Die Tribute von Panem – Mockingjay: Teil 1 (2014) | Filmkritik

Die Tribute von Panem - Mockingjay: Teil 1 (2014)

Nach Die Tribute von Panem und Catching Fire folgt nun der spektakuläre dritte Teil der Hunger Games-Saga. Katnis Everdeen (Jennifer Lawrence) wurde von den Rebellen schwer verletzt aus der Arena der Jubiläumsspiele gerettet und in dem zerstört geglaubten Distrikt 13 in Sicherheit gebracht. Ihre Heimat Distrikt 12 wurde in Schutt und Asche gelegt und Peeta (Josh Hutchersen) wird mit anderen Tributen im Kapitol gefangen gehalten. Für die Zwecke von Präsident Snow (Donald Sutherland) wird dieser für Interviewvideos eingesetzt und instrumentalisiert.

Katniss fühlt sich in Distrikt 13, einem unterirdischen Militärstaat, in dem klare Regeln herrschen, wie eine Fremde. Seine Bewohner lebten seit Jahrzehnten im Untergrund und bereiteten den Kampf gegen Snows Regime vor. Für die unterdrückte Gesellschaft wird Katniss zur heroischen Symbolfigur des Aufstands.

Als der Krieg ausbricht, der das Schicksal Panems für immer bestimmen wird, muss Katniss sich entscheiden: Kann sie den Rebellen um Präsidentin Coin (Julianne Moore) trauen? Und was kann sie tun, um Peeta aus den Fängen des Kapitols zu befreien?

Die Hungerspiele sind vorbei. Und damit verschwindet auch der grausige Schauplatz des Kapitols, in dem die Tribute auf ihren Todeskampf vorbereitet werden, sowie der Arenen, in denen die blutigen Gefechte stattfanden. Die Akteure sind nicht mehr unter gläsernen Kuppeln gefangen, sondern können sich nun selbstbestimmt mithilfe Verbündeter der anstehenden Rebellion widmen.

Mit den fehlenden Arenen geht ein entscheidender Blickfang verloren, der das Hauptmerkmal der letzten beiden Filme war. Andererseits öffnen sich den Machern damit gänzlich neue Möglichkeiten der Darstellung Panems in seiner Vielfalt. Eine neue Szenerie ist die des verborgenen Distrikts 13 tief in der Erde. Was die Protagonisten dort vorfinden, ist eine bunkerähnliche, militärbeladene Umgebung mit klaustrophobisch engen Räumen und kargen Farben, von der man sich optisch ein wenig mehr erhofft hätte.

Außerhalb des Distrikts finden sie zerbombte Städte und Ruinen vor. Die Bilder sind allesamt düster und niederschmetternd. Hier prallen nicht mehr verwahrloste Distrikte auf die schillernde Kreativität des Kapitols. Hier liegt das Augenmerk auf Zerstörung und Tod und dem bevorstehenden Kampf, der dies alles beenden kann.

Die grausige Realität des Krieges wird nun in Die Tribute von Panem – Mockingjay: Teil 1 in noch erschütternden Bildern als in Catching Fire gezeigt: Zusammengedrängte Menschen, Hinrichtungen, sich opfernde Rebellen. Schwenks zu anderen Distrikten und wie diese sich am Kampf gegen das Regime um Snow beteiligen, bieten eine willkommene Abwechslung von der alleinigen Perspektive von Katniss in Distrikt 13.

Die Optik der unterirdischen Stadt, die wie ein Labyrinth wirkt, bleibt eintönig, dafür werden die gewaltigen Hovercrafts umso mehr in Szene gesetzt und durch den gesamten Film hinweg an Actionszenen mit einfallsreichen Stunts nicht gespart. Seien es Bombenabwürfe oder die spektakuläre Sprengung eines Dammes.

Francis Lawrence (I Am Legend) übernahm nach Catching Fire erneut die Regie und führt die Erfolgsgeschichte der Zukunftsdystopie weiter. Schnell taucht die Frage auf, ob man einen letzten Teil unbedingt in zwei Teile a la Harry Potter und Twilight hätte aufsplitten müssen. Zumindest räumt diese Ausdehnung den Charakteren viel Raum ein, sich zu entwickeln. Die Panem-Reihe ist und bleibt eine Verfilmung, die sich zum großen Teilen durch ihre Hauptdarstellerin auszeichnet. Jennifer Lawrence ist ein Naturtalent mit einer unvergleichbaren Leinwandpräsenz. Die Veränderungen, die Katniss bis zum dritten Teil durchmacht, sind einzigartig von der Oscargewinnerin umgesetzt.

Wollte Katniss im ersten Teil noch sich selbst retten, waren es in Teil zwei ihre Familie und Peeta. Jetzt in Teil drei erkennt sie, dass ihr Handeln eine ganze Nation betrifft und über deren Zukunft entscheiden könnte. Während dieser neuen verantwortungsvollen Aufgabe muss sie die traumatischen Erlebnisse aus den Arenen verarbeiten.

Lawrence zeigt eindrücklich die innerliche und äußerliche Veränderung der Protagonistin, die eher widerwillig als symbolträchtiger Spottölpel fungiert. Um Peeta zu retten hat sie jedoch keine andere Wahl und posiert für eine Reihe von Propagandavideos, die den Aufständigen Mut machen sollen, sich am Kampf gegen das Kapitol zu beteiligen. Diese Entwicklung von einer Kämpferin um ihr eigenes Überleben bis zur Anführerin einer gigantischen Revolution, geht allemal unter die Haut und projiziert tiefe Emotionen auf die Leinwand.

In Mockingjay sammelt sich die Creme de la Creme der Hollywood-Größen. Neu im Team ist Julianne Moore (Maps to the Stars), die als entschlossene und zugleich undurchsichtige Präsidentin von Distrikt 13 überzeugt. Den zu Beginn des Jahres verstorbenen Philipp Seymore Hoffman (Capote) sehen wir hier leider in seiner letzten Rolle. Erst jetzt zeigt er das wahre Gesicht von Plutarch Heavensbee, der der eigentlich führende Kopf der Rebellion ist und in Katniss den Schlüssel zum Sieg sieht.

Das Drehbuch orientiert sich wie in den Vorgängern wieder nah an der Romantrilogie. Danny Strong (Der Butler) und Peter Craig (The Town) schrieben dieses gemeinsam mit Autorin Suzanne Collins. Eine der wenigen Abweichungen zur Buchvorlage ist die zugefügte Rolle von Effie Trinket (Sarah Banks), die ursprünglich nicht nach Distrikt 13 gebracht wurde. Ihre quirlige Art hat es schwer, in der düsteren Enge des Untergrunds zu Geltung zu kommen, doch während sie Katniss für die Videos in Szene setzt und in ihrem Element ist, versprüht sie die nötige Wärme zwischen all dem Kriegsgeschehen.

Dahingegen kommt Woody Harrelsen äußerst kurz. Da auch an seinem Charakter Haymitch die Ereignisse nicht spurlos vorüber gegangen sind, wartet man auf seine bissigen Kommentare vergeblich.

Die Beziehung zu ihrer Schwester Prim (Willow Shields) nimmt in den Katakomben von Distrik 13 eine zentrale Rolle ein und erinnert daran, warum Katniss überhaupt an den Spielen teilnahm. Auch Gale (Liam Hemsworth) bleibt die treibende Kraft hinter ihr, hält seine Gefühle jedoch zurück. Neu im Team sind das Kamerateam rund um Regisseurin Cressida (Natalie Dormer), das Katniss begleitet und für Propagandavideos einsetzt.

Suzanne Collins Trilogie zählt zu den größten Buchhits der letzten Jahre. Wie auch im Roman wird jeder Teil düsterer und grausamer. James Newton Howard widmet sich musikalisch wieder dem Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnung und Niederlage. Er und Sängerin Lorde, die den Titelsong „Yellow Flicker Beat“ eigens für den Film schrieb, stellten den Soundtrack zusammen.

Die Frage nach der Notwendigkeit einer Aufsplittung von Suzanne Collins’ schaurig visionärem Dreiteiler in vier Filme kann ohne Bedenken beantwortet werden: unbedingt! Die Romanvorlage bietet genügend Stoff zum verfilmen und Die Tribute von Panem – Mockingjay: Teil 1 wirkt an keiner Stelle seiner 125 Minuten unnötig in die Länge gezogen. Francis Lawrence schafft für Fans noch mehr Panem voller Action. Mockingjay Teil 1 trumpft mit starken Bildern und Emotionen und steht seinen beiden Vorgängern in nichts nach.

Regie: Francis Lawrence
Drehbuch: Peter Craig, Danny Strong
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Woody Harrelson, Elizabeth Banks, Sam Claflin, Jeffrey Wright, Julianne Moore, Stanley Tucci, Philip Seymour Hoffman, Donald Sutherland, Willow Shields, Natalie Dormer, Evan Ross, Elden Henson, Wes Chatham

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1 Kommentar(e)

franziska-t 29. März 2015 - 22:21
Mir hat der Film auch unglaublich gut gefallen, was natürlich insbesondere an Jennifer Lawrences fantastischer schauspielerischer Leistung liegt. Die Verzweiflung nimmt man ihr zu jedem Zeitpunkt ab, ihr "The Hanging Tree" war völlig zu Recht wochenlang in den Charts. Der Film setzt weiterhin Maßstäbe (gerade in Bezug auf andere YA-Ableger wie DIVERGENT oder THE MAZE RUNNER) und macht Lust auf den zweiten Teil.
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