Wenn der Herbst Einzug hält und trister Nebel und Trostlosigkeit nicht gerade nach draußen locken, legt man sich gerne mal aufs Sofa und wirft den Fernseher an. Doch da das TV-Programm oft genauso trübe wie das Herbstwetter daherkommt, ist eine DVD oder Blu-ray in solchen Fällen oftmals die letzte Rettung. Am 5. November erscheint nun mit StreetDance 3D der erste Tanzfilm auf Blu-ray 3D. Und dieses hochauflösende Knallbonbon sollte den Herbst-Blues in Null-Komma-Nix wegpusten, seinen Betrachtern farbenfroh ins Auge springen und rosige Wangen bescheren. Schärfer war Blu-ray nie! Um die letzten Geheimnisse der 3D-Technik im Blu-ray-Gewand zu lüften, stellen wir unsere Fragen einem wahren Experten: Gerold Marks betreibt den Blog DigitaleLeinwand.de, Deutschlands größte Website zum Thema 3D, und ist ein ausgewiesener Kenner der dreidimensionalen Unterhaltungswelten.
Komplette Interview:
Seit meiner Kindheit bin ich begeistert von optischen Täuschungen. Wenn man es genau nimmt, ist auch ein Kino eine Illusion, die mit Licht etwas nicht Existentes vorgaukelt. Und dass mit der 3D-Technik nun der Film noch greifbarer und erlebbarer wird, fasziniert mich immer wieder. Mir war klar, dass die Digitalisierung eine bedeutende Veränderung auf das gesamte System Kino haben wird. Dass allerdings der 3D-Film als Motor der Digitalisierung so unglaublich erfolgreich ist, ahnte ich bei der Reservierung der Domain nicht – sonst hieße der Blog vielleicht anders. Die Resonanz ist überwältigend: seit dem Start von DigitaleLeinwand.de im April 2009 konnte ich bisher rund 600.000 Besucher verzeichnen, die über 1,8 Millionen Artikel gelesen haben! Tendenz: Deutlich steigend. J
2. Wie hat Dir die 3D-Version von „StreetDance 3D“ gefallen?
Das müsste ich ja im Vergleich zur 2D-Fassung beantworten, aber die habe ich gar nicht gesehen! Ganz klar: Wenn ein Film in 3D konzipiert und gedreht ist, bietet die 3D-Fassung das beste Erlebnis auf der Kino-Leinwand und auch zu Hause. Tanzfilme sind generell ein perfektes Genre für 3D-Filme, denn in beiden geht es um eine Bewegung im Raum. StreetDance 3D hat gezeigt, wie man mit den Möglichkeiten des 3D-Kinos gestalterisch kreativ umgehen kann. Man steht zusammen mit den Streetdancern auf der Bühne und ist nicht nur Teil des Publikums, das entfernt eine Tanzperformance betrachtet. Und eines ist klar, so nah kommt man an die Dance-Crews „Diversity“ und „Flawless“ oder den „Britain’s got Talent“-Star George Sampson im normalen Leben nicht ran.
Auch wenn das Medium neu ist und alle Regisseure und Kameramänner das 3D-Handwerk lernen müssen, hat StreetDance 3D nicht auf eine billige nachträgliche Konvertierung gesetzt, sondern den Film bereits bei der Aufnahme in 3D produziert. Und diese Qualität sieht man deutlich.
3. In der jüngeren Vergangenheit zeigte sich, dass Filme in 3D sehr erfolgreich in den Kinos laufen. Was denkst Du, warum gerade 3D-Filme eine so große Faszination für die Zuschauer ausstrahlen?
Ganz kurz gesagt: 3D-Kino ist eine Sensation. Manche mögen eher den sparsamen Einsatz von 3D, wenn sich alles hinter der Leinwand abspielt, manche möchten, dass ihnen ständig Objekte ins Gesicht fliegen. Die spannende neue Aufgabe der Filmemacher ist die kreativen Möglichkeiten von 3D perfekt mit der erzählten Geschichte zu verbinden. Es gibt Filme, die eine mitreißende Geschichte erzählen, und Filme, die eine optische Sensation bieten. Gute Filme vereinen beides zu einem echten Kino-Erlebnis. Derzeit befinden sich in der deutschen Kino TopTen gleich fünf 3D-Filme, in den nächsten Monaten startet fast wöchentlich ein neuer 3D-Film. Und derzeit erleben wir eine Evolution des Kinos: Sowohl die Regisseure wie auch das Kinopublikum lernen neue Möglichkeiten der Filmgestaltung kennen, Dinge, die sie so noch nie zuvor so gesehen haben oder erleben konnten. Und ist es nicht aufregend, wenn sogar etablierte Regisseure, die schon dutzende Filme ins Kino gebracht haben, ihr Medium durch 3D ganz neu entdecken und uns neue phantastische Abenteuer erzählen?
4. Was ist der größte Vorteil für den Zuschauer, wenn er „StreetDance“ in 3D erlebt?
StreetDance 3D macht vor allem eins: Richtig Spaß! Man braucht kein finsteres Gangster-Setting um authentisch für StreetDance zu sein, der Film hat einen ganz positiven Charakter: Tanz ist ein Ausdruck von Lebensfreude und von Emotionen, fast wie eine Sprache. Und diese Sprache ist mal elegant, mal kraftvoll, mal sexy. Durch den Einsatz von 3D ist man den Figuren deutlich näher, bei der Liebesgeschichte zwischen Carly und Tomas kann man es förmlich knistern spüren.
Aber natürlich ist Streetdance in 3D der Star des Films: Die verschiedenen Choreografien der Dance-Crews in den Battles sind der absolute Hammer, so etwas bekommt man auch im besten Club der Stadt nicht geboten. Die Verbindung von Ballett-Szenen und Streetdance ist nicht nur für die Story des Films relevant, auch optisch ist es absolut sehenswert. Erstmals waren die aus „Matrix“ bekannten Bullet-Time-Szenen von sagenhaften Tanzfiguren in einem Film in 3D zu sehen: Die Kamera friert das Bild im besten Moment ein und bewegt sich um die Gruppe der Tänzer herum – spektakulär!
Mir hat aber auch eine ruhige Szene hervorragend gefallen: Carly besucht mit Tanzlehrerin Helena erstmals eine klassische Ballett-Aufführung im Royal Opera House. Während man ein Close-Up von Carlys Gesicht auf der Leinwand sieht, werden die Ballett-Tänzer als kleine 3D-Ebene halbtransparent darüber eingeblendet. Sie tanzen wörtlich wie inhaltlich vor Carlys Augen, was im wahrsten Sinne des Wortes traumhaft wirkt!
Und auch die Zuschauer haben StreetDance 3D zu etwas Besonderem werden lassen: Im Kino waren nicht nur junge Hiphopper und Streetdancer, so manchen „älteren“ Zuschauer hat auch das 3D ins Kino gelockt. Ich saß neben einer älteren Dame, der man eher Volksmusik zugetraut hätte, zunächst wippte sie nur mit dem Fuß, später hat es sie kaum auf dem Sitz gehalten. Immer wieder war sie so begeistert vom kraftvollen Tanz und der ansteckenden Energie von StreetDance 3D, dass sie einfach mittanzen musste. Wenn 3D-Kino einen derart mitreißt, ist das echt ein Erlebnis!
5. Meinst Du, dass 3D sich auch in den Wohnzimmern durchsetzen wird oder bleibt der Fokus erstmal in den Kinos?
3DTV ist die große Hoffnung der gesamten Unterhaltungselektronik-Branche. Derzeit sind die Geräte noch teuer, werden aber zunehmend preiswerter. Auch sind bisher recht wenige 3D-Filme als echte 3D-Blu-ray veröffentlicht. Doch im Herbst 2010 erscheinen diverse Titel wie StreetDance 3D, mittlerweile gibt es im Privatfernsehen auch zwei Sender, die 3DTV-Inhalte wie Filme, Sport oder Konzerte zeigen. Weitere Angebote sind in Planung. Und wer ein 3D-Heimkino besitzt, will natürlich auch sein Programm und die Filme aus dem Kino in 3D sehen.
Für mich persönlich ist Kino immer noch das Größte, denn für dieses Erlebnis werden die Filme gemacht. Aber kein Film läuft jahrelang im Kino, so dass man im 3D-Heimkino seine 3D-Lieblingsfilme immer wieder sehen kann.
6. Welche technischen Voraussetzungen braucht man, um eine Blu-ray 3D in den eigenen vier Wänden anschauen zu können?
Es gibt zwei Arten von 3D-DVDs und 3D-Blu-rays: Zum einen die Anaglyph-Versionen, die man mit einer Farbfolienbrille, der berühmten „Rot-Grün-Brille“ sehen kann. Die Farben der Gläser sind allerdings heute Rot/Cyan, das eignet sich besser für Fernseher. Diese Fassungen kann man auf jedem Fernseher mit jedem herkömmlichen DVD-Spieler ansehen, die notwendigen Brillen liegen der DVD bei. Ein Nachteil sind die verfälschten Farben, da die Bildinformationen durch eine leichte Einfärbung für das linke und rechte Bild getrennt werden.
Für das neue Format der 3D-Blu-ray benötigt man einen 3D-Fernseher, einen 3D-fähigen Blu-ray-Player, die passende 3D-Brille und natürlich seinen 3D-Lieblingsfilm. Statt des Blu-ray-Players kann man auch eine Play Station 3 verwenden, oder unterschiedliche 3D-Lösungen für PCs. Man braucht ein System, was in schneller Bildfolge eigentlich zwei Filme zeigen kann, einen für das rechte Auge und einen beim Dreh leicht verschobenen Film für das linke Auge, so wie wir mit unseren Augen auch räumlich sehen. Die Einzelbilder beider Seiten werden in so schneller Frequenz abwechselnd hintereinander gezeigt, dass kein Flimmern entsteht und das linke Auge eben einen leicht verschobenen anderen Film sieht als das rechte Auge. Unser Gehirn ist so clever und setzt das alles zum richtigen Bild von coolen Moves und Grooves in 3D zusammen.
Die neue 3D-Blu-ray ist übrigens clever: Wer nur einen normalen Fernseher hat, kann sich den Film auch in 2D ansehen. Kauft man sich später einen 3D-Fernseher lässt sich StreetDance mit der gleichen Blu-ray auch als 3D-Fassung erleben.
7. Lohnt es sich überhaupt jetzt 3D-Equipment für zu Hause zu kaufen oder kann es sein, dass bald eine neue Technik die bisherige über den Haufen wirft (Stichwort: HD DVD)?
Es lohnt sich! Gerade jetzt vor dem Weihnachtsgeschäft sinken die Preise für 3DTVs deutlich, und man bekommt oft 3D-Blu-rays oder die 3D-Brillen kostenlos dazu. Wer noch einen alten Röhrenfernseher und keinen HDTV zu Hause hat, kann sozusagen gleich zwei Generationen mit einem Gerät kaufen. Man muss sich nur entscheiden, ob man ein sogenanntes passives Gerät mit den aus dem Kino bekannten Polfilterbrillen oder ein aktives Gerät mit 3D-Shutterbrillen bevorzugt. Für meinen Geschmack sind die 3DTVs mit Shutterbrillen die bessere Lösung, da sie ein besseres Bild liefern und ich auf der Couch auch rumlümmeln darf. Die Industrie lockt zwar mit Fernsehern, die ohne 3D-Brille funktionieren, bis die aber in einer vernünftigen Größe und Bildqualität zu einem bezahlbaren Preis im Laden zu kaufen sind, werden noch einige Jahre vergehen.
8. Was denkst Du über einen Tanzfilm in 3D? Findest Du, dass 3D-Technik generell in jedem Genre sinnvoll ist? Welche Genres würdest Du gerne mal in 3D erleben?
Wenn ich in die Welt gucke, sind ja auch nicht manche Dinge flach in 2D und manche dreidimensional. Grundsätzlich könnte ich mir jeden Film in einer stereoskopischen 3D-Fassung vorstellen, wenn auch nicht jeder Film in den nächsten Jahren in 3D veröffentlicht werden wird. Manchmal sitze ich im Kino und denke: Wenn sie diesen Film jetzt noch in 3D umgesetzt hätten, wäre er absolut gigantisch! Die Frage ist: Was wird durch den Einsatz der 3D-Technik dem Film hinzugefügt? Ist er intensiver zu erleben, ist er immersiver, also kann ich noch besser in die Handlung eintauchen – etwas dass sich Horrorfilme schon lange zu Nutze machen, um den Grusel zu intensivieren. In den nächsten Jahren werden wir zu den bisherigen Genres auch viele neue Formate im 3D-Kino sehen: Arthaus-Filme in 3D zum Thema Tanz, stereoskopische Dokumentationen, 3D-Kurzfilme oder auch 3D-Experimentalfilme. Auch die Vermischung von Film und Games werden wir in 3D im Kino erleben. Ich habe bereits von neuen 3D-Tanzfilm-Projekten gehört, was aufgrund des Erfolges der bisherigen 3D-Tanzfilme absolut nachzuvollziehen ist: Tanz ist einfach ein perfektes Genre für 3D, es wird auch weitere Konzerte in 3D live oder als Film geben. Und die ersten 3D-Musicals sind ebenfalls in Produktion.
Offizielle Filmseite: streetdance-derfilm.de