Ein knallroter FSK 18-Sticker prangert auf dem Cover. Abgebildet ist eine Domina, die ihren Sklaven in einem Käfig hält und foltert. Der erste Eindruck des Films You’ve Got a Friend des japanischen Regisseurs Ryûichi Hiroki ist eindeutig.
Eine SM-Beziehung mit Herz
Doch wenn man das 115-minütige Werk schaut, wird einem schnell klar, dass es hier um weit mehr als nackte Sadomasochismus-Tatsachen geht. You’ve Got a Friend erzählt mit stillen Tönen von Liebe, Freundschaft und Sehnsucht.
Wenn der schüchterne Junggeselle Yoshio Yoshida nicht gerade seine bettlägerige Mutter pflegt oder im Büro arbeitet, geht er seiner sexuellen Vorliebe nach: Er ist Masochist.
Was passiert, wenn man den Schmerz sucht?
Seitdem ihn die Sado-Queen Yukiko in die Welt von BDSM entführt hat, findet Yoshida nur noch durch den Schmerz und die Pein Befriedigung. Doch eines Tages ist Domina Yukiko spurlos verschwunden und niemand in der Stadt weiß, wohin sie ist. Yoshida sucht Domina Miho auf, um von ihr die gleiche Art der Sättigung zu erhalten. Allerdings findet er kaum noch Befriedigung in den Bestrafungen, denn er trauert seiner Sado-Queen Yukiko nach.
Gerade als Yoshida seine bitterliche Suche aufzugeben scheint und sich abseits der erotischen Spiele nicht der Domina, sondern dem Menschen Miho nähert, erhält der SM-begeisterte Mann einen überraschenden Hinweis auf den Verbleib von Yukiko. Die Spur führt in den hitzigen Bürgermeisterwahlkampf der örtlichen Politik.
Zugegeben: Die Eröffnungsszene, in der Domina Miho einen Nagel zückt und diesen mit einem Hammer durch den Hodensack ihres Sklaven Yoshida stößt, dürfte viele Zuschauer umgehend abschrecken. Doch wenig später beginnt der Film You’ve Got a Friend sanftere und sinnlichere Momente zu erzählen.
Du hast einen Freund
Zwar geht es immer wieder in den Folterkeller des Etablissements, aber deutlich stärker fokussiert sich You’ve Got a Friend auf die Geschehnisse abseits der Ketten, Käfige und Peitschen.
Vor allen Yoshida stellt sich als Figur mit viel Tiefgang heraus: Lernt der Zuschauer diesen zunächst als SM-Fanatiker kennen, erhalten wir nach und nach immer mehr Einblick in seine Gedankenwelt. Der japanische Schauspieler Jun Murakami (Heaven’s Story) verleiht seinem Charakter eine gute Mischung aus Sympathie, Mitleid und Witz. Im Zusammenspiel mit Nahana (The Machine Girl), die als Domina Miho auftritt, entsteht ein ruhiges Schauspiel mit traurigem Kern.
Der FSK 18-Film hat zwar auch einige erotische und masochistische Szenen zu bieten, lebt aber primär von seiner sich entfaltenden Liebesgeschichte.
Pinkelspielchen & ein Seelenstrip
Regisseur Ryûichi Hiroki nimmt sich allerdings reichlich Zeit, um seine Protagonisten durch das Werk zu führen. Dies resultiert in einem recht flachen Spannungsbogen, der selten emotionale Höhepunkte erlaubt.
Wer sich auf die sanften Töne einlassen kann, wird mit einer einfühlsamen Geschichte und einem kleinen Blick durch das Schlüsselloch der BDSM-Welt belohnt.
Manch einen kann aber auch schon der erste Ausflug in den Folterkeller der Domina Miho abschrecken, so dass Yoshida die Show seiner Herrin ganz alleine genießen darf.
You’ve Got a Friend erschien am 26. August 2022 im japanischen Original mit deutschen Untertiteln auf DVD, Blu-ray und VoD. Als Vorlage des Films diente ein Werk des Mangaka Naoki Yamamoto (Believers).
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