Spotlight (2015) | Filmkritik

Spotlight

In einem Jahr voller Oscar-Filme, die von Intrigen und Skandalen geprägt sind, war es gar nicht mal so sicher für welchen Film sich die Jury doch am Ende entscheiden wird. Die Rachegeschichte rund um The Revenant? Die Bankenkrise von The Big Short? Oder ist doch die Geschichte einer, über Jahre eingesperrten und missbrauchten, jungen Frau für die Academy am überzeugendsten? Am Ende fiel die Wahl überraschend, aber auch durchaus zu Recht, auf den Film Spotlight, der auf einer wahren Geschichte basiert, welche die Aufdeckung der erschreckenden Vergewaltigungsfälle in der katholischen Kirche erzählt.

Spotlight ist eine kleine, investigative Gruppe in der Zeitung ‚The Boston Globe‘. Diese setzen es mit Reportagen immer wieder daran Skandale aufzudecken. Als mit Marty Baron (Liev Schreiber) ein neuer Herausgeber auf den Schirm tritt und die Reporter auf eine neue Fährte bringt, beginnt das Spotlight Team sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, welches sie nicht nur professionell, sondern auch persönlich an neue Grenzen treiben wird.

Das Team um Walter Robinson (Michael Keaton), Michael Rezendes (Mark Ruffalo) und Sascha Pfeiffer (Rachel McAdams) wird beauftragt, sich näher mit einem Missbrauchsfall zu beschäftigen, in welchem sich ein Priester an einem kleinen Jungen vergangen hatte. Marty Baron impliziert, die Kirche hätte von diesem Fall gewusst und bittet die, schon öfter erfolgreiche, Gruppe um Spotlight, der Sache auf den Grund zu gehen. Trotz Kritik und Spott von Kollegen drängt der neue Chef das Team immer wieder weiter zu graben. Was Spotlight schlussendlich aufdecken kann ist erschreckender, als es sich die Reporter jemals vorgestellt hätten.

Die Handlung des Filmes ist schnell erzählt, denn von den verabscheuungswürdigen Taten, die so häufig von katholischen Priestern in so vielen Ländern verbrochen wurden, weiß heutzutage wohl jeder. Doch Spotlight ist auch kein Film der Neues entdeckt oder den Zuschauer schocken will. Viel mehr erzählt er eine Geschichte, die erzählt werden muss. Das investigative Team von Spotlight hat sich zu seiner Zeit einem Thema angenommen, welches mehr als heikel war und bei einer falschen Herangehensweise vielen Journalisten die Karriere hätte kosten können. Dabei bleibt die Erzählung jedoch immer auf einem Level, welches nie zu aufgesetzt oder gezwungen wirkt. Die Hauptakteure werden nie vergöttert, sondern viel mehr als ganz normale, in ihrem Job verlorene Menschen gezeichnet. Aber natürlich sind die Reporter auch emotional an den Fall gebunden und zeigen immer wieder wie viel ihnen daran liegt die Schuldigen an den Pranger zu stellen.

Am ehesten ist die Erzählung von Spotlight wohl mit dem Facebook-Film The Social Network zu vergleichen. Jeder weiß wer Mark Zuckerberg ist, und dass er der Vater eines der größten sozialen Netzwerke aller Zeiten ist. Doch der Weg ist das Ziel und die Erzählung rund um den exzentrischen Programmierer, der sich plötzlich als der Vorgesetzte eines multimilliardenschweren Konzerns sieht, ist wunderschön und unterhaltend von David Fincher auf die Leinwand gebracht worden. Vergleichbar ist auch Spotlight eine Geschichte, die viel mehr den Fokus auf die Handlungen im Film, als das tatsächliche Ergebnis legt. Selbstverständlich wird festgestellt, dass die Reporter mit ihrer Story viel bewegt haben und die Welt dank Ihnen wohl ein besserer Ort ist, aber am Ende sind es doch die Handlungen, die Dialoge und die Charaktere, die dieses Werk tragen.

Ungeachtet der verständlichen Bedeutung dieser Charaktere für den gesamten Film, bleibt die Zeichnung dieser verhältnismäßig flach. Dies kann Spotlight durchaus positiv angerechnet werden, gleichwohl fragt man sich am Ende des Films, inwieweit die Hintergrundgeschichte der einzelnen Personen relevant ist. So ist die Geschichte von Walter Robinson durchaus packend und mitreißend gestaltet, doch andere Charaktere wirken flach und ihre Vergangenheit gehetzt erzählt. Ein Fokus auf einzelne Journalisten wäre hier vielleicht das Ziel gewesen anstatt zu versuchen, sie alle auf einem gleichen Niveau zu halten.

Alle Kritik an Spotlight ist Kritik auf sehr hohem Niveau. Der starke Cast um Michael Keaton (Birdman), Mark Ruffalo (The Avengers), Rachel McAdams (Southpaw), Liev Schreiber (Movie 43), Stanley Tucci (Die Tribute von Panem) und einigen mehr weiß zu überzeugen und präsentiert die Geschichte durchaus mitreißend. Keaton mimt sich typisch stoisch, aber in seiner Rolle genau deshalb so richtig. Einzig Mark Ruffalo wirkt bei Zeiten sehr überdreht und fast so, als müsse er die kalte, emotionslose Art Keatons ausgleichen. Doch auch das wirkt aufgrund des kritischen Materials des Filmes nie störend. Ob aber wirklich die Oscar Nominierungen für besten Nebendarsteller für Rachel McAdams als auch Mark Ruffalo verdient sind, sei mal dahin gestellt.

Spotlight ist geradlinig und nahezu ohne Wendungen. Der Film verfolgt schnurstracks einen roten, realistischen Faden und zeigt so nicht wie eine Hollywood-Geschichte funktioniert, sondern vielmehr wie eine Reportage tatsächlich realisiert wird. Von den zahlreichen Interviews, den Meetings und der klassischen Recherche will hier nichts bahnbrechend neues erzählt, sondern dem Zuschauer näher gebracht werden, wie wichtig die Macht der Presse in unserer Zeit doch sein kann. Dass sie, wenn sie auf unserer Seite ist, so viel bewegen kann und auch in unserer heutigen Zeit nicht alle Geschichten erzählt sind. Es muss nur jemand die richtigen Fragen stellen.

Regie: Tom McCarthy
Drehbuch: Tom McCarthy, Josh Singer
Musik: Howard Shore
Darsteller: Mark Ruffalo, Michael Keaton, Rachel McAdams, Liev Schreiber, John Slattery, Stanley Tucci

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