Montrak (2017) | Filmkritik

Montrak Filmkritik

Ich bin bewusst kritisch und dem Thema entsprechend bissig an die Sache heran gegangen, weil ich nicht wegen nettem Kontakt auf der Film-Messe Oberhausen eine zu positive Wertung für Montrak abgeben wollte. Ich werte auch knallhart Filme von Amateur-Kollegen runter, wenn sie weder Charme noch guten Inhalt haben wie Tortura, La Petit Morte oder Necronos.

Ein dunkles Märchen aus Deutschland

Gerade bei einem Vampirfilm ist Atmosphäre sehr wichtig, denn die Tradition der Blutsauger-Filme zeigt eben keine plumpen Zombies ohne Charakter, sondern raffinierte Typen der Dunkelheit. Somit ist es doppelt schwer für einen kleinen deutschen Film die nötigen Kriterien zu halten, da gerade deutsche Filme (sogar im Profi-Bereich) in den letzten 50 Jahren häufiger ohne Atmosphäre daher kommen als mit. Es kann eben nicht jeder Das Boot aus dem Low-Budget-Ärmel schütteln.

© M-Square / daredo (Soulfood)

Montrak nimmt sich viel vor. Es beginnt im Mittelalter. Oje, dachte ich, das wird sicher wieder so eine kurze Einzelszene, in der einige Nachbarn in Karnevals-Ritterkostümen versuchen die großen Weltuntergangs-Szenarien mehr schlecht als recht spielen – und dann patsch geht’s nach Sekunden in die Gegenwart.

Ein Fantasy-Actionfilm, der in zwei Zeitebenen spielt

Stopp! Das alles passiert aber bei Montrak nicht. Es werden mehrere sehr sorgfältig und mit gepflegter Ruhe inszenierte Szenen im Mittelalter gezeigt, die eine sinnvolle und auf Weiterentwicklung strukturierte Handlung zeigen. Man möchte wissen, wie es mit den Plänen und den Einzelschicksalen weiter geht. Die Kostüme sind in Ordnung, die Darsteller auch.

Die Führung der Darsteller in Bewegung und Mimik ist ebenfalls weit über der Durchschnitt von Amateurfilmen. Zwar sind einige Statisten im Hintergrund etwas steif und amateurhaft, aber die Zentralfiguren kommen in jeder Weise glaubhaft herüber.

Und eine weitere Sache stellt sich ein, die den ganzen Film über der Fall sein wird: Die Stimmen sind um ein Vielfaches besser als bei fast allen Amateur- und No-Budget-Filmen, die ich aus Deutschland bisher gesehen habe. Die Leute können hier richtig betonen, übertreiben es nie und sie sprechen wie echte Menschen – nicht wie ein Haufen Filmfreaks, denen man am Vormittag gesagt hat, sie dürften am Nachmittag in einem Film mitspielen.

© M-Square / daredo (Soulfood)

Des weiteren entwickelt sich in unsere Neuzeit hinein eine flotte Handlung ohne Brüche und stets mit genug Inhalt, dass man interessiert folgen mag, weil es einerseits spannend ist, wie es weiter geht und andererseits ist die Handlung auch nicht so vorhersehbar wie bei Low-Budget-Filmen sonst üblich. Es gibt durchaus Überraschungen.

Vor 600 Jahren musste er sterben, um in der Zukunft die Menschheit zu vernichten.

Immer wieder wird eine Person aufgebaut, von der man denkt er/sie würde der große Sympathieträger und DIE Hauptperson des Films, um dann etwas später den Fokus auf eine ganz andere Person zu richten, welche dann zentral in der Handlung wird.

Beim Thema Sympathie liegen hier Welten zu den handelsüblichen Amateur-Horror-Filmen, in denen die Laiendarsteller meistens jede Rolle so unsympathisch wie möglich spielen. Alles nur meckernde, arrogante und unhöfliche Personen, die der deutsche Amateurfilm sonst darstellt. Als ob es keine netten Menschen gäbe. Genau dieses immens wichtige Detail macht Montrak besser, denn seine Menschen kommen sympathisch rüber. Die Guten voll, aber auch die Bösen haben ein gewisses Charisma.

© M-Square / daredo (Soulfood)


In der Handlung ist es eine Mischung aus Der Herr der Ringe (ein böser, magischer Ring und ein Oberschurke, der wiedererweckt werden soll), Schwerter des Königs (Mittelalter mit angreifenden Horden) und BloodRayne. Die Flucht mit der Vampirin inklusive romantischer Beziehung hat was von Bloody Marie.

Gelungener Vertreter des New Wave German Independent-Films

Dazu kommt, dass die Gruppe Vampire, welche spannende Hetzjagden auf der Straße liefert (mit einem grandiosen Mensch-gegen-Auto-Stunt) fast etwas von der Bedrohlichkeit aus 30 Days of Night hat, wobei gesagt werden muss, dass Montrak natürlich nicht mal in die Nähe der Qualitäten von 30 Days of Night kommt, den zweiten Teil aber locker übertrumpft. Auch Schwerter des Königs ist klar schlechter als Montrak.

Wir haben bei Montrak neben brauchbarer Handlung, guten Darstellern und Action auch eine Menge reichlich blutiger Effekte. Die allein heben ihn schon im Unterhaltungswert über den Durchschnitt von US-Vampir-B-Pictures, die meist blutärmer daherkommen.
Aber auch in der Handlung und den wirklich guten Dialogen ist er besser als die große Masse von Hollywood-B-Horror.

Ohne jede Übertreibung gehört Montrak für mich persönlich zu den 35 besten Vampirfilmen aller Zeiten – allerdings von diesen 35 am unteren Ende. Also weit unter der Klasse von Fright Night, Interview mit einem Vampir, Vamp oder Twilight, aber weit über hunderten von professionellen Hollywood-Filmen wie Sundown, To Die For 1, Vampire’s Kiss oder Dracula Rising.

In meinen Augen: Einer der zehn besten deutschen Amateur-Filme.

Handlung:

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Bildrechte: M-Square / daredo (Soulfood)

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