Killing Them Softly (2012) | Filmkritik

Killing Them Softly (2012)

Vor einigen Jahren hat Markie Trattman, Leiter einer kriminellen Poker-Runde, zwei Männer engagiert, die seine Poker-Runde überfallen haben. Obwohl man ihn damals der Tat verdächtigte, kam er doch ungeschoren davon. Später offenbarte er jedoch in feucht-fröhlicher Gesellschaft, dass er damals der Drahtzieher war und das Geld in seine eigene Tasche wanderte.

Johnny Amato, ein Wäschereibesitzer mit kriminellen Zügen, sieht nach diesem Geständnis seine Chance aufs große Geld gekommen. Er heuert die Handlanger Frankie und Russell als Komplizen an, um den Job zu erledigen. Jeder wird denken, dass Markie erneut sein eigenes Pokerspiel ausgeraubt hat.

Der Überfall verläuft wie geplant ohne Probleme und Markie steht tatsächlich als Bauernopfer dar. Damit aber nicht genug – Jackie Cogan wird involviert und soll Jagd auf die Diebe machen. Seine Methoden sind dabei alles andere als konventionell.

Aber es kommt zu einigen Problemen. Nicht nur, dass seine Auftraggeber von Bürokratie und Unentschlossenheit gelenkt werden, auch sein Partner Mickey aus New York entpuppt sich als unzuverlässiger Säufer, der seine Zeit lieber mit Prostituierten verbringt.

Zudem will Cogan seiner Angewohnheit treu bleiben seine Opfer nur „weich“ zu töten. Ein Hindernis folgt dem nächsten…

Vorweg sei direkt gesagt, dass Andrew Dominiks Neo-Noir Killing Them Softly nicht dem Standard im Gangster-Movie-Genre nacheifert und auch kein Scorsese ist, aber auf seine eigene Art erfrischend unterhält. Die Dialoge werden glaubwürdig und ausführlich in herbem Ton geführt, die Gewalt wirkt so real wie selten zuvor und jede Szene ist sanft mit wirkungsvoller Musik untermalt. Zuschauer dagegen, die jede Menge Action, explodierende Autos und endlose Schießereien erwarten, werden endlos enttäuscht, denn Killing Them Softly setzt auf Realismus, Realismus wie er nur selten in Hollywood zu sehen ist.

Auf Grund der Erzählstruktur wird der Film mit seinen eher schleppenden Dialoge nicht nur Anhänger finden, denn im Gegensatz zu den kultigen Dialogen aus den Tarantino Filmen fehlt ihnen zwar der Witz, an Charme mangelt es ihnen jedoch nicht. Und doch leiten diese realen Dialoge, welche einem das Gefühl direkter Zugehörigkeit und Betroffenheit vermitteln, Killing Them Softly und brechen das alte cineastische Maxim von „zeigen, nicht erzählen“.

Die Gewalt ist erbarmungslos, denn man möchte keine Hollywood-Klischees erfüllen, sondern so realistisch wie möglich die Gefahr und Angst rüberbringen. Wenn einmal Gewalt angewandt wird, ist diese brutal und deftig. Jeder Schuss ist so laut, als würden einem die Trommelfelder zerplatzen. Man befindet sich immer mitten im Geschehen. Und das Gefühlt verfolgt einen über die gesamte Laufzeit.

Zu diesem Zweck wurde auch die Musik auf ein Minimum reduziert, um Gewalt und Dialoge nicht zu verfälschen. Wenn jedoch Musik eingespielt wird dann überlegt und meist um die Erzählgeschwindigkeit zu verdeutlichen. Diese Armut baut gekonnt Spannung auf und verrät nicht gleich die nächsten Aktionen, alles soll eine Überraschung bleiben. Außerdem führt der Verzicht auf übermäßige Musikuntermalung erneut zum bereits erwähnten Gefühl der Teilnahme, denn der Zuschauer fühlt sich als neutraler Beobachter, jedoch als Beobachter, welcher das Geschehen hautnah erlebt und jederzeit in die Geschehnisse eingreifen könnte.

Die rar gesäten Schnitte und langgezogenen Szenen kommen den Charakteren zugute, die dadurch ihren persönlichen Charme entwickeln können und ihre Persönlichkeit besser rüberbringen. Zudem verzichtet der Film komplett auf einen Helden. Alle auftauchenden Charaktere sind auf ihre ganze eigene Art und Weise mit dem Gesetz in Konflikt. Das Werk schildert die kriminellen Machenschaften aus der Sicht der Opfer und Täter – Sympathieträger sind hier völlig fehl am Platz.

Bereits die Eröffnungsszene zeigt uns einen Junkie im kalten, nassen Wind von New Orleans, verloren im Wirbel von Müll. Hoffnungslosigkeit bestimmt das Gesamtbild. Die Figuren in Killing Them Softly sind nicht zu den Verbrechern geworden, die sie sind, weil sie besonders böse sind, sondern weil sie keine andere Wahl hatten und sich ihnen finanziell keine lukrativere Arbeit bietet. Dabei missachten sie auch jegliche Konsequenzen, die ihr kriminelles Dasein mit sich bringt.

Regisseur Andrew Dominik verzichtet auf gekünstelte Schönmalerei eines Charakter und konfrontiert den Zuschauer bewusst mit zwielichtigen Gestalten. Es gibt keinen Favoriten, niemanden für den man größere Sympathien empfindet. Alles bewegt sich auf dem gleichen, bösartigen Level. Die Charaktere sind ohne Frage bösartig, aber interessant.

Brad Pitt brilliert in seiner Rolle als ruhiger Auftragsmörder mit gewissem Hang zur Theatralik geradezu. Wie schon einst in Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford spielt er seinen Charakter scharfsinnig, aber dennoch mit der benötigten Portion eines Soziopathen, der sich kräuselnd durch die Handlung bewegt.

James Gandolfini dagegen spielt auf exzellente Weise einen trinkenden Auftragsmörder, über dessen Haupt der Pleitegeier schwebt. Wie einst in der Erfolgsserie Die Sopranos glänzt er mit seiner gesamten schauspielerische Kunst, bildet einen gewissen Kontrast zu dem ansonsten trüben Bild, ohne jedoch zu exzentrisch zu wirken.

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In frühere Rollen eines manischen Gangsters wie einst in Goodfellas verfällt dagegen Ray Liotta und bietet uns eine groteske Auferstehung seiner Paraderolle. Richard Jenkins in seiner Darstellung der Kontaktperson wirkt wie in vielen seiner Rollen pathetisch, schafft es aber gekonnt den Ton des Films zu treffen und mit seiner ruhigen Art die Nachrichten der Mafia weiterzugeben und das Kopfgeld mit Cogan (Brad Pitt) zu verhandeln. Auch die von Scoot McNairy, Ben Mendelsohn und Vincent Curatola dargestellten Rollen fügen sich reibungslos in das Gesamtbild des Films ein.

Brad Pitt und Andrew Dominik präsentieren uns mit Killing Them Softly einen grandiosen Film in Anlehnung an die schmucken und harten Gangsterfilme der 1970er. Eine lose Adaption des herausragenden Romans „Cogan’s Trade“ von George V Higgins aus dem Jahr 1974. Eine durchgehend elegante und stilistisch intelligent gestaltete schwarze Komödie.

Das Drehbuch, das Schauspiel, die Regie, alle wurden in ihrer Weise perfekt auf den Film zugeschnitten und lobend ausgeführt. Und obwohl der Film sehr pessimistisch gesehen werden kann, überbringt er doch eine Botschaft, eine, die immer galt und auch in Zukunft nachhallen wird.

Doch im Gegensatz zu kürzlich erschienenen Filmen wie Wall Street: Geld schläft nicht oder Der große Crash – Margin Call, welche ebenfalls die Finanzkrise von 2008 thematisieren, spricht Killing Them Softly das Thema ungeschminkt an und versucht gar nicht erst seine Kritik zu verstecken. All dies geschieht vor dem Hintergrund der US Amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2008 und der globalen Finanzkrise. Unter dem Slogan „Change“ hofft die amerikanische Bevölkerung auf einen Wandel, wirtschaftlichen Aufschwung und einfaches Geld.

America isn’t a country. It’s a business.

Regisseur und Drehbuchautor Andrew Dominik benutzt auf erfrischende Weise eine Bande von Kriminellen als Metapher für die verheerende Finanzkrise und ihre weltweiten Auswirkungen. Leider besaß er kein Vertrauen in die Zuschauer und ihre Fähigkeit diese Verbindungen selber zu entdecken oder ihre eigene Meinung zu bilden, denn er füttert den Zuschauer häppchenweise mit seiner eigenen Auslegung und verpasst damit den tieferen Sinn.

In seiner Gestaltung verleiht Dominik dem Film einen schmutzig, seichten Anblick und präsentiert das Drehbuch so derb und pessimistisch, wie es gewollt war. Man merkt sofort, dass er seine erschaffenen Charaktere bis ins kleinste Detail kennt und liebt und lässt ihnen den nötigen Spielraum für ihre Entwicklung.

Auch wenn die politische Botschaft ein wenig grob aufgetragen wirkt und in ihrer repetierenden Art und Weise überheblich daherkommt, ist Andrew Dominik ein bemerkenswerter Gangsterfilm gelungen, welcher in Erinnerung bleibt und mit seiner Gestaltung provoziert. Außerdem zeigt Brad Pitt der Welt ein weiteres Mal, dass er tatsächlich der großartige Schauspieler ist, den der Hype um seine Person kreiert.

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