Heretic Filmkritik

Heretic (2024) | Filmkritik

Hugh Grant in seinem ersten großen Auftritt als Kino-Bösewicht

von Markus Grunwald

Heretic beginnt unerwartet leise, beinahe verspielt. Zwei junge Missionarinnen stehen vor einem Haus, dessen Besitzer sie zunächst nur bekehren wollen. Doch kaum öffnet der charmant-grinsende Mr. Reed, eindrucksvoll gespielt von Hugh Grant, seine Tür, ist klar, dass sich die Rollen schnell verschieben werden.

Ein charmantes Lächeln, zwei Missionarinnen – und der Beginn eines albtraumhaften Spiels

Was sich zu Beginn wie ein typisches Gespräch über Glauben, Werte und Überzeugungen entfaltet, wird rasch zu einem düsteren Gedankenspiel über Manipulation, Macht und religiöse Selbstbehauptung.

Der Einstieg lebt besonders von seinen scharfzüngigen Dialogen, die einerseits witzig sind, andererseits eine unangenehme Schwere ausstrahlen. Schon früh ist spürbar: Etwas stimmt mit diesem Mann ganz und gar nicht.

Schwester Paxton (Chloe East) und Schwester Barnes (Sophie Thatcher) folgen ihrer Mission: Menschen zu ihrem Glauben zu führen. Dass Mr. Reed sie nicht zufällig so freundlich in sein Haus einlädt, ahnen sie erst, als es zu spät ist. Türen schließen sich, Wege enden im Nichts, Räume wirken wie verschoben. Das Haus wird zu einem Labyrinth, das Reed bis ins kleinste Detail vorbereitet hat.

In seinem Spiel bist du nur eine Figur.

Mit jedem Schritt verlieren die beiden jungen Frauen ihre Orientierung und je länger sie mit Reed sprechen, desto stärker wird klar, dass er weniger von ihnen lernen möchte, sondern sie für seine eigene, verdrehte Philosophie gewinnen will.

Die Flucht wird zum gespenstischen Katz-und-Maus-Spiel, bei dem nicht der Glauben Halt gibt, sondern Verstand, Mut und die Bereitschaft, die eigenen Überzeugungen infrage zu stellen.

Heretic Kritik

© Studiocanal / PLAION PICTURES

Regieduo Scott Beck und Bryan Woods, bekannt durch A Quiet Place, inszenieren das Geschehen mit sichtlicher Vorliebe für klaustrophobische Räume, symbolische Bilder und geschliffene Dialoge.

Ein Haus voller Fallen – und ein Film voller Spannung

Der Film ist weniger Jumpscare-Horror als psychologisches Duell. Besonders das Haus selbst wirkt wie ein lebendiges Wesen: Jeder Raum eine Falle, jede Tür eine Entscheidung, jede Fluchtmöglichkeit ein Trick der Dunkelheit.

Vor allem der erste Akt glänzt. Die Mischung aus schwarzem Humor, subtiler Bedrohung und der anfänglichen Unsicherheit darüber, was real ist und was Reed nur inszeniert, erzeugt hervorragende Spannung. Dass der Film dieses Niveau nicht durchgehend halten kann, ist schade. Der finalen Akt steuert zu sehr auf bekannte Survival-Muster zu: kopflose Entscheidungen, Klischees des Genres und Momente, die man schon oft gesehen hat.

Darsteller – Opfer, Täter und alles dazwischen

Hugh Grant liefert eine seiner besten Performances der letzten Jahre. Sein Mr. Reed ist unheimlich, charismatisch, kontrolliert und gerade durch seine ruhige Art erschreckender als jeder überzeichnete Horror-Bösewicht. Grant genießt seine Rolle sichtbar und macht den Film schon allein deshalb sehenswert.

Sophie Thatcher und Chloe East überzeugen gleichermaßen. Ihre Figuren durchlaufen echte Wandlungen, kämpfen mit Glauben, Angst und Wut und sind dabei mehr als nur Opfer. Gerade das Zusammenspiel der drei Darsteller trägt die meiste Spannung des Films.

Heretic Kritik

© Studiocanal / PLAION PICTURES

Atmosphärisch ist Heretic stark. Ruhige Kameraarbeit, klug gesetzte Lichtkontraste und ein Sounddesign, das mehr flüstert als schreit. Der religiöse Subtext zieht sich durch jede Szene, ohne predigend zu wirken. Das macht den Film zugleich faszinierend und unbequem.

Ende erklärt – der Schmetterling und die letzte Entscheidung

Das Ende verzichtet bewusst auf eindeutige Antworten. Der Schmetterling, der immer wieder auftaucht, steht nicht zufällig im Zentrum der finalen Momente. Er symbolisiert Transformation: im religiösen wie im psychologischen Sinn. Er verweist auf die Möglichkeit der Wandlung, des Wiedergeborenwerdens, aber auch auf die Zerbrechlichkeit von Überzeugungen.

Die letzten Szenen zeigen, dass in diesem Spiel aus Kontrolle und Glauben nicht Sieg oder Niederlage entscheidend sind, sondern Erkenntnis. Der Schmetterling wird zum Hinweis darauf, dass die Missionarinnen – Opfer und Täter zugleich – aus dem Albtraum anders hervorgehen, als sie hineingingen. Eine klare Auflösung spart der Film bewusst aus. Denn Glauben funktioniert nie mit endgültigen Antworten.

Heretic ist ein kluges, stark gespieltes Kammerspiel voller religiöser Symbolik und psychologischem Horror. Nicht perfekt, aber definitiv ein intensiver Beitrag zum Genre.

Bewertung

Bewertung_7

Trailer
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Bildrechte: PLAION PICTURES / STUDIOCANAL


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