Madame Web (2024) | Filmkritik

Madame Web

Es ist schon eine seltsame Hassliebe zwischen Sony und seinem Spider-Man-Universum. Nach Venom und Morbius erblickt im nunmehr 4. Live-Action-Film ein neuer Held das Licht der Welt. Und wieder fiel die Wahl nicht auf den Namensgeber des Sony-Universums. Es scheint, als spare man sich den Auftritt viel zu lange auf oder weiß nichts mit ihm anzufangen.

Ihre Geschichte verbindet sie alle

Nach dem Killersymbionten aus dem All und dem Vampir wider Willen, darf nun Madame Web auf die große Leinwand. Im Comic-Kosmos der Spinne, ist sie ein mystischer Charakter, der im Hintergrund die Fäden zieht und das Netz des Schicksals kontrolliert. Eigentlich kein Held für den Außendienst, da Cassandra Web blind und gelähmt ist.

Für Sony jedoch kein Hindernis, nicht zu versuchen, daraus eine Geschichte zu spinnen und den eigentlich wirklichen Helden wieder auf der Ersatzbank schmoren zu lassen.

Dabei beginnt alles im Dschungel von Peru, als Cassandras schwangere Mutter von ihrem Forschungskollegen ermordet wurde. Es galt, eine seltene Spinnenart zu finden, die wahrlich sagenumwobene Kräfte verleiht.

Der dreifache Spinnensinn klingelt

Kräfte, für die es sich scheinbar zu töten lohnt. 30 Jahre später, ahnt die überlebende Tochter Cassandra Web (Dakota Johnson) noch nicht, dass der einstige Mörder ihrer Mutter nun auch ihre Wege kreuzen wird.

Ezikiel Sims (Tahar Rahim) scheint auf den ersten Blick kaum gealtert zu sein und erfreut sich an unerklärten Superkräften. Doch im Inneren wird er von einem immer wiederkehrenden Albtraum gepeinigt. Der passionierte Barfußgänger hat keinesfalls Gewissensbisse wegen des Mordes an Mama Web, sondern fürchtet sich eher davor, von drei Spinnenheldinnen getötet zu werden.

Und wie es mit selbsterfüllenden Prophezeiungen immer so ist, löst sein Kreuzzug genau die Ereignisse aus, die es eigentlich zu verhindern gilt.

Cassandra, inzwischen eine erfahrene Rettungssanitäterin geworden, wird eines Tages von Visionen geplagt, die sie genau zu jenen drei Teenie-Mädels führt, vor deren zukünftigen Heldenidentitäten sich besagter Ezikiel so fürchtet.

Schnell werden die Schluckauf-artigen Visionsanfälle zu einem notwendigen Übel, um dem generischen Bösewicht den dreifachen Mädchenmord auszutreiben. Warum der Mann allerdings mal als dunkler Spider-Man erscheint und mal im Sakko, ist nicht ganz klar. Denn um die Verschleierung seines Charakters kann es jedenfalls nicht gehen.

Eine Bösewicht auf Mädchenjagd

Generell hat der Antagonist auch nicht viel zur Handlung beizutragen, außer, dass er kurz mit Crossing Jordan (Jill Hennessy) in die Kiste hüpft. Seine Hauptaufgabe besteht einfach darin, dann aufzutauchen, wenn es Cassandra erahnt und dann wieder zu verschwinden.

In einem kurzen aber sinnlosen Monolog wird zwar sein Motiv etwas erklärt, woher er jedoch die Ressourcen für seine Mädchenjagd hat oder was sonst noch auf seiner to do Liste steht, bleibt ebenso verborgen, wie ein zweiter Gesichtsausdruck.

Und wem das alles bisher viel zu aufregend war, wird mit der frechsten Produktplatzierung aller Zeiten belohnt. Selten in der Filmgeschichte, wurde so oft ein Erfrischungsgetränk in die Kamera gehalten, wie hier. Und da Spider-Man eigentlich auch die gleichen Farben wie eine Pepsi trägt, hätte er doch perfekt in diesen Film passen können.

Stattdessen balanciert die Hauptdarstellerin in einer Szene nach der anderen, ungelenk ihre Coladose ins Bild. Und im Showdown wird eine riesige Neonreklame ebenfalls zu einem wichtigen Teil der Handlung.

Aber waren im Trailer nicht auch Kampfszenen mit den Spinnenmädels zu sehen?

Schon, aber leider beschränken diese sich nur auf weitere Visionen Cassandras. Soll heißen, dass wir solche Kostüme und Fähigkeiten, wie in der Kinowerbung, höchstens in einer Fortsetzung zu sehen bekämen. Mehr, als eine Minute Screentime war dann doch leider nicht drin. Doch bei Sony sollte man gewarnt sein, was das Anpreisen künftiger Filme angeht.

Ob der Kampf gegen Rhino oder die Sinister Six – bisher blieben die Filmversprechen aus The Amazing Spider-Man unerfüllt. Zwar ist Madame Web kein Totalausfall und hat hier und da auch gute Bilder parat, doch überwiegen hier deutlich die Defizite in Handlung, Schauspiel und Setting. Auch wenn der Kampf in der U-Bahn recht gut gemacht ist und auch die Chemie zwischen Cassandra und ihren drei Schützlingen unterhaltsam ist, ist der Film in Summe nicht wirklich besser als Morbius.

Die Fäden verheddern sich

Wieder wird ein richtiger Bezug zu den anderen Filmen vermieden, wieder wird um Spider-Man ein Bogen gemacht, wieder gibt es keinerlei roten Faden zu diesem Filmfranchise. Sony verweigert sich regelrecht, auf Peter Parker einzugehen, als wolle oder dürfe man nicht über ihn sprechen. Es bleibt bei vagen Andeutungen und Eastereggs.

Aus Cassandra Web kann man leider auch nichts wirklich rausholen. Als muffliger Misanthrop unterwegs, scheint sie nur eine genervte Singlefrau zu sein, die sich von ihrer Mutter im Stich gelassen fühlt, statt sich mit ihrer Vergangenheit besser auseinanderzusetzen. Logiklöcher und zahlreiche günstige Zufälle pflastern hier zusätzlich den Weg. Ganz zu schweigen von der Frage, warum Britney Spears Toxic gefühlt 30 Minuten lang gespielt wird und man ein Lagerfeuer im Wald nicht ausmacht, bevor man geht.

Wenn Sony weiterhin solche Qualitätsgranaten produziert, ist das Universum Geschichte, noch bevor Spider-Man endlich einmal darin auftaucht. Dabei hat man doch in Videospielen und den beiden Animationsfilmen bewiesen, dass es deutlich besser geht.

Bewertung

Trailer

Informationen

Madame Web | 15. Februar 2024 (Deutschland) 3.8

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Bildrechte: Sony Pictures Germany

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