Skin (2018) | Filmkritik

Skin

Wenn man liest, dass ein Film auf einer wahren Geschichte beruht, sagt das zuerst nicht viel aus. Zu oft werden zu Gunsten eines hohen Unterhaltungswertes die Wahrheit und der Realismus in den Hintergrund gedrängt.

Im Fall von Skin wird tatsächlich die wahre Lebensgeschichte von Bryon Widner erzählt, der es geschafft hat aus der rechten Szene auszusteigen. Von Kopf bis Fuß mit rassistischen Tattoos übersät, ist der junge Mann kein Leichtgewicht in der Szene. Jamie Bell (Billy Elliott) verkörpert den markanten Anhänger der White Supremacy Bewegung, der anfängt seine Rolle in der Gesellschaft mehr und mehr in Frage zu stellen.

© Ascot Elite Filmverleih

Seine Geschichte beginnt mit einem Aufmarsch der Nazis, die von Gegendemonstranten aufgehalten werden. Es entbrennt eine Schlägerei. Vorne weg stürmt Bryon (Jamie Bell) auf seine Kontrahenten zu und ritzt einem jungen Schwarzen sogar ein Hakenkreuz in die Wange. Von Reue keine Spur.

Doch der Wandel kommt, als der junge Mann auf die dreifache Mutter Julie (Danielle MacDonald) trifft. Mit ihren drei Töchtern tritt sie bei einem Nazitreffen auf und wird von einigen Glatzköpfen beleidigt. Bryon geht dazwischen und entwickelt sofort Sympathie für die junge Mutter und ihre drei Töchter. Es zeigt sich, dass unter der harten Schale ein weicher Kern schlummert.

Für Bryon steht der Entschluss fest. Er möchte aus seinem Clan raus. Doch so leicht entkommt man dieser Bruderschaft nicht. Die beiden Anführer Sharon (Vera Farmiga) und Fred (Bill Camp), die sich als Vater und Mutter der radikalen Gruppe bezeichnen, leiten die Organisation wie eine Sekte. Und tatsächlich haben sie zu Bryon eine sehr starke Bindung aufgebaut.

© Ascot Elite Filmverleih

Einst haben sie den Jungen von der Straße aufgelesen, ihm Kleidung und Nahrung gegeben. Und die Schuld muss abgearbeitet werden. Immer wieder muss Bryon Aufträge erledigen. Doch als er eine Moschee anzünden soll, in der noch muslimische Arbeiter schlafen, tut er alles um die Menschen zu retten. Mehr und mehr gerät er zwischen die Fronten und begibt sich zunehmend in Lebensgefahr.

Daryle (Mike Colter) ist ein Aktivist, der Zeit seines Lebens gegen radikale Gruppierungen vorgeht. Und er hat Bryon schon lange im Visier. Kein Wunder also, dass sich der geläuterte Nazi bald hilfesuchend an ihn wendet, um den Ausstieg zu schaffen.

Skin ist ein harter aber realistischer Einblick in die rechte Szene, wie sie nicht nur in den USA immer stärkere Wurzeln schlägt. Hier wird gezeigt, wie einfach es ist andere Menschen zu manipulieren und sie mit menschenfeindlichen Ideologien zu radikalisieren. Tatsächlich hat Bryon Widner den Ausstieg erfolgreich vollzogen und spricht ganz offen über seine gewalttätige Vergangenheit. Die Tattoos wurden in schmerzhaften Behandlungen aus dem Gesicht entfernt. Jetzt hilft er anderen dabei den Ausstieg zu schaffen.

Daryle ist ebenfalls ein bemerkenswerter Mensch. Obwohl er so viele Anfeindungen über sich ergehen lassen musste, gibt er die Hoffnung nicht auf und glaubt an das Gute in den Menschen. Er hilft Bryon beim Beginn eines neuen Lebens. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass so viele schon auf den richtigen Weg zurückfinden konnten.

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In einer Zeit, in der Menschen immer fremdenfeindlicher werden, ein amerikanischer Präsident gegen Einwanderer wettert und in Deutschland radikale Parteien immer mehr Stimmen erhalten, wird ein Film wie Skin zu einem wichtigen Werkzeug, um zu zeigen, was Hass mit Menschen anrichtet. Längst agieren die Beteiligten nicht mehr im Hintergrund, sondern erreichen die Mitte unserer Gesellschaft.

War American History X (1998) ein zeitgemäßes Werk der Neunziger und Inside a Skinhead (2001) (Originaltitel: The Believer) Anfang des Jahrtausends die Geschichte eines Aussteigers, so darf sich Skin als aktueller Zeitzeuge heutiger Generationen verstehen. Jamie Bell spielt mit hohem Einsatz alle Facetten seines Charakters und zeigt, dass auch die augenscheinlich bösen Menschen einen guten Kern haben können und eine Chance verdienen.

Skin ist kein Film für einen vergnüglichen Popcornabend, regt aber zum Nachdenken und Hinterfragen an. Dabei sind es gerade die leisen Töne und kleinen Gesten, die hier große Emotionen auslösen.

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Bildrechte: Ascot Elite Filmverleih

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