30 Jahre sind nun vergangen, seitdem die Rebellion mithilfe von Luke Skywalker das despotische Imperium besiegte. Doch inzwischen scheint sich die Geschichte zu wiederholen, wie sie es bekanntlich allzu oft tut.
Willkommen zurück in einer weit, weit entfernten Galaxis
Statt eines Zeitalters des Friedens überzieht die sogenannte Erste Ordnung die Galaxie mit einer neuen Finsternis. Auch die dunkle Seite der Macht erhebt sich unter dem Mantel der Legende und schickt Kylo Ren (Adam Driver) für sich ins Feld. Er streift mit eiserner Hand von Planet zu Planet auf der Suche nach mysteriösen Koordinaten.
Ein junger Pilot des Widerstands namens Poe Dameron (Oscar Isaac) hält jene Information bereits in den Händen, als Sturmtruppen über seine Siedlung herfallen. In letzter Sekunde gelingt es ihm noch das Geheimnis in seinem Druiden BB8 zu verstecken, ehe er in Gefangenschaft gerät.
Als wenig später der verwirrte Sturmtruppen-Deserteur Finn (John Boyega) auf Poes Planeten Jakku abstürzt, rennt er geradewegs der Plünderin Rey (Daisy Ridley) in die Arme. Auf ihrem Weg durch die Wüste hat sie inzwischen BB8 aufgelesen. Zufall oder doch Schicksal? Und wohin weisen die versteckten Koordinaten bloß? Kurzum: Was muss geschehen, damit sich die Galaxis wieder an jenes Licht der Jedi erinnert, das über die Jahre in Vergessenheit geraten ist?
Eine würdige Fortsetzung der Reihe?
Es ist nun bereits ein Haufen Tage ins Land gezogen, seitdem Disney bekannt gab, dass sie das erfolgreichste Franchise der Filmgeschichte in die nächste Runde schicken würden.
Meine erste Reaktion damals: Empörung! Die Prequels waren schließlich der Beweis dafür, dass die Magie der ersten drei Filme nie zurückkehren würde. Als Kind war ich mit den Episoden I-III natürlich zufrieden gewesen, aber als Kind war ich meistens schon damit zufrieden, dass der Fernseher überhaupt lief.
Außerdem bestätigte Disneys Plan für mich nur jenen Eindruck, den ich ohnehin schon von Hollywood hatte. Da trifft sich eine geldgierige Elite, die stetig die Kinopreise in die Höhe treibt und dann noch nicht einmal dazu fähig ist, ausgefeilte Ideen zu liefern. Stattdessen rühren sie in altem Brei herum, bis er ungenießbar wird. Aber das sollte nicht mit meiner Kindheit geschehen. Nicht mit einem Phänomen, was mich und unzählige andere einst dazu inspirierte mit der eigenen Kamera den hiesigen Wald zu durchstreifen und eigene Geschichten zu erfinden. Star Wars IV-VI waren perfekt. Warum war das nicht genug?
Nachdem jedoch der Name J.J. Abrams gefallen war, wurde ich hellhörig. Er hatte mit Star Trek: Into Darkness, aber noch vielmehr mit Super 8 freilich bewiesen, dass er die perfekte Mischung aus Sci-Fi-Handwerk und Liebe zum Film verkörpert. Er war selbst ein Fanboy und machte keinen Hehl daraus.
Die legendäre Saga geht weiter
Seit jenem schicksalhaften Tag, als plötzlich der erste Trailer zu Das Erwachen der Macht vom Himmel fiel, erfüllte mich so etwas wie Vorfreude. Sie stieg Stück für Stück, bis ich mich eines Abends dabei ertappte, wie ich mein Spielzeug-Laserschwert von der Wand nahm und ungeduldig meine Wohnung durchstreifte. An dieser Stelle Hand aufs Herz: Kann Episode VII den Erwartungen solcher Fans wie mir gerecht werden? Wahrscheinlich nicht! Aber nicht wenige hofften insgeheim wohl auf nichts Geringeres als einen der besten Filme des Jahres.
Und zählt Star Wars: Episode VII: Das Erwachen der Macht nun dazu? Darauf lässt sich nur schwer eine klare Antwort geben. Der innovativste Streifen ist er ganz sicher nicht, der überraschendste ebenso wenig. Im Star-Wars-Vergleich erreicht die neue Episode nicht das Niveau der alten Trilogie, übertrifft die Prequels allerdings in allen Belangen.
Im siebten Abschnitt der Weltraumoper treten hier und da unverkennbare Schwächen auf. Zu aller erst das 3D! Muss ich zu diesem Thema noch viele Worte verlieren? Es gibt keine Extra-Effekte zu bestaunen, sondern nur die allseits bekannte Bildtiefe. Zusammengefasst: Die Technologie hat keinen Mehrwert und ist deswegen nicht mehr und nicht weniger als dreiste Abzocke von Seiten des Studios.
Auf der gestalterischen Ebene gibt es nur einen echten Wermutstropfen zu schmecken. Snoke, unser neuer Superbösewicht, ist vollkommen animiert. Wie schon der weiße Orc Arzoc im Hobbit-Franchise wirkt Snoke in seiner Erscheinung zwar bedrohlich, aber versprüht keine wirkliche physische Präsenz. Da es sich bei ihm aber um eine zentrale Figur handelt, halte ich diese Entscheidung nicht gerade für einen klugen Schachzug. Ein Gesicht zum Anfassen wäre die bessere Option gewesen.
Der letzte Kritikpunkt an dem neuen Star-Wars-Streifen lässt sich wohl zutreffend als Kehrseite der Franchise-Nostalgie bezeichnen. Das Drehbuch entwickelt zwar einen eigenen Plot, bedient sich dabei aber nicht nur der bekannten Charaktere, sondern eben auch der Struktur des allerersten Filmes. Wie zuvor finden wir den Druiden, der eine Geheimbotschaft durch die Wüste trägt, unsere Helden, die in einer zwielichtigen Bar voller Kopfgeldjäger absteigen und die finale Schlachtbesprechung der Widerstands-Piloten.
Der Beginn einer neuen Ära
Es ist schwer zu entscheiden, was dieser Umstand in einem auslöst. Auf der einen Seite ist das Nostalgie-Paket damit perfekt geschnürt. Ich erinnere an dieser Stelle nur an 22 Jump Street, wo die Nachahmung des Vorgängers auf ganzer Linie funktionierte. Auf der anderen Seite fehlt bei Episode VII dadurch natürlich eine ganze Portion jener Kreativität, die aus der alten Star-Wars-Trilogie das größte Filmphänomen aller Zeiten machte.
Bei einer bereits sechsteiligen Reihe ist es ohnehin schwer so innovativ zu werden, wie es vielleicht möglich wäre. Im Entstehungsprozess herrschen zu viele Zwänge, die sich aus den vorherigen Teilen und der immensen Erwartungshaltung der Fans ableiten. Vielleicht ist ein Franchise daher einfach nicht der geeignete Ort für umwälzende Veränderungen. Möchte man die Nachahmung des alten Star-Wars-Gefühls trotzdem kritisieren, dann darf man nicht sie selbst kritisieren, sondern muss nach der Berechtigung des siebten Films schlechthin fragen.
Ein negativer Aspekt bei alledem ist jedoch unbestreitbar. Star Wars: Episode VII: Das Erwachen der Macht weist durch seine strukturelle Anlehnung an Eine neue Hoffnung einige Längen auf. Der Film ist sicher nicht zu lang, aber er lässt nach anderthalb Stunden keinen großen Zweifel mehr daran, wohin die Reise geht. Auch in jenen vorhersehbaren Momenten bleibt er aber visuell atemberaubend und hält zum Schluss noch den obligatorischen Laserschwertkampf für uns bereit, der ganz sicher zu einem der besten seiner Art zählt.
Wenn ich die positiven Erscheinungen des Filmes zusammenfasse, kann ich kaum anders als in Begeisterung zu verfallen. J.J. Abrams und seine Crew haben nämlich einiges getan, um zu den Fanwurzeln zurückzukehren. Von den Zitaten bis hin zu den detailverliebten, originalen Sets ist alles von Nostalgie durchtränkt. Ein Fan fühlt sich an den neuen Orten zu Hause und allein das macht den Film zu einer emotionalen Angelegenheit. Allerdings bleibt auch der Star-Wars-Neuling nicht auf der Strecke, denn Das Erwachen der Macht ist ein unterhaltsames Stück Kino für jedermann geworden. Zum einen liegt diese Leistung darin begründet, dass endlich mehr Frauen auf der Leinwand auftauchen. Wir erleben mit Rey nicht nur eine interessante, präsente weibliche Heldin, die im Dreigespann mit Poe und Finn die wichtigste Rolle spielt, sondern auch sonst mehr Frauen und weibliche Wesen auf Seiten des Widerstandes sowie der Ersten Ordnung.
Alte und neue Charaktere vereint
Wenn wir bei den Charakteren bleiben, lässt sich feststellen, dass wir es hierbei mit einer Reihe an beachtlichen Schauspielleistungen zu tun haben. Die neuen Helden und Schurken überzeugen auf ganzer Linie, auch wenn John Boyega einen schmalen Grat zwischen anstrengend und authentisch entlangwandert. Einige kleine, feine Kniffe sind mir bei der Figurenzeichnung besonders aufgefallen. Finn als Deserteur der Ersten Ordnung gewährt uns erstmals einen Eindruck in das Leben der Sturmtruppen. Das Verbot den Helm abzunehmen und Kennungen statt Namen wahren die kalte Anonymität des Bösen. Wir erfahren noch dazu, dass hinter den weiß-schwarzen Helmen emotional entstellte Kinder stecken, die bereits nach der Geburt ihren Eltern gestohlen wurden.
Auf der anderen Seite haben wir unseren wichtigsten Schurken Kylo Ren, der noch ein Schüler der Dunklen Seite ist. Er ist noch nicht so perfekt ausgebildet wie es einst Darth Vader war, sodass er seine tobenden Aggressionen in so manch kraftvoller Szene auslebt. Während Anakin Skywalker eher den stillen, manipulativen Lord Vader gab, ist Kylo Ren unbeherrscht und vor allem unberechenbar. Mit ihm bekommen wir mehr Momente denn je geboten, in denen die Dunkle Seite ihre Fähigkeiten voll ausspielt. Gerade deshalb und wegen einer Handvoll weiterer Aspekte ist das Erlebnis der neuen Geschichte weniger für Kinder ausgelegt als die Vorgänger.
Das bereits erwähnte Lichtschwertduell im großen Finale schlägt ebenfalls in diese Kerbe. Es präsentiert eine Brutalität, aber vor allem emotionale Intensität, die mich elektrisiert hat. Nebenbei kommen Liebhaber imposanter Bilder ganz sicher auf ihre Kosten. Die CGI-Effekte sind grandios wie immer bei Star Wars. Dabei reiht sich eine posterreife Einstellung an die nächste. Eine Horde Tie-Fighter im Sonnenuntergang erinnert beinahe an Momente aus Apokalypse Now. Meine Lieblingsactionszene könnte jene werden, in der Rey und Finn im gestohlenen Millenniumfalken durch die Wüste von Jakku fliehen. Sie sieht nicht nur fantastisch aus, sondern ist auch ungemein spannend. Dass der Weg dann auch noch durch die verstaubten Metallgerippe von Sternenzerstörern führt, ist umso besser.
Die Macht erwählt ihre neuen Helden
So mancher Kritiker wird die zahlreichen Anklänge an Episode IV-VI vielleicht als einfallslos oder geldgierig abstempeln, doch sogleich werden tausende Fans genau das als Wiedergutmachung für die Prequels verstehen. Der Satz „Star Wars ist zurück“ bekommt dabei eine weitaus tiefere Bedeutung. Jedoch bleibt Das Erwachen der Macht nicht bei den eingefleischten Fans stehen, sondern bringt alles auf die Leinwand, um neues Feuer bei einem neuem Publikum zu entfachen. Alles in allem ist Episode VII ein durch und durch unterhaltsamer Film geworden, der sich mit in visueller Genialität und interessanter Charakterzeichnung mit den Großen des Kinojahres 2015 messen kann.
J.J., kaum zu glauben, aber du hast es wirklich geschafft! Star Wars ist nach über 30 Jahren wieder auf einem respektablen Niveau angekommen. Möge die Macht auch in Zukunft mit dir sein! Und besonders mit Rian Johnson, welcher uns die nächsten Episoden präsentieren wird.
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