es war ein alter Flugplatz in Hertfordshire und einfach nur fantastisch. Und dann kam (Live-Aid-Co-Organisator und Musiker) Bob Geldof raus, um uns ‚Hi‘ zu sagen und das war einfach unglaublich. Bob war verblüfft. Es gab einen Moment, an dem ich einfach nur zusammenbrach und mir sagte ‚Wir sind hier, wir haben das gemacht.‘
Es gab einige Berichte, dass der Film Freddies Homosexualität durch den Fokus auf seine Beziehung zu Mary Austin (Lucy Boynton) nicht erwähnt. Zeigt der Film diesen Teil seines Lebens?
Natürlich. Der Film schreckt vor keinem dieser Aspekte zurück, da sie ein Teil von Freddies Wesen waren. Wir versuchen Mary nicht als irgendjemand anderen darzustellen als sie für ihn war. Die wahren Fans wissen, dass Freddie eine großen Teil seines Vermögens Mary Austin vermacht hat und an einem Punkt mit ihr verlobt und total verliebt in sie war.
Sie wurde seine Geliebte, seine Freundin, seine Verlobte und wurde dann zu seiner besten Freundin. Viele Leute wussten das nicht und so wurden hierauf direkt die Finger gezeigt. Doch diese Reaktionen kommen von Leuten, die den Film nicht gesehen haben. Ich habe ihn gesehen! Wie ich schon sagte weichen wir nicht vor irgendeinem Aspekt von Freddies Wesen zurück, doch die Handlung ist vielmehr triumphal als tragisch strukturiert.
Der Handlungsbogen folgt Freddie von seiner Kindheit bis hin zu seiner historischen Performance beim Live Aid. Wie bei jeder Lebensgeschichte kannst du dich auf einige Momente mehr konzentrieren als auf andere. Wir waren fest entschlossen, so viele Facetten von Freddies Leben wie möglich einzufangen. Wir sind sehr stolz auf das Storytelling und können mit hoch erhobenen Häuptern sagen ‚Das war Freddies Leben – wir haben nichts ausgeschmückt, wir haben nicht übertrieben.‘ Ich denke, dass hier ein feines Gleichgewicht besteht.
Es ist eine entscheidende Rolle, also lassen sie uns über Lucy Boynton sprechen, die Mary spielt…
Besetzungschefin Susie Figgis leistete mit dem Ranholen sehr talentierter Schauspieler eine hervorragende Arbeit. Lucy hat einfach perfekt abgeliefert. Freddie und Marys Liebesgeschichte ist einfach so schön umgesetzt und so süß. And wenn Freddie in seinem Leben dann eine Entscheidung treffen musst, bringt es dich einfach um. Es ist sehr bewegend.
Wie sind Sie an das Nachstellen von Queens Musik, vor allem Freddies Stimme, angegangen?
Rami singt und wir hatten Marc Martel, ein großartiger Sänger, der wie Freddie klingt. Er kam zur Abbey Road (Studios in London) und nahm für uns vieles im Vorfeld auf. Und es gab Momente, da glaube ich, dass selbst Brian May nicht wusste, wer es ist.
Also war es eine ereignisreiche Reise, die sich aber gelohnt hat?
Oh ja, ich glaube, dass Freddie ein Perfektionist war und er uns einige Hürden in den Weg warf, die wir überspringen mussten. Ich glaube wirklich, dass es da oben jemanden gab, der uns zuvor daran hinderte, den Film zu machen. Doch da oben war jemand, der mich dazu antrieb, die beste Version dieser Geschichte zu kreieren.
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