Dass Deutschland im Rennen um einen begehrten Oscar mit dabei ist, ist meist eine Seltenheit. Vor allem in den Kategorien Bester Schauspieler und Beste Schauspielerin gibt es bislang keine Erfolge zu verzeichnen.
Oscar-Hoffnung für Deutschland
Achte Jahre nachdem Schauspielerin Sandra Hüller mit dem Spielfilm Toni Erdmann schon ein wenig Hollywood-Luft schnuppern konnte, ist Deutschlands Aushängeschild der Schauspielerei nun zurück auf dem roten Teppich. Nicht nur wirkt sie in dem mehrfach Oscar-nominierten Werk The Zone of Interest von Jonathan Glazer mit, auch darf sie sich Hoffnungen auf einen eigenen Goldjungen machen.
Sie ist die erste Deutsche seit Luise Rainer (1938 für Die gute Erde), die sich dank ihrer Leistung in dem Justizdrama Anatomie eines Falls ernsthaft Gedanken machen kann über eine Auszeichnung als Beste Schauspielerin.
Sandra hat mit Samuel die Liebe ihres Lebens gefunden. Für ihn hat sie ihr Leben in Deutschland hinter sich gelassen und lebt seit zwei Jahren in der französischen Heimat ihres Ehemanns. Die Schriftstellerin kümmert sich dort nicht nur um ihre Geschichten, sondern auch um den elfjährigen Sohn Daniel, der seit einem schweren Verkehrsunfall erblindet ist. Ehemann Samuel gestaltet währenddessen das Haus nach den gemeinsamen Wünschen und renoviert Stück für Stück das Heim.
Ein Toter, keine Mordwaffe & viele offene Fragen
An einem strahlenden Tag mit blauem Himmel wird Samuel plötzlich am Fuße ihres Chalets tot im Schnee gefunden. War es Mord? Selbstmord? Oder doch nur ein tragischer Unfall?
Bereits nach den ersten Untersuchungen erscheint der Tod des Mannes der Polizei suspekt. Schnell rückt Sandra ins Scheinwerferlicht und steht fortan als Hauptverdächtige dar. Es folgt ein aufreibender Indizienprozess, der nach und nach nicht nur die Umstände von Samuels Tod, sondern auch Sandras und Samuels lebhafte Beziehung im Detail seziert. Und Sohn Daniel steckt mittendrin in dem Justizdrama.
Was geschah mit Samuel Maleski? Ab dem frühen Tod des Ehemanns beginnt für den neutralen Zuschauer das Rätselraten um die Umstände des möglichen Verbrechens.
Hüller stiehlt allen die Show
Und über zwei Stunden Laufzeit ändert man immer wieder seine Position und Ansicht. Sandra entwickelt sich von der Opferrolle zur Täterrolle und wieder zurück. Sandra Hüller spielt hier ganz groß und reißt den Film gekonnt an sich. Vollkommen zurecht hat sie für ihre Leistung schon die Goldene Palme in Cannes gewonnen.
Ihre Darbietung der manchmal überforderten, manchmal knallharten Mutter, Ehefrau und potenziellen Mörderin bleibt im Gedächtnis. Aber auch der weitere Cast rund um Sohn Daniel Maleski (Milo Machado Graner), Verteidiger Vincent (Swann Arlaud) und der namenlose Staatsanwalt (Antoine Reinartz) machen das Drama Anatomie eines Falls zu einem spannenden Kunstwerk.
Der französischen Filmregisseurin Justine Triet (Victoria – Männer & andere Missgeschicke) ist mit ihrem neuesten Spielfilm ein packender Gerichtsthriller gelungen, der Sandra Hüller in den Mittelpunkt rückt und ihr jede Menge Spielraum zur Entfaltung ihrer Rolle lässt.
Eine Ende mit Urteil, aber ohne Auflösung
Man muss gestehen, dass der Film auf der technischen Ebene keine Akzente setzt. Die eindringliche Handlung lebt nur von der Entwicklung und den starken Darstellern. Kraftvolle Bilder passend zu 50 Cents P. I. M. P. sind leider nicht allzu viele zu finden.
Am Ende bleibt es dem Zuschauer überlassen, sich seine eigene Meinung über den Fall zu bilden.
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