Dass das Studio Ghibli für wundervolle Zeichnungen und emotionale Geschichten voller Menschlichkeit und Natur steht ist kein Geheimnis. Auch die Filme der letzten Jahre wie Die Legende der Prinzessin Kaguya (2013), Wie der Wind sich hebt (2012) und Der Mohnblumenberg (2011) fanden Beachtung bei Publikum und Kritikern, doch an die Erfolge von Prinzessin Mononoke (1997), Mein Nachbar Totoro und Chihiros Reise ins Zauberland (2001) konnte das Studio schon näher länger nicht mehr herankommen. Kann das neueste Werk Erinnerungen an Marnie eine Wende einleiten?
Das Waisenkind Anna wächst nach dem Tod ihrer Eltern bei Pflegeeltern in der Stadt auf. Nicht nur soziale Probleme lassen sie zur Außenseiterin werden, auch ihre Gesundheit ist nicht in bester Verfassung. Nach einem starken Asthmaanfall macht sich ihre Pflegemutter ernste Sorgen und Schickt Anna aus der Stadt.
Das ältere Ehepaar Kiyomasa und Setsu Oiwa, die am Meer leben, nehmen das junge Mädchen herzlich für eine längere Zeit auf. Doch auch hier scheint Anna keine Freunde zu finden und flüchtet sich immer häufiger in ihre Zeichnerei. Bei einer Erkundungstour durch das Örtchen entdeckt das stille Mädchen ein altes verlassenes Haus, das in ihr Erinnerungen weckt, die sie jedoch nicht zuordnen kann.
Auf dem Anwesen des wunderschönen Hauses trifft sie auf die junge Marnie, welche auf Anhieb eine Freundin in Anna sieht. Und auch Anna schafft es endlich sich zu öffnen und einen Menschen in ihr Leben zu lassen. Immer häufiger treffen sich die beiden Mädchen und es entwickelt sich eine innige Freundschaft voller Liebe. Doch mit der Zeit wird Anna auch klar, dass Marnie nicht das ist, was sie zu sein scheint.
Wie angesprochen hat das Studio Ghibli in letzter Zeit etwas von seinem alten Zauber verloren und mit Erinnerungen an Marnie erschien nun der letzte Kinofilm des Studios bevor es aufgrund einer Umstrukturierung vorerst schließt. Dank Erinnerungen an Marnie von Regisseur Hiromasa Yonebayashi (Arrietty – Die wundersame Welt der Borger) hoffen wir auf ein „Bis bald!“ anstelle eines „Lebe wohl!“. Auch wenn es nicht ganz an den Glanz der Meisterwerke des Studios heranreicht, ist der neueste Streifen der Schmiede doch ein komplexes Werk über Freundschaft und die Erinnerungen an vergangene Tage.
Es erscheint irrelevant bei dem Studio Ghibli über die bezaubernden Zeichnungen zu sprechen, aber diese sind oftmals Herz und Seele eines Films und sollen neben anderen Produktionen niemals in den Hintergrund rücken. Alleine das verlassene Herrenhaus, über welches Anna zufällig stolpert, wird atemberaubend in Szene gesetzt und ist in jeder Szene aufs neue ein Blickfang mit detaillierten und liebevollen Fassaden und einem Garten, der in seiner Bewucherung voller Schönheit glänzt.
Auch das allbekannte Thema der Natur wird in diesem Film wieder aufgegriffen und dient zum einen als Ausgangspunkt der Geschichte und Annas Reise aus der Stadt hinaus ans Meer. Trotz allem widmet sich der Film zentral dem Thema einer ganz besonderes Freundschaft.Durch die kindlichen Augen von Anna erleben wir eine Entwicklung, die traurig und schön zu gleich ist. Schnell wird klar, dass Marnie als Freundin viel mehr als nur eine Gespielin aus dem kleinen Dorf ist, sondern Erinnerungen, Trauer und Hoffnung Anna auf ein Abenteuer schicken, welches sie für immer verändern wird.
Action ist rar gesät in dem Film und doch baut sich eine gewaltige Spannung auf, die bis zum Ende gehalten wird. Auch die Frage, welches Geheimnis nun wirklich hinter Marnie steckt, wird liebevoll, wenn auch etwas sehr ausgefallen, gelüftet und zieht sich durch den Film wie ein roter Pfaden. Mit Erinnerungen an Marnie hat das Studio Ghibli abermals sein Händchen für eine packende, emotionale Geschichte in Kombination mit wundervollen Bildern bestätigt.
In Zukunft können wir hoffentlich noch viele weitere Werke des Studios bewundern und uns mit auf eine einzigartige Reise nehmen!
Regie: Hiromasa Yonebayashi
Drehbuch: Hiromasa Yonebayashi, Keiko Niwa, Masashi Ando
Musik: Takatsugu Muramatsu
Stimmen: Laura Jenni, Lara Wurmer, Claudia Lössl, Madeleine Stolze, Andreas Borcherding
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