Byzantium (2012) | Filmkritik

Byzantium

Eleanor Webb (Saoirse Ronan) steht an einem Fenster und wirft in Gedanken versunken einen Zettel nach dem anderen hinaus. Auf diesen ist eine Geschichte niedergeschrieben, die sie niemals erzählen darf. Eine Geschichte über ihr Leben und das ihrer Mutter. Eine Geschichte voller Leid und Angst.

Seit über 200 Jahren befinden sich Eleanor und ihre Mutter Clara (Gemma Arterton) auf der Flucht. Als einzige weibliche Vampire werden sie von einer geheimen Bruderschaft gejagt und finden niemals Ruhe. Während sich Clara mit dem rastlosen Leben abgefunden hat und stetig auf der Suche nach einer neuen Unterkunft ist, die als Versteck dient, sehnt sich Eleanor nach einer festen Bleibe – einem Ort, den sie Zuhause nennen kann.

Als Mutter und Tochter in einem verschlafenen Seebad eintreffen, scheinen sie endlich am Ziel ihrer langen Reise angekommen zu sein. In dem alten Hotel Byzantium finden sie Zuflucht und Geborgenheit. Während Clara sich dem Außenseiter Noel (Daniel Mays) nähert, lernt Eleanor ihren Kommilitonen Frank (Caleb Landry Jones) kennen.

Doch der neu gewonnene Frieden ist nur von kurzer Dauer: Die gefährliche Bruderschaft, die ihren Spuren seit Ewigkeiten folgt, zieht immer engere Kreise. Eleanor und Clara müssen sich ihrer dunklen Vergangenheit stellen.

Im Jahr 1994 führte der Reporter Daniel Malloy ein Interview mit dem Vampir Louis de Pointe du Lac, der von seinem Leben in den verschiedenen Jahrhunderten berichtet. 18 Jahre später widmet sich Regisseur Neil Jordan nach seinem Fantasyfilm Interview mit einem Vampir abermals den bissigen Blutsaugern.

Im Mittelpunkt stehen dieses mal mit Eleanor und Clara jedoch die weiblichen Vertreter dieser Brut, welche für die ausschließlich männliche Bruderschaft eine Gefahr darstellen. Der Fokus liegt dabei stark auf der ewig 16-jährigen Eleanor, die von der Schauspielerin Saoirse Ronan (In meinem Himmel) verkörpert wird. Ihre Figur ist ein verschlossenes Buch, welches aber von der Welt gelesen werden will. Still und ruhig sucht sie nach einer festen Heimat, in der sie nach 200 Jahren endlich das Leben einer Teenagerin ausleben kann.

Die Britin Gemma Arterton spielt in der Rolle der Mutter Clara den Gegenpol. Wild, rastlos und zügellos kämpft sich diese Blutsaugerin durch das Leben. Ihre einzige Schwachstelle dabei ist ihre Tochter, die sie nicht ziehen lassen kann. Das Zusammenspiel der beiden Frauen funktioniert dabei einwandfrei und die Schauspielerinnen liefert eine einfühlsame und glaubhafte Darstellung.

Diese Mutter-Tochter-Geschichte wird gestört durch das Auftauchen von Frank, dargestellt von Caleb Landry Jones, der sich in das 16 Jahre alte Mädchen verliebt und hartnäckig um ihre Aufmerksamkeit kämpft. Alle drei Hauptcharaktere sind im Inneren stark verletzt und suchen nach Geborgenheit, die sie seit einer Ewigkeit nicht finden können. Das Zusammenspiel des Casts ist dabei stellenweise stark verklemmt wenn es um Emotionen geht und wirkt dadurch doch so ehrlich.

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Bei der Erzählstruktur des Films nimmt sich Regisseur Neil Jordan viel Zeit für seine Charaktere und erzählt in Rückblenden Stück für Stück aus dem Leben der kleinen Vampirfamilie. Etwas flacher fällt leider die Handlung in der Gegenwart aus, denn keine Figur kann sich wirklich weiterentwickeln. Gefangen in einem unsterblichen Körper ist dieser kurze Lebensauszug lediglich eine Belanglosigkeit im großen Ganzen. Die Bilder auf der Leinwand werden durchgehend von einem melancholischen Unterton begleitet und wenig Farbe hat es in das Werk geschafft – einzig das präsente Blutrot erinnert immer wieder an den Hintergrund der beiden hungrigen Frauen.

Insgesamt muss man sagen, dass sich das Werk auch nur hintergründig mit den Vampirklischees auseinandersetzt. Knoblauch, Sonnenlicht und derartige Mythen werden kaum bis gar nicht erwähnt und viel stärker dominiert die Beziehung der weiblichen Protagonistinnen, die nach Jahren des Zusammenseins der Gemeinschaft überdrüssig sind. Die Geschichte einer fürsorglichen Mutter, die ihr Kind nicht in die große, weite Welt lassen will und sich an alte Zeiten klammert. Während die Tochter darum kämpft endlich ein eigenes Leben führen zu können.

Mit Interview mit einem Vampir konnte Neil Jordan einst einem sterbenden Genre neues Blut einflößen und auch Byzantium erschien zu einem Zeitpunkt als die große Vampirwelle bereits abflachte. Dieses Mal konnte er den blutsaugenden Nachtgestalten jedoch nicht zu einem neuen Festmahl verhelfen und so langsam ist die Zeit für neue Monster gekommen.

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