Meine Nachbarn die Yamadas (1999) | Filmkritik

Meine Nachbarn die Yamadas (1999)

Fast jedem ist das japanische Animationsstudio Ghibli bekannt, welches spätestens seit Prinzessin Mononoke oder Chihiros Reise ins Zauberland auch in westlichen Kreisen unglaublich beliebt ist. So zählt das kreative Zeichentrickstudio als Walt Disney des fernen Ostens. Mit viel Liebe zum Detail, dem Hang zu großen Geschichten und geistreicher Philosophie werden jung und alt seit Jahrzehnten gleichermaßen begeistert.

1999 erzählte Isao Takahata (Heidi) die leicht schräge Geschichte über eine (fast) typische, japanische Familie, den Yamadas. Dabei unterscheidet sich der episodenhafte und einfach gehaltene Film Meine Nachbarn die Yamadas stark von den anderen äußerst aufwendig animierten Filmen, die sonst mit dem Studio Ghibli in Verbindung gebracht werden.

Oberhaupt der Familie Yamada ist Takashi. Ein Bürohengst, der gerne Sport im Fernsehen sieht, von einem Leben als Superheld träumt und sich abends ein vernünftiges Essen von seiner Frau wünscht. Die Gattin Matsuko ist zwar ganztags zu Hause, kommt aber nur widerwillig ihren häuslichen Pflichten nach und vergisst schon Mal die Wäsche aufzuhängen oder stiehlt ihren Kindern die Süßigkeiten. Sohnemann Noburo ist ein schlechter Schüler, drückt sich um die Hausaufgaben und ist auf äußerst ungeschickte Art in eine Mitschülerin verliebt. Schwesterchen Nonoko ist das kleine Nesthäkchen und weiß schon mehr vom Leben als man denkt. Auch wenn sie einmal versehentlich in einem Kaufhaus vergessen wird.

Oma Shige, die Mutter von Takashi, hat heimlich den Familienklan unter Kontrolle. Gerne kommandiert sie ihren Sohn und die Schwiegertochter herum und nimmt notfalls die Sache selbst in die Hand, wenn eine finstere Bikergang die nächtliche Ruhe stört.

So leben drei Generationen mehr oder weniger friedlich unter einem kleinen Dach und stellen sich den teils schwierigen Aufgaben des Alltags.

Der Film erzählt keine durchgehende Handlung, sondern besteht aus teils recht kurzen und mal längeren Episoden des Familienlebens. Dabei wirkt es manchmal wie eine Show, die ihre Sketche runterrasselt, da nicht alles chronologisch erzählt wirkt. Der Zeichenstil hält sich meistens sehr funktional zurück und erinnert etwas an die Cartoons aus der „Red Bull“-Werbung. Eine einfache Figur vor einem nur schemenhaften Hintergrund oder neben einem Möbelstück, dass gerade als Requisite wichtig für die Handlung wirkt. Da ist es gar nicht so einfach, sich auf derartige optische Reizarmut einzustellen. Höchstens in der Sequenz auf hoher See, wo dunkle Wellen gegen das kleine Schiffchen der Yamadas branden, zeigen die Animationszeichner, was sie wirklich können. Sonst werden in den 104 Minuten gefühlte 15 Buntstifte und 3 Fineliner verbraucht.

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Wie schon erwähnt ist die episodenhafte Handlung teils ungewöhnlich und reiht meistens kleine Gags oder Niedlichkeiten aneinander. Besonders rührend waren hier die Hochzeitsrede am Anfang und auch der Moment, wo die Familie ihrem Vater einen Schirm vorbeibringt, da er sonst im Regen nach Hause laufen müsste. Sonst bleiben die Gags für Zuschauer außerhalb Japans etwas befremdlich, da der Zugang zu Kultur und Familientradition fehlt. Ob nun der Reis in die Suppe oder umgekehrt geschüttet wird, ist mir als deutscher Zuschauer jedenfalls weniger bedeutsam, als einem japanischen Bürger.

Wer sich nicht an den recht einfachen Bildern stört und sich bestens mit dem Auf und Ab des japanischen Familienlebens auskennt, der wird sich mit den Yamadas sicherlich gut amüsieren. Wer etwas im Stil von Mein Nachbar Totoro oder Die letzten Glühwürmchen erwartet, wird hier schwer enttäuscht sein. Was bleibt, ist der Eindruck, einige Sonntag-Morgen-Cartoons aus der Zeitung gelesen zu haben. Zwar können einige Momente schon sehr unterhaltsam sein, aber meistens hatte ich doch nur die Uhr im Blick. 104 Minuten können manchmal verdammt lang sein. Für mich ein Film, den man sich höchstens einmal anschauen wird, anders, als die restlichen Werke dieser großartigen Zeichentrickschmiede.

Insgesamt kam Meine Nachbarn die Yamadas jedoch recht gut beim heimischen Publikum an und bekam sogar eine 61 Episoden lange Fernsehserie und wurde mit dem Japanese Academy Award ausgezeichnet.

Regie: Isao Takahata
Drehbuch: Hisaichi Ishii, Isao Takahata
Musik: Akiko Yano
Stimmen: Hayato Isohata, Masako Araki, Naomi Uno, Tôru Masuoka, Yukiji Asaoka, Akiko Yano, Kosanji Yanagiya
Deutsche Stimmen: Gerd Meyer, Patrick Roche, Kathrin Simon, Madalena Kerrh, Paulina Bohlmann, Claus Brockmeyer

Handlung:

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