Interstellar (2014) | Filmkritik

Interstellar

Den meisten Menschen ist es kaum bewusst, wie unendlich unser Universum doch ist. Ein Blick hoch in den sternenklaren Nachthimmel lässt uns nur erahnen, was uns dort draußen, in den enormen Weiten allein unserer Galaxis, welche wir liebevoll Milchstraße genannt haben, erwartet.

Milliarden von Sternen allein in diesem Erscheinungsbild und irgendwo dort sitzen wir, auf der Erde und kreisen seit kaum vorstellbarer Zeit um eine Macht, welche wir Sonne nennen.

Die Menschheit wurde auf der Erde geboren, sie muss aber nicht hier sterben

Wir stehen noch immer an den Anfängen der Raumfahrt und auch wenn wir mittlerweile nicht nur unseren stetigen Gefährten, den Mond, besucht haben, sondern auch erfolgreich Missionen zum Mars unternehmen, sind andere Galaxien, ja überhaupt andere Sonnensysteme noch für etliche Zeit außerhalb unserer Reichweite. Um jedoch einen Blick in diese weit entfernte Zukunft des Menschen zu werfen, behelfen wir uns unserer Fantasie und erschaffen in der Science Fiction mögliche Zukunftsszenarien.

Wir bereisen in zahlreichen TV-Serien erfolgreich das Universum, treffen in etlichen Kinofilmen auf außerirdische Lebensformen und ergötzen uns an einer Zukunft, welche wir in unserer Lebensspanne wohl nie erleben werden.

© Warner Bros (Universal Pictures)

Doch was würden wir unternehmen, wenn der Mensch auf der Erde kurz vor seinem Untergang steht? Wenn Klimawandel und andere Naturphänomene uns Tag für Tag um unserer Überleben kämpfen lassen würden? Wenn ertragreiche Ernten der Vergangenheit angehören würden und wenn die Menschheit kurz vor ihrem Exitus stehen würde?

Erfolgsregisseur Christopher Nolan verfasste zusammen mit seinem Bruder Jonathan Nolan ein Drehbuch, welches sich genau dieses Szenario als Grundlage ausgesucht hat und bringt uns mit Interstellar einen Film, welcher an die Grenzen von Raum und Zeit geht und vielleicht sogar darüber hinaus.

Ein Neubeginn für die Menschheit

Die Erde stirbt, die Ressourcen schwinden und auf der Erde existieren nur noch wenige Menschen. Einer von ihnen ist der ehemalige Astronaut Cooper (Matthew McConaughey), welcher mit seiner Familie nun als Farmer in den USA um sein Überleben kämpft. Doch außer Mais will auf den Feldern nichts mehr wachsen, denn immer wieder türmen sich die Wolken am Horizont, verdunkeln den Himmel und bringen Staub, Mehltau, Unfruchtbarkeit und den Tod.

Das Ende ist für den leidgeprüften Farmer nur eine Frage der Zeit, doch er will sich seinem Schicksal nicht einfach so beugen.

Ein Rest von Widerstand steckt in ihm und dieser alte amerikanische Pioniergeist, diese Unfähigkeit, sich geschlagen zu geben führt ihn schließlich zu der Wissenschaftlerin Amelie Brand (Anne Hathaway) und ihrem Vater (Michael Caine), welche für die NASA an einem Plan für die Rettung der Menschheit arbeiten. Denn in der Nähe des Saturn ist ein Wurmloch erschienen, welches für die menschliche Rasse einen Neubeginn bedeuten könnten.

© Warner Bros (Universal Pictures)

Wir wollen an dieser Stelle auch nicht viel mehr über die Handlung verraten, denn Interstellar ist ein Film, welcher insbesondere von seiner Geschichte, seinen Wendungen und Ereignissen lebt. Natürlich gibt es auch die ein oder andere aktionreiche Sequenz und die visuellen Effekte sind, wie bei einem Weltraumepos nicht anders zu erwarten, überwältigend, aber es ist diese Geschichte, dieser Ruf in die Unendlichkeit, das Verlangen zu verstehen, hautnah zu erleben, was uns dort in den Weiten der Dunkelheit erwarten könnte, was diesen Film ausmacht.

Ein Epos über die Raumfahrt

Christopher Nolan konnte als Regisseur bereits im Jahr 2000 mit dem komplexen Film Memento (2000) auf sich aufmerksam machen, welcher auf der Kurzgeschichte Memento mori seines Bruders Jonathan basierte. Doch spätestens seitdem er Warner Bros. mit dem düsteren Reboot der Batman-Filme Batman Begins (2005), The Dark Knight (2008) und The Dark Knight Rises (2012) Milliarden in die Kassen spülte, ist er einer der erfolgreichsten Regisseure Hollywoods und wohl jedem Zuschauer ein Begriff.

Und so kommt es nicht von ungefähr, dass sich Christopher Nolan an ein knapp dreistündiges Epos über Raumfahrt wagen darf, welches wohl in keinster Weise typisch Hollywood ist, kein Popcorn-Event oder gar ein Familienfilm.

Auf den Spuren Kubricks

Mit Interstellar möchte Christopher Nolan sein persönliches Meisterstück kreieren und muss sich daher schlussendlich mit Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum (1968) messen. Zu diesem Zweck scharrt Nolan die derzeitige Elite an Charakterdarstellern Hollywoods zusammen. Dass der ehemalige Frauenschwarm Matthew McConaughey mittlerweile einer der gefragtesten Darsteller Hollywoods ist, dürfte weitgehend bekannt sein, und dass er in seriösen Rollen mit einem kaum verkennbaren Charme brilliert kann spätesten seit Dallas Buyers Club (2013) und der TV-Serie True Detective keiner mehr verneinen.

© Warner Bros (Universal Pictures)

Und auch in Interstellar ist es McConaughey, welcher den Ton angibt. Seine Präsenz gibt den Ton der jeweiligen Szene an, seine Darstellung lässt einen mitfiebern und trägt einen durch die gesamte Laufzeit. Da treten selbst die genial dargestellten Künste großer Schauspieler wie Anne Hathaway, Matt Damon und Michael Caines in den Hintergrund.

Hans Zimmer lässt die Boxen dröhnen

Eine weitere besondere Leistung, wenn auch nur in einer Nebenrolle, müssen wir Casey Affleck zuschreiben, welcher als Sohn von McConaugheys Charakter auf der Erde um sein Überleben kämpft, während sein Vater versucht das der Menschheit zu retten. Denn es ist wirklich eine Leistung, wenn der Zuschauer aus dem Bann von McConaugheys Schauspiel gezogen wird, um sich plötzlich auf einen Nebendarsteller zu konzentrieren, welcher zum großen Teil nur mit seiner Mimik zum Ausdruck bringt, wie hart das Überleben auf der Erde geworden ist.

Diese Emotionen werden von einer epochalen musikalischen Untermalung begleitet, welche von keinem anderen als Hollywood-Liebling Hans Zimmer beigesteuert wurde. Es kommt in Interstellar nicht selten vor, dass die Boxen im Kino so stark dröhnen, dass man sich tatsächlich in der aktuellen Szene anwesend fühlt. Ein atemberaubendes Gefühl, welches besonders durch die total stillen Momente im Weltall, wo auf Grund der Physik keinerlei Geräusch existieren kann, noch einmal bestärkt wird.

Das Fass läuft über

Christopher Nolan hat also eigentlich alles für einen perfekten Film. Überwältigende Darsteller, eine epochale Geschichte und eine unvergleichliche Musik. Ein Film, welcher von seinen Gefühlen lebt. Von den Reaktionen der Darsteller auf die Extreme, welchen sie ausgesetzt werden, wenn sie ihre Reise ins Unbekannte wagen. Doch Interstellar schafft es nicht auf eine Ebene mit Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum. Es ist wie einst bei Inception (2010).

Doch fehlt dieses Mal nicht der letzte Tropfen, welcher das Fass zum Überlaufen bringt, sondern es ist der Tropfen zuviel, welcher das Fass überlaufen lässt. Interstellar ist ein großartiger Film, ein Film welchen man gesehen haben muss und ein Film, welcher seines Gleichen sucht und wohl nur in 2001 – Odyssee im Weltraum seinen Meister findet.

© Warner Bros (Universal Pictures)

Aber er hat auch seine Mängel und das sind nicht nur die doch zahlreichen logischen Fehler, welche den Brüdern Nolan in ihrer Geschichte unterlaufen. Es ist vielmehr das, was sie zuviel erzählen. Während man bei Inception wie einst bei 2001 – Odyssee im Weltraum noch Jahre später über das Ende, über die Beweggründe, über das Wieso und das Warum philosophieren konnte, möchte Interstellar zu viel erklären. Eine Antwort auf jede Frage, doch meist stellt sich erst gar nicht die Frage für welche uns eine Antwort geliefert wird.

Faszination des Unfassbaren

Es ist schade, dass mittlerweile selbst ein Christopher Nolan, diese Größe Hollywoods, letztendlich von dem Impuls unserer Zeit getrieben wird, diesem Drang, dass kein Ende unerklärt bleiben darf, kein loses Ende zurückbleibt, keine Geschichte ohne Ende existieren darf. Muss man denn wirklich immer jedes Rätsel erklären und erläutern?

Gerade bei einem Science Fiction Film ist es doch gerade das Ungreifbare, das uns fasziniert. Darf sich ein Kinozuschauer am Ende des Films nicht mehr verwirrt am Kopf kratzen müssen?

Und da liegt der störende Unterschied zu Stanley Kubrick. Früher erkannte man große Filmemacher an ihrer Ignoranz der erzählerischen Bürokratie. Daran, dass sie die Macht hatten, diese Zwänge einfach zu ignorieren. 2001 – Odyssee im Weltraum ist so ein Werk, welches noch heute Menschen verwirrt den Kopf kratzen lässt. Interstellar dagegen ist ein Erlebnis, welches sich zu erklären versucht.

Regie: Christopher Nolan
Drehbuch: Jonathan Nolan, Christopher Nolan
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain, Michael Caine, Bill Irwin, Ellen Burstyn

Handlung:

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Bdildrechte: Warner Bros (Universal Pictures)

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