Pan (2015) | Filmkritik

Pan (2015)

Als Steven Spielberg 1991 seinen Film Hook präsentierte war ich ein kleiner Junge. Während Kritiker den Film zerrissen, ihn als Spielsbergs schlechtestes Werk beschimpfen und der Schöpfer von Klassikern wie Der weiße Hai (1975), E.T. – Der Außerirdische (1982) und Jurassic Park (1993) sich persönlich von diesem, seinem Film, distanzierte, das kleine Kind, dass ich damals war, liebte den Film.

Auf Hook folgt Pan

Ich liebte Nimmerland, die „Verlorenen Jungs“, die Piraten rund um Captain Hook (Dustin Hoffman) und ganz besonders liebte ich den Auftritt von Robin Williams als Peter Pan. Ja, ich konnte mich selbst mit Julia Roberts in der Rolle der Fee Glöckchen, oder besser bekannt als Tinker Bell, anfreunden.

Für mich war Hook der perfekte Kindheitstraum, eine fantastische Welt abseits des aufkommenden Schulalltags. Über zwanzig Jahre später habe ich den Film erneut geschaut und verstehe, warum Kritiker den Film regelrecht auseinandergenommen haben. Aber ich verstehe auch noch immer, warum das Kind in mir diesen Film geliebt hat und diese Erfahrung möchte ich nicht missen.

© Warner Bros.

Nun also präsentiert uns Joe Wright, nach einem Drehbuch von Jason Fuchs, welcher uns Ice Age 4 – Voll verschoben (2012) bescherte und ebenfalls das Drehbuch zur kommenden Wonder Woman-Verfilmung im Jahr 2017 schreibt, die Vorgeschichte zu einer der bekanntesten Bettgeschichten des schottischen Autoren J. M. Barrie und erklärt, wie Peter Pan nach Nimmerland kam und auf Captain Hook traf.

Für mich persönlich steht Wright als herausragender Filmschaffender von Filmen wie Stolz & Vorurteil (2005), Abbitte (2007) und Wer ist Hanna? (2011), mit Pan wagt er sich nun für Warner Bros. Pictures an ein komplett anderes Werk. Und so schaute ich den Film mit meiner kindlichen Begeisterung und künstlerischem Maß.

Aus dem Waisenhaus nach Nimmerland

Der 12-jährige Peter (Levi Miller) lebt, seit ihn seine Mutter (Amanda Seyfried) als Baby weggegeben hat, in einem Londoner Waisenhaus. Während draußen der Zweite Weltkrieg tobt und deutsche Bomben einschlagen, fällt Peter auf, dass Nachts immer wieder Kinder verschwinden. Die bittere Heimleiterin Barnabas (Kathy Burke) behauptet zwar, sie seien adoptiert worden, aber irgendwas stimmt da nicht. Und so entscheidet Peter eines Nachts dem Mysterium selbst auf den Grund zu gehen und bleibt länger wach.

Er bekommt mit, wie Piraten durch die Dachfenster kommen und die schlafenden Kinder aus ihren Betten reißen. Auch Peter landet auf dem fliegenden Piratenschiff und setzt unter britischem Fliegerfeuer Kurs nach Nimmerland. Dort sollen die Gefangenen in den Minen des Piratenkapitäns Blackbeard (Hugh Jackman) nach Feenstaub graben. Als sich Peter widersetzt, wird er von Blackbeard über die Planke seines fliegenden Schiffs geschickt. Doch plötzlich beginnt Peter zu fliegen und lässt so eine alte Wahrsagung wahr werden.

Willkommen. In Neverland!

Kaum landet der Zuschauer in Nimmerland, oder wie es nun im neuen Denglisch heißt, Neverland, wird man mit einem Nimmerland-Cover des bekannten Nirvana Songs „Smells Like Teen Spirit“ begrüßt. Auch wenn es anfangs seltsam erscheint, freut man sich sofort auf eine gelungene Einlage des Broadway-Stars Jackman, wird jedoch mit einem zwischen Geflüster und Schrei kombinierten Beitrag enttäuscht.

Die Lieder, kombiniert mit der markanten Stimme eines Hugh Jackman, hätten Wunder bewirken können. Jedoch verzichtet der Film bedauerlicherweise auf diese Kombination und die Idee der Popsong-Auskopplungen wird nach nur einem weiteren Beitrag direkt wieder verworfen. Der originale Soundtrack ist aber durchweg gelungen, ganz besonders der Titelsong „I Believe“ von Christina Perri, welcher schon die perfekte musikalische Untermalung des Trailers zum Film bot. Das besondere Etwas wurde aber verpasst.

Die Last auf den Schultern von Levi Miller

Die Rolle des Peter übernimmt Jungdarsteller Levi Miller und zudem die Last eines gesamten Werks. Es ist immer wieder eine Herausforderung wenn Kinder einen Film stemmen müssen und ihre schauspielerische Leistung trägt in enormen Maße zur allgemeinen Ansicht des Films bei. Ich habe viele Filme gesehen in denen die kindlichen Schauspieler eine schauderhafte Leistung darbieten, aber ab und an gibt es auch Darsteller, die den großen Namen und Alteingesessenen die Schau stehlen.

Zuletzt in Erinnerung geblieben ist mir da Thomas Robinson aus Disneys Tomorrowland (2015), welcher, an der Seite von Britt Robertson, George Clooney überragte. Mit Tomorrowland wollte Disney endlich wieder einen großen Hit landen und fiel mit Karacho auf die Nase. Wird Warner Bros. Pictures mit Pan ein ähnliches Schicksal erleiden?

© Warner Bros.

Levi Miller erreicht zwar nie das Niveau von Robinson, kann sich aber neben Hugh Jackman hervortun und seinen Kompagnon Garrett Hedlund in jeder Szene übertrumpfen. Ihm fehlt zwar der gefühlvolle Ausdruck und eine gewisse Steifheit ist stets zu erkennen, aber eine solide Leistung darf man ihm nicht absprechen. Jackman, in der Rolle des Piraten Blackbeard, erinnert dagegen mit starken Übereinstimmungen an illustre Charaktere Johnny Depps aus seinen Kooperationen mit dem Filmstudio Disney (Fluch der Karibik-Reihe, Alice im Wunderland).

Ein wenig verrückt und überspielt aber durchweg unterhaltsam. Die darstellerische Leistung Jackmans muss man insgesamt als bemüht und passend umschreiben. In gewisser Weise sogar als nette Abwechslung zu seinem Prestigecharakter Wolverine und letztendlich wohl als die beste im gesamten Film.

Hook. Meine Name ist James Hook.

Garrett Hedlund dagegen ist eine absolute Enttäuschung. Als Indiana Jones des Nimmerlandes darf er keinen schlechten Witz und Slapstick auslassen und beschämenderweise muss man auch die Hollywood-typische Liebesgeschichte mit Schauspielkollegin Rooney Mara über sich ergehen lassen. Das Drehbuch meinte es mit diesen beiden Akteuren nicht gut.

Banale Charaktere

Kämpferisch und stark soll Rooney Maras Charakter der Tiger Lily sein. Sie wirkt letztendlich aber eher wie eine schlechte Kopie Zoe Saldanas aus Avatar – Aufbruch nach Pandora (2009). Und das dazu noch in groteskem Kostüm. Eine Fehlbesetzung, die zwar versucht den niveaulosen Auftritten entgegenzustehen, sich dadurch aber noch stärker ins Abseits begibt und als Fremdkörper wirkt.

Außerdem bekomme ich einfach nicht die Bilder ihres Auftritts aus David Finchers Verblendung aus dem Kopf, aber das ist wohl eher ein persönliches Problem. Getoppt wird diese Banalität nur von Adeel Akhtar, der einen eher peinlichen als unterhaltsamen Auftritt als tollpatschiger Verräter Sam Smiegel abliefern muss. Hier wurden interessante Charaktere regelrecht verheizt und der Verzicht des Drehbuchs auf interessante Aspekte dieser ist eine weitere Sorglosigkeit. Das kann auch eine Cara Delevingne als dreifache Meerjungfrau nicht mehr überbieten.

© Warner Bros.

Wir haben also nun eine Ansammlung aus schlechtem Drehbuch, durchschnittlichen bis peinlichen Charakteren und verpassten Möglichkeiten. Was kann den Film denn dann noch vor dem totalen Untergang retten? Drei Aspekte: das Setting, einer der besten 3D Effekte die ich seit Avatar – Aufbruch nach Pandora sehen durfte und die Selbstironie des Films.

Wunderschöne Landschaften in einer 3D-Welt

Das London zur Zeit des 2. Weltkrieges ist düster und beklemmend. Das Waisenheus wirkt abschreckend und nicht gerade einladend. Doch sobald die Piratenschiffe auftauchen wirft Pan jegliche Ernsthaftigkeit über Board und entführt uns in eine magische Parallelwelt. Jedenfalls möchte uns dies die kitschige Reise durch Wolken und Sternensysteme Richtung Nimmerland auftischen.

Kaum angekommen finden wir eine regelrechte Kopie der apokalyptischen Welt aus Mad Max: Fury Road (2015) vor, in der Kinder zu Sklavenarbeit gezwungen werden und bei Ungehorsam über die Planke gehen. So ganz kann sich der Film für keinen Stile entscheiden und wirkt inkonsequent. Überzeugt aber mit der Darstellung der einzelnen Landschaften. Auch später bei den Ureinwohnern ist der Dschungel ein optisches Highlight. Und das alles in scharfem 3D mit trickreichen Effekten.

Ich glaub‘ einfach nicht an Gute Nacht Geschichten.

Die Animationen dagegen wirken für millionenschwere Hollywoodproduktion stümperhaft. Wenn Peter fliegt wirkt das eher wie uralte Special-Effect aus dem Superman-Film von 1978. Nett anzusehen sind dagegen die Tode, denn anstatt blutiger Gedärme zerplatzen die Toten in bunten Farben – eine nette Spielerei. Einen regelrechten B-Movie-Charme entwickelt der Film aber mit seiner Selbstironie. Er versetzt sich immer wieder selbst Seitenhiebe, beispielsweise wenn sich Hook und Peter ewige Freundschaft schwören, die Kennern der Peter Pan Geschichte ein Schmunzeln abringen.

Regisseur Joe Wright ist Pan mit einer eigenen Vision angegangen, überfrachtet den Film allerdings mit zu vielen unterschiedlichen Elementen, die sich selten miteinander vertragen und letztendlich nur in einzelnen Szenen wirklich auftrumpfen. Ein kurioses Stückwerk, das vielleicht für ein Kind magisch wirkt aber ansonsten nicht zu überzeugen weiß!

Regie: Joe Wright
Drehbuch: Jason Fuchs
Musik: John Powell
Darsteller: Hugh Jackman, Levi Miller, Garrett Hedlund, Rooney Mara, Adeel Akhtar, Amanda Seyfried, Nonso Anozie, Cara Delevingne

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Bildrechte: Warner Bros.

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