Im Jahr 1927 stellt Stummfilmstar George Valentin (Jean Dujardin) seinen neuesten Film „A Russian Affair“ vor und das Publikum ist wie immer begeistert. Als er sich nach der Premiere außerhalb des Kinos der Presse präsentiert, stolpert die junge Peppy Miller (Bérénice Bejo) zufällig in den Mittelpunkt des Geschehens und nutzt die Gunst der Stunde. Sie küsst den Filmstar und landet am folgenden Tag mit Valentine auf der Titelseite der Variety. Die Überschrift lautet: „Who’s That Girl?„.
Anschießend bewirbt sich Peppy Miller für eine kleine Rolle als Tänzerin in einem Film. George Valentin, der ebenfalls an dem Film mitwirkt, erkennt die schöne Frau wieder und nimmt sie gegen Willen des Studiobosses Al Zimmer (John Goodman) bei den Kinograph Studios auf. Mit der Hilfe von Valentine klettert Peppy Miller immer weiter die Karriereleiter hinauf und besetzt immer größere Rollen.
Zwei Jahre später kommt es zu einem großen Umbruch bei den Kinograph Studios. Al Zimmer kündigt an, dass alle Stummfilmproduktionen gestoppt werden und fortan der Tonfilm die Zukunft sei. Valentine lehnt diesen Wandel ab und sagt, dass diese neumodische Technik sich niemals durchsetzen wird. Mit dem Ziel einen eigenen Stummfilm zu verfilmen, verlässt er das Studio. Während seine Karriere jedoch von nun an immer schneller bergab geht, avanciert Peppy Miller zum gefeiert Star des Tonfilms und zum Liebling des Publikums. Die glorreichen Tage von George Valentine scheinen ein bitteres Ende zu nehmen.
„We didn’t need dialogue. We had faces!“ sagte einst die narzisstische Norma Desmond (Gloria Swanson) in Billy Wilders Boulevard der Dämmerung und huldigte damit den großen Tagen der Stimmfilmzeit.
Im Jahr 1927 feierte der Film The Jazz Singer seine Premiere als erster abendfüllender Tonfilm. Der Durchbruch für den Farbfilm kam 1937 mit Disneys Zeichentrickfilm Schneewittchen und die sieben Zwerge. 2011 scheint der französische Regisseur Michel Hazanavicius, bekannt durch seine Agentenparodien OSS 117 – Der Spion, der sich liebte (2006) und OSS 117 – Er selbst ist sich genug (2009), diese Revolutionen der Filmwelt verdrängt zu haben und realisiert mit The Artist eine von Musik und Schauspiel getragene Hommage an die großen Stummfilme der Vergangenheit.
Von Anfang bis Ende können sich die Augen des Zuschauers nicht von dem charmanten Lächeln Jean Dujardins als George Valentin oder den funkelnden Augen Berenice Bejos als Peppy Miller lösen. Ihre Gesichter beherrschen die Leinwand mit einer elektrisierenden Anziehungskraft und damit stehlen sie nicht nur jede Szene, sondern gar jeden Dialog.
Neben diesen beiden französischen Hauptdarstellern beinhaltet das Schwarz-weiß-Werk jedoch noch zahlreiche bekannte Gesichter aus Hollywood. Wenn auch mit wenigen Auftritten, verkörpert John Goodman den grimmigen Studioboss und überzeuget mit wütenden Gesichtszügen in dieser Rolle. Sympathischer und deutlich häufiger tritt James Cromwell (Six Feet Under – Gestorben wird immer) als Chauffeur Clifton auf, der dem Hauptdarsteller Valentine in guten und schlechten Zeiten niemals von der Seite weicht.
Bezaubert in jeder Szene und lebensrettend für George Valentine jedoch auch Jack – der Hund. Sollte es einen Oscar für die beste Leistung eines tierischen Akteurs geben, wäre die Entscheidung in diesem Jahr keine schwere. Aufopfernd und niedlich unterstützt der Hund mit etlichen Tricks den Film.
Es ist beeindruckend zu sehen, wie schnell man sich in der heutigen Zeit noch von einem Stummfilm fesseln lassen kann und die nicht gesprochenen Worte der Schauspieler allein durch ihre Gestik und Mimik zu verstehen sind. Einzig bei der Handlung verlässt man sich auf eine klassische Liebesgeschichte und scheint so auch hier auf alte Elemente zu vertrauen. Doch dieses Manko wird in The Artist bewundernswert überspielt, so dass man sich nach 100 Minuten Laufzeit erbittert ein Happy End für den gefallenen Schauspieler George Valentine wünscht.
The Artist ist eine beeindruckende Reise zurück in die Hochblüte der Stummfilme und ein Ausflug den man in Zukunft noch das ein oder andere mal antreten will. Wie der Titel es schon verlauten lässt – wahre Kunst.
Regie: Michel Hazanavicius
Drehbuch: Michel Hazanavicius
Musik: Ludovic Bource
Schauspieler: Jean Dujardin, Bérénice Bejo, Uggie, John Goodman, James Cromwell, Missi Pyle, Penelope Ann Miller