Piercing (2018) | Filmkritik

Piercing (von Lars B)

Gewalt kann etwas berauschendes und faszinierendes an sich haben, sonst würde so mancher Splatterfilm ungesehen im Regal verstauben. Schon immer hatte körperliche Gewalt eine Anziehung, der wir uns nur schwer entziehen können. Für normale Menschen bleibt es jedoch beim Gucken eines Films oder Spielen eines Videospiels.

Worum geht es in Piercing?

Für den frischgebackenen Familienvater Reed (Christopher Abbot) steckt jedoch etwas mehr dahinter. Heimlich träumt er davon, andere Menschen zu töten und sie mit einem Eispickel zu malträtieren. Bevor er jedoch Frau und Kind für seine perfiden Pläne missbraucht, zieht er lieber in ein Hotel. Er möchte sich ein namenloses Callgirl bestellen, um mit ihr seine kranken Fantasien auszuleben.

© Busch Media Group

Doch Reed ist eigentlich ein bemitleidenswerter Spießer und rückgratloser Schlappschwanz. Immer akkurat gekleidet und geradezu langweilig kommt der mausgraue Gatte daher und wird mit dem absoluten Gegenteil durch die Prostituierte Jackie (Mia Wasikowska) konfrontiert. Aber auch in ihrem Oberstübchen ist die Blondine nicht gerade optimal eingerichtet.

Ein Opfer der etwas anderen Art: Jackie

Mit dem Hang zur Selbstverletzung fügt sie sich kurzerhand im Badezimmer tiefe Stichwunden zu und bringt den armen Reed ganz schön aus seinem sorgfältig ausgetüftelten Konzept. Und Reed hat sich äußerst akribisch vorbereitet. Geradezu witzig mutet es an, wenn er in Trockenübungen jeden Handgriff seines Mordes im leeren Hotelzimmer einstudiert. Alles inklusive dem Schleifen der Leiche über den Boden und dem späteren Zerteilen in der Badewanne.

Jackie lässt es aber nicht so weit kommen. Sie durchschaut schnell, dass mit ihrem schweigsamen Klienten etwas ganz und gar nicht stimmt. Kurzerhand wendet sich hier das Blatt und aus dem Mörder wird ein Opfer.

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Der Film Piercing stellt von Anfang an klar, dass er sich nicht all zu ernst nimmt. Mit einem Pulp Fiction-artigen Anfang versucht Regisseur Nicolas Pesce ein paar Tarantino-Vibes zu versprühen. In einem Kammerspiel der beiden Protagonisten werden sämtliche Tiefen der menschlichen Gier aufgedröselt und ans Tageslicht befördert. Wenn Reed etwa über seine Mutter fantasiert oder das Badezimmer in trüben Wasser geflutet wird, verschwindet die Grenze zwischen Alptraum und Wirklichkeit.

Eine unerzählte Handlung

Alles mutet wie ein abartiger Trip durch die persönliche Hölle mit all seinen Dämonen an. Doch viel zu oft wirkt das gezeigte billig, unausgegoren und laienhaft vorgetragen. Gerade Schauspieler Christopher Abbot überzeugt nicht und wird durch die lustlose Synchronisation noch schwächer. Auch seine Ehefrau ist Opfer einer schlechten Darbietung und seltsam lustlosen deutschen Stimme.

Einzig und allein Mia Wasikowska (Alice im Wunderland) vermag es, dem Film etwas Professionalität zu verleihen. Sie spielt solide und zeigt, dass sie Hollywooderfahrung hat und auch abrufen kann.

Doch gerade als die Handlung durchaus interessant wird, bricht das Experiment nach kurzen 78 Minuten ab. Ist es Absicht oder das fehlende Budget? Hier wurde an anderer Stelle quälend langsam erzählt, nur um im Endspurt zu hetzen. Die Handlung bleibt unausgegoren und lässt den Zuschauer recht ratlos zurück.

Was es mit Reeds Fantasien und Jackies Hang zur Selbstverletzung auf sich hat, bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen. Gerade für das Genre ein sehr unbefriedigendes Ende.

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