Endlich ist es soweit. Nach jahrelangem Warten, zwischenzeitlich entlassenen Drehbuchautoren und Regisseuren und weiteren Verzögerungen durch die COVID-19-Pandemie, ist 007 wieder auf der großen Leinwand zu sehen. Das Kino-Comeback hat sich gelohnt – jedoch nicht für alle. Aber dazu später mehr.
Das Ende der Craig-Ära
Rein inhaltlich geht es um den alternden James Bond (Daniel Craig), der seinen Ruhestand mit seiner Freundin Madeleine (Léa Seydoux) in Italien genießt. Die Top-Waffe des britischen Mi6 möchte ein für allemal die Vergangenheit ruhen lassen. Allerdings scheint dies nicht so leicht zu sein.
Denn seine Freundin verheimlicht ihm etwas. Und als Bond zum Grab seiner Ex-Freundin Vesper geht, erschüttert eine Explosion die Gegend. 007 wird durch die Druckwelle einige Meter zurückgeworfen, jedoch trägt er nur leichte Verletzungen davon. Er hat direkt seine Freundin in Verdacht.
Doppelte Schurkenpower
Doch scheinbar steckt Bonds-Rivale Ernst Stavro Blofeld (Christoph Waltz) hinter dem Anschlag. Aber wie sollte er dies aus dem englischen Hochsicherheitsgefängnis machen?
Abseits des Geschehens schmiedet auch ein neuer Bösewicht, Lyutsifer Safin (Rami Malek) Machtpläne. Wo geht Bonds Reise diesmal hin und kann er es gleich mit zwei Bösewichten gleichzeitig aufnehmen?
James Bond – Keine Zeit zu sterben ist ein gelungener Kinofilm, der einen würdigen Abschluss der Craig-Ära darstellt. In dem 163-minütigen Blockbuster tauchen alte Weggefährten vergangener Bond-Filme wieder auf und teilweise fühlt es sich wie eine große Abschiedsparty an. Und genau dieses Ende einer Ära unterscheidet sich zu allen vorherigen Bond-Verfilmungen.
Bond als Familienmensch
Denn so zeigt sich erstmals, dass Agent 007 tatsächlich menschlich ist und gibt seine Emotionen dem Zuschauer kund. Auch die Themen Familiengründung und Liebe werden hier sehr stark verankert. Die Figur James Bond bekommt so endlich einmal deutlich mehr Tiefgang. Er ist in diesem Teil nicht mehr der emotionslose Killer, sondern vielmehr der nachdenkliche Ex-Geheimagent.
Daniel Craig überzeugt schauspielerisch in der alten, aber doch neuen Rolle. Gerade in traurigen Momenten schafft es der Brite seiner Figur mehr Menschlichkeit zu verleihen. Die vergangenen 15 Jahren als Bond-Darsteller haben ohnehin einen großen Einfluss auf das schauspielerische Werk von Daniel Craig genommen. So mimt er den wohl bekanntesten Geheimagenten sehr angenehm und überzeugend.
Neben dieser neuen emotionalen Tiefe hadert es jedoch an einem Bond-typischen Bedrohungsszenario. Daran ist aber auch die sehr aufgeblähte Story schuld. Viele Figuren, springende Settings und zu viel von allem sorgen für leichte Verwirrung beim Zuschauer.
Regisseur Fukunaga versucht die Spur zu halten
Besonders der Anfang des Films ist sehr konfus, was jedoch zum Glück anschließend etwas besser wird. Regisseur Cary Joji Fukunaga (True Detective) schafft es nach einer etwas undurchsichtigen ersten Stunde, eine Geschichte zu erzählen. Gerade an der Vielzahl der Figuren sind viele große Projekte schon gescheitert.
Fukunaga behält jedoch insgesamt den Überblick, obwohl einige Handlungsstränge einfach verpuffen. An dieser Stelle wäre weniger mehr gewesen. Weiterer Kritikpunkt: die Handlungsorte wechseln zu schnell. Das sorgt für eine leichte Unruhe. Gerade bei den wunderbaren Settings in der Karibik wäre mehr Zeit sinnvoll gewesen. Andersherum sorgt dies aber auch für eine gewisse Dynamik.
Das größte Manko ist der Bösewicht Lyutsifer Safin. Rami Malek (Bohemian Rapsody) verkörpert einen mit Narben übersäten Gegenspieler, der auf einem persönlichen Rachefeldzug ist. Allerdings wirkt er kaum gefährlich und wenig überzeugend. Seine langsame Aussprache und seine Karriere als Schrebergärtner passen nicht in das Universum der Bond-Bösewichte.
Action ohne Innovation
Auch Christoph Waltz erhält als Blofeld nur Kurzauftritte. So fehlt leider der gute Bösewicht, wie zum Beispiel Le Chiffre (Casino Royale) oder Tiago Rodriguez (Skyfall). Regisseur Fukunaga schafft es jedoch einige gute Actionszenen zu inszenieren. Dabei sticht besonders eine längere Szene im Treppenhaus hervor oder eine rasante Verfolgungsjagd mit mehreren Landrovern.
Aber leider sind diese Actionszenen auch nicht neu, sondern lediglich gut gemacht. Früher stand Bond einmal für sehr heftige Action, die es zuvor noch nicht gegeben hat. Leider sind eine Treppenhaus-Ballerei und eine Verfolgungsjagd mit Geländewagen nicht wirklich kreativ. Hierbei haben Mission Impossible und Mad Max: Fury Road einfach vielmehr geboten in den vergangenen Jahren. Es ist schade, dass Bond da scheinbar nicht mehr mithalten kann.
Trotz all der Kritikpunkte ist James Bond: Keine Zeit zu sterben einen Kinobesuch wert. Denn besonders wegen der kräftezehrenden Vorgeschichte zu dem Filmprojekt und der Craig-Ära findet Fukunaga die passende Endnote. Zwar ist es nicht der richtig große Wurf für fünf Bond-Filme, aber innerhalb der Craig-Bonds gehört dieser Film zu den besseren.
Nun ist erstmal wieder genügend Zeit, einen neuen Bond-Darsteller zu finden. Und Daniel Craig kann sich anderen Projekten widmen. Keine Zeit zu sterben ist empfehlenswert, nicht mehr und auch nicht weniger.
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