Dolores

Dolores (1995) | Filmkritik

Manchmal kann ein Unfall der beste Freund einer unglücklichen Frau sein.

von Markus Grunwald

Stephen-King-Verfilmungen sind ein eigenes Kapitel im Kino-Kanon: Mal tiefgründiges Psychodrama, mal trashiger Horror, oft irgendwo dazwischen. Dolores aus dem Jahr 1995 gehört klar zu den stärkeren Adaptionen

Zwischen Schuld und Wahrheit: Ein King-Drama mit Tiefgang

Das Werk ist ein fesselndes Charakterdrama mit Thriller-Elementen, das sich ganz auf seine Figuren und ihre psychologischen Abgründe konzentriert.


Im Mittelpunkt steht Dolores Claiborne (Kathy Bates), eine scheinbar harte, aber tief verletzte Frau, die auf einer entlegenen Insel im Norden der USA als Haushälterin für die wohlhabende Vera Donovan arbeitet.

Mordverdacht auf einer Insel

Eines Tages wird Vera tot am Fuß der Treppe aufgefunden – Dolores mit einem Nudelholz in der Hand über der Leiche. Für die Polizei scheint der Fall klar: Dolores ist eine Mörderin.

Die Nachricht erreicht auch Dolores‘ entfremdete Tochter Selena (Jennifer Jason Leigh), eine erfolgreiche Journalistin, die Jahre zuvor die Insel verlassen hat – im Glauben, ihre Mutter sei bereits für den Tod ihres Vaters verantwortlich. Doch je länger sich Selena mit der Vergangenheit auseinandersetzt, desto mehr verschwimmen die scheinbar klaren Linien zwischen Opfer und Täter.

Dolores Filmkritik

© PLAION PICTURES


Kathy Bates ist das unbestrittene Zentrum des Films. Bereits in der Verfilmung von Kings Misery hat sie brilliert, doch ihre Darstellung der Dolores Claiborne ist noch nuancierter und tiefgründiger. Ihre Figur wirkt anfangs rau und abweisend, doch unter der Oberfläche brodelt eine Geschichte von jahrelangem Missbrauch, Angst, Wut – und bedingungsloser Mutterliebe.

Kathy Bates in Höchstform

Bates verleiht Dolores eine stille Stärke, eine Mischung aus Verletzlichkeit und Unbeugsamkeit, die den Zuschauer mitzieht.

Jennifer Jason Leigh wirkt im direkten Vergleich zwar solide, bleibt aber in der zweiten Reihe. Ihre Figur Selena steht zwischen Ablehnung und aufkeimendem Verständnis, wird aber vom Drehbuch etwas zu sehr als Projektionsfläche für den Zuschauer genutzt. Problematisch ist daher auch, dass sie das emotionale Schlussplädoyer des Films hält – ein Moment, der Dolores selbst vorbehalten sein sollte.

Dolores Filmkritik

© PLAION PICTURES


Regisseur Taylor Hackford inszeniert das Geschehen in kalten, oft grau-bläulichen Bildern, die das raue Klima der Insel ebenso widerspiegeln wie die emotionale Eiszeit zwischen Mutter und Tochter. Die Rückblenden, die nach und nach Licht in die Vorgeschichte bringen, sind behutsam eingeflochten und steigern die Spannung.

Eine Insel voller Erinnerungen

Dabei entwickelt sich der Film immer mehr zu einem klassischen Whodunit, bei dem es weniger um das ob als um das warum geht.

Statt reißerischer Spannung setzt der Film auf psychologische Tiefe und langsame Enthüllung. Wer auf schnelle Wendungen hofft, könnte enttäuscht sein – wer sich jedoch auf das ruhige Erzähltempo einlässt, wird mit einem intensiven Drama belohnt.

Dolores Filmkritik

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Ohne zu viel zu verraten: Das Finale von Dolores reißt die Decke weg von allem, was bisher nur angedeutet wurde. Die Wahrheit über Dolores‘ Vergangenheit, ihren Ehemann und die Umstände seines Todes wird offengelegt – ebenso wie die perfide Dynamik zwischen ihr und Vera. Das Ende lässt den Zuschauer mit einem bitteren Nachgeschmack zurück, aber auch mit tiefem Respekt für eine Frau, die jahrzehntelang versucht hat, ihre Tochter vor der hässlichen Wahrheit zu schützen.

Ruhig, düster, stark gespielt

Dolores ist kein klassischer Thriller und schon gar kein Horrorfilm. Vielmehr ist es ein packendes Mutter-Tochter-Drama mit Krimi-Elementen, das vor allem durch seine intensive Hauptdarstellerin und seine kluge, dichte Atmosphäre überzeugt.

Die dramaturgische Entscheidung, den Film langsam zu entfalten und den großen Knall für das Ende aufzusparen, geht auf – auch wenn einige Wendungen vorhersehbar sind. Wer auf emotionale Tiefe statt Schockeffekte setzt, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.

Bewertung

Bewertung_8

Trailer
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Informationen

Dolores | 7. Dezember 1995 (Deutschland) 7.4

Bildrechte: PLAION PICTURES


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