London Has Fallen (2016) | Filmkritik

London Has Fallen

Nach einer ganzen Reihe übertriebener Gewalttaten wird Gerard Butlers Charakter gefragt: „War das wirklich nötig?“ und Butler antwortet kurz angebunden: „Nein!“. London Has Fallen könnte nicht besser zusammengefasst werden als durch dieses kurze Gespräch.

Über den gesamten Film hinweg zieht sich eine Masse an absurder, brutaler, erschreckender Gewalt und kein Schwein interessiert es. Wie einst in zahlreichen gefeierten Western wird zuerst geschossen bevor man Fragen stellt. Und diese Philosophie verfolgen die Drehbuchautoren hinter London Has Fallen mit einer Zielstrebigkeit, welche in einer Art und Weise schon an perfide Ignoranz grenzt und fast die Grenze zur Parodie überschreitet, während der Film im Grunde nur passable Popkorn-Unterhaltung bietet. Zusätzliche Brisanz erhält dieses verkannte Weltbild wenn man bedenkt, dass Regisseur Babak Najafi (Sebbe) im Iran geboren wurde und den Ersten Golfkrieg hautnah miterlebte.

Nach den Ereignissen aus Olympus Has Fallen ist Mike Banning (Gerard Butler) wieder an der Seite des US-amerikanischen Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart), doch seine Frau Leah (Radha Mitchell) ist schwanger und so überlegt Banning, ob es nicht an der Zeit ist seinen gefährlichen Beruf beim Secret Service an den Nagel zu hängen. Doch bevor er sein Abdankungsschreiben beenden kann, muss er den Präsidenten nach London zu einer Beerdigung begleiten. Was sie nicht wissen, ist, dass die Beerdigung in Wirklichkeit ein von langer Hand geplanter Schachzug in einem viel größeren Komplott ist, welches in einer terroristischen Attacke niemals zuvor gesehenen Ausmaßes resultiert. Das Ziel sind nicht weniger als die mächtigsten Staatsoberhäupter der Welt, zu denen natürlich auch Präsident Asher gehört.

In Olympus Has Fallen nahm es Gerard Butler noch einst mit einer Übermacht an nordkoreanischen Angreifern auf, konnte sich bei seiner Rettungsaktion allerdings auf den Vorteil der Umgebung verlassen, denn keiner kannte das Weiße Haus und seine Sicherheitsmaßnahmen sowie Eigenarten besser als der ehemalige Secret Service Agent. In London Has Fallen fällt dieser Vorteil nun weg und Butler muss sich auf unbekanntem Territorium in kürzester Zeit zurechtfinden. Seine Heldentaten aus dem ersten Teil haben Butlers Charaktereigenschaften zudem stark verändert. Sein Charakter Mike agiert zwar noch immer wie die unzerstörbare Macht, welche er schon in Olympus Has Fallen perfekt auf die Leinwand projizierte, nun aber ist er zudem noch eingebildet und unverschämt. Und diese Eigenschaften lebt der Film regelrecht. Im Gegensatz zum Einsatz im Weißen Haus geht es nun auch nicht mehr um die Rettung des Präsidenten, diese Tatsache rückt komplett in den Hintergrund, es geht viel mehr um die Art und Weise, wie Mike seinen Auftrag erledigt und wie viele Gegner er bei seiner Aktion von der Leinwand fegt.

Sobald man sich dieser Tatsache bewusst ist und jegliche moralischen Vorstellungen begraben hat, macht London Has Fallen tatsächlich Spaß. Die durchgehenden Kämpfe und Aktionen halten einen auf Trab, und da man sich nun zusätzlich bewusst ist, dass Butler unverwundbar und übermächtig ist, verfolgt man mit Spannung die nächste Art und Weise, in welcher ein Gegner umkommt. Messer, Fäuste, Kugeln. Kein Mittel ist ihm dabei fremd und über 99 Minuten bahnt er sich seinen Weg durch Horden von hirnlosen Gegnern, teilweise ohne zu wissen ob es sich bei seinem Opfer nun tatsächlich um Freund oder Feind handelt. So feuert er kurz nach dem versuchten Attentat auf den US-Präsidenten, die Präsidenten der anderen Staaten sind mittlerweile alle auf mehr oder minder spektakuläre Art und Weise ermordet worden, denn deren Sicherheitsdienste waren anscheinend in keinster Weise so kompetent wie die Ein-Mann-Armee des US-amerikanischen Secret Service, auf jeden Polizisten, welcher ihm über den Weg läuft. Einzig aus dem einen Grund, weil ein vorheriger Attentäter ebenfalls eine Polizeiuniform getragen hat.

Auf den Gedanken, ob es sich nicht vielleicht doch um die Londoner Polizei handeln könnte kommt der Charakter Mike gar nicht. Als ihn der Präsident später einmal auf diese Tatsache anspricht und einen besonders perfiden Mord mit einer Holzlatte und anschließender Suffokation kommentiert, erwähnt Mike nur: „Polizisten tragen keine Kalaschnikows!“. Spätestens da weiß der Zuschauer, dass er jegliche Hirnfunktionen abzuschalten hat und sich einzig über die Action und Explosionen freuen soll.

Abseits von Gerard Butler (Gods of Egypt) tritt auch erneut Aaron Eckhart, welcher einst einen eindrucksvollen Auftritt in The Dark Knight als Harvey Dent / Two-Face hatte, in seine bekannte Rolle des US-amerikanischen Präsidenten. Wie bereits im ersten Film der Reihe agiert er lediglich als Mittel zum Zweck, in diesem Fall als der Grund für die hirnlose Ballerei des Hauptcharakters. Auch die weiteren Nebendarsteller, besonders Angela Bassett (Malcolm X) und Morgan Freeman (Die Verurteilten), welche ebenfalls schon in Olympus Has Fallen in Erscheinung traten, hätte man dieses Mal komplett weglassen können und so erwähnte Freeman auch in einem Interview, dass er die Rolle für London Has Fallen nur angenommen habe, da sie gut bezahlt wäre. Das gleiche Schicksal ereilt Melissa Leo, welche im ersten Film noch in ihrer Rolle gewisse Emotionen einbrachte. Nun ist sie nur zu sehen, um eine gewisse Verbindung zu Olympus Has Fallen herzustellen.

Beim fiesen Waffendealer und Bösewicht des Films Aarmir Barkawi, gespielt von Alon Moni Aboutboul (The Dark Knight Rises), würde man jetzt natürlich erwarten, dass dieser bei dem ansonsten blassen Cast als großer Gegenspieler präsentiert wird. Aber weit gefehlt! Der Film versucht überhaupt nicht neben Gerard Butler einen weiteren Charakter zu etablieren. Jegliche Konzentration beruht auf seinen Aktionen und der glamourösen Zerstörung Londons bekanntester Sehenswürdigkeiten. Dieses Konzept der Bösewichter ohne wahres Gesicht scheint dabei aber ein gewollter Handgriff der Filmschaffenden zu sein, um der Ruchlosigkeit des Films zumindest ein wenig Einhalt zu gebieten, denn so verkommen die Gegner lediglich zu reinem Kanonenfutter, mit denen man eh kein Mitleid haben könnte.

Aus der Riege der nutzlosen Nebendarsteller ragt lediglich MI6 Agentin Jacquelin Marshall hervor. Darstellerin Charlotte Riley (Edge of Tomorrow) erhält zwar kaum Leinwandzeit und ist auch in keinen Schusswechsel verwickelt, bleibt aber durch ihre bezaubernde Präsenz im Gedächtnis und verkauft ihren Charakter zudem als fähige Agentin gekonnt dem Zuschauer. Und das obwohl ihr Auftritt im schwächsten, da ruhigsten, Teil des Film stattfindet.

Aber, vergesst nicht, London Has Fallen ist Kopf-Aus-Kino. Abstrakte Handlung, fesselnde Erzählung und einnehmendes Schauspiel sind in keinster Weise gefordert. Es dreht sich alles nur um Butler, seinen Weg durch Londons Straßen und die Anzahl an Leichen, welche diesen schlussendlich pflastern. Und dies, wie bereits in Olympus, auf eine möglichst brutale Art und Weise. Übertriebe Messerkämpfe und Nahaufnahmen von Kopfschüssen dienen nun einmal nicht der Handlung, sie dienen der cineastischen Erfahrung. Und so feuert sich Butler regelrecht durch den gesamten Film und auch wenn die Action teils monoton wirkt, schafft die Abwechslung in Umgebung und Umstand immer wieder eine gewisse Frische, so dass der Film niemals seinen Schwung verliert.

Doch abseits der teilweise klasse inszenierten Schusswechsel und Kampfeinlagen wirken die CGI Effekte wie ein schlechter Witz. Besonders die großen Explosionen und Mündungsfeuer werden durch Effekte dargestellt, welche billiger nicht aussehen könnten. Und wenn eine bekannte Brücke durch zahlreiche Explosionen ihren Halt verliert, zahllose Stahlkabel über den Bildschirm huschen und Autos von der Themse verschlungen werden, wird man regelrecht aus der Atmosphäre geworfen, da die Effekte so jämmerlich ausschauen. Es wirkt geradezu so, als hätte jemand vorgefertigte Explosionen und Effekte aus einem Grafikprogramm verwendet und für London Has Fallen lediglich ein wenig aufbereitet und angepasst. Aber vielleicht ist auch dieser Mangel nur ein Mittel zum Zweck, denn der Film wirkt nicht selten wie 1:1 aus einem der zahlreichen First-Person-Computerspiele kopiert. Endlose Schusswechsel, stark in Szene gesetzte Nachladeaktionen und in bester Parkour-Manier absolvierte Laufpassagen über Baugerüste könnten geradewegs aus dem neuesten „Call of Duty“ oder „Battlefield“ entsprungen sein.

Schlussendlich wird euch aber, wenn euch bereits Olympus Has Fallen gefallen hat, London Has Fallen nicht enttäuschen. Mir persönlich aber war es nicht komplett möglich, den Kopf abzuschalten, denn der Film verwirft explizit jegliche moralische Ansichten, zeigt keinerlei Feingefühl bei Islamfeindlichkeit oder Respekt vor aktuellen, tatsächlichen Terrorattacken. Die Gewaltverherrlichung geschieht ohne kritische Hinterfragung und lässt, mit einem perfiden Lächeln auf den Lippen, Mord und Gewalt zu einer grotesken Art von Sport verkommen, welche sich nicht einmal Computerspiele erlauben würden. Doch wenn man all dies Abschütteln kann und die Erfahrung als reine Fiktion aufnimmt, wird man mit London Has Fallen definitiv seinen Spaß haben. Es besteht aber eine gewisse Möglichkeit, dass man mit einem unguten Gefühlt den Film verlässt, weil man an all diesen fragwürdigen Darstellungen einen Gefallen gefunden hat.

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