Interview mit dem Rollstuhl-Basketballer Kai Möller

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Den Vorstadtkrokodilen steht wieder ein aufregender Sommer bevor. Während die übrigen Mitglieder der Jugendbande in den Urlaub fahren oder im Go-Kart herumheizen, macht sich der querschnittgelähmte Kai auf den Weg ins Basketball-Camp. Eine Wahl, die Namensvetter Kai Möller nur allzu gut nachvollziehen kann. Der 19jährige hat schon früh seine Leidenschaft für den Ballsport entdeckt und zählt heute zu den besten deutschen Nachwuchsspielern im Rollstuhl-Basketball. Zum Kinostart von „Vorstadtkrokodile 3“ (20. Januar 2011) haben wir ihn getroffen und mit ihm über seinen Sport, aber auch über seinen Alltag als Rollifahrer gesprochen.

Seit wann sitzt du im Rollstuhl und wie kam es dazu?

Kai Möller: Ich bin seit meiner Geburt gehbehindert. Ich bin mit der Erkrankung Spina Bifida auf die Welt gekommen. Dabei wird das Rückenmark an einer Stelle des Rückens nicht richtig verschlossen. Im Rolli sitze ich seit meinem 11. Lebensjahr, vorher bin ich mit Gehhilfen gelaufen.

Im ersten Teil der Filmreihe „Vorstadtkrokodile“ wollen Kais Eltern ihn wegen seiner Gehbehinderung auf eine Sonderschule schicken. Auf was für eine Schule bist du gegangen und wie hast du die Zeit dort erlebt?

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Kai Möller: Ich bin auf eine ganz normale Schule gegangen und habe meinen Realschulabschluss gemacht. Im vergangenen Sommer habe ich dann meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen. Ich habe Freunde wie alle anderen Schüler gehabt und war immer in einem sehr hilfsbereiten Umfeld. Ich wollte nie auf eine Sonderschule.

Schon mit acht Jahren hast du auf dem Basketballfeld deine ersten Körbe geworfen. Wie bist du überhaupt zu diesem Sport gekommen?

Kai Möller: Ich habe mich früher regelmäßig mit anderen Kindern und Jugendlichen getroffen, die an Spina Bifida erkrankt sind. Damals hat mich ein anderer Betroffener angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mal mit Basketball zu spielen – heute kann ich mir ein Leben ohne Basketball gar nicht mehr vorstellen.

Worin unterscheidet sich Rollstuhlbasketball vom gewöhnlichen Basketball? Ist es möglich, in einem gemischten Team aus Rollstuhlfahrern und „Normalos“ zu spielen?

Kai Möller: Rollstuhlbasketball unterscheidet sich eigentlich nur in einem Punkt von „normalem“ Basketball, nämlich darin, dass wir im Rolli sitzen. Sonst ist alles gleich, sogar die Höhe der Körbe ist gleich. Mit Normalos zu spielen ist natürlich möglich, aber die müssen sich auch in den Rolli setzen. Ich kenne viele gute Rollstuhlbasketballer, die im Alltag nicht auf den Rollstuhl angewiesen sind.

Als Rollstuhlbasketballer braucht man ja einen besonderen Rollstuhl, der eigentlich mehr Sportgerät als Fortbewegungsmittel ist. Worin unterscheidet sich dieser von deinem normalen Rollstuhl? (Gibt es da irgendwelche technischen Raffinessen um seinen Rollstuhl, sagen wir mal, etwas zu tunen?)

Kai Möller: Ein Sportstuhl ist viel leichter, um auf dem Parkett schneller und beweglicher zu sein. Die Räder stehen in einem 45 Grad-Winkel, um stabiler und wendiger spielen zu können. Jeder Sportrolli ist ganz individuell auf den Sportler, seine Behinderung und seine Spielposition angepasst, was den Rollstuhl zu einem der wichtigsten Bestandteile im Spiel macht.

Auf dem Spielfeld bewegst du dich beneidenswert schnell und sicher. Wie sieht es im Alltag aus? Mit was für Problemen wirst du dort als Rollstuhlfahrer konfrontiert, und in welchen Situationen bist du vielleicht auf Hilfe angewiesen?

Kai Möller: Oft sind es die Kleinigkeiten, die den Alltag schwieriger machen, zum Beispiel das oberste Regal in der Einkaufshalle, fünf Stufen vor einem Restaurant, und jetzt im Winter macht uns Rollifahrern der Schnee natürlich zu schaffen. Das fahren im Schnee ist sehr anstrengend und manchmal kommt man dann einfach nicht voran. Aber meistens kommt jemand und hilft mir und natürlich auch anderen Rollifahrern.

Wie ist es für dich, andere Menschen – Familie, Freunde, vielleicht aber auch Unbekannte – um Hilfe zu bitten?

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Kai Möller: Das ist mittlerweile ganz normal für mich. Man darf nicht schüchtern sein oder sich schämen – dann kann man auch alles erreichen. Meine Familie und Freunde kennen mich ja so wie ich bin, da ist das überhaupt kein Problem. Manchmal hat es aber auch Vorteile, zum Beispiel muss ich nie Fenster putzen, dass erledigt dann meine Freundin für mich.

Was bedeutet dir der Basketball-Sport, und inwieweit haben dich deine sportlichen Erfahrungen und Erfolge auch im wahren Leben weitergebracht?

Kai Möller: Basketball ist alles für mich, ohne den Sport kann ich nicht mehr leben. Ich habe viele Situationen erlebt (nicht immer nur positive), die mich immer stärker machen. Und was im Sport zählt, ist auch für das wahre Leben wichtig: Wer nicht kämpft, der hat schon verloren.

Bei der U22-Europameisterschaft der Rollstuhlbasketballer 2010 in Italien hast du mit deinem Team die Bronzemedaille abgeräumt. Inzwischen giltst du als einer der hoffnungsvollsten Nachwuchsspieler deines Sports. Das hat sicher viel mit Talent zu tun, aber zweifellos auch mit sehr intensivem Training. Wie viel Zeit verbringst du in der Turnhalle?

Kai Möller: Wir haben ein ziemlich straffes Trainingsprogramm, von Mittwoch bis Samstag haben wir zwei Trainingseinheiten täglich, dazu kommen noch Fitnessstudio, Mannschaftsbesprechungen usw. Ohne Fleiß, kein Preis!

Nach der regulären Spielsaison kommen dann die Trainingslehrgänge, sowohl mit der U22- Natio als auch mit dem A-Kader. So ein Lehrgang dauert immer ca. drei Tage, an denen täglich acht bis neun Stunden trainiert wird. Aber auch ein eigenes Trainingsprogramm über den Sommer ist wichtig, um im Herbst wieder fit für die Liga zu sein.

In deinem Leben passiert ja derzeit eine ganze Menge. Kürzlich hast du deine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen, dann bist du vom Hamburger SV zum deutschen Vizemeister RSC-Rollis Zwickau gewechselt. Welchen Herausforderungen willst du dich in den kommenden Jahren noch stellen – beruflich, sportlich und auch privat?

Kai Möller: Beruflich will ich natürlich am Ball bleiben. Derzeit bin ich auf der Suche nach einem kleinen Job, da mich der Sport zeitlich sehr in Beschlag nimmt. Sportlich möchte ich mich auf dem hohen Niveau, auf dem sich mein Verein bewegt, abschließend etablieren – und natürlich den Titel zurück nach Zwickau holen. Auf internationaler Ebene will ich gern, fest in den A-Kader der Nationalmannschaft aufgenommen zu werden, um 2011 bei der EM in Israel dabei zu sein und die Qualifikation für die Paralympics 2012 in London doch noch zu schaffen.

Und privat möchte ich irgendwann eine eigene Familie gründen. Aber das hat noch ein paar Jahre Zeit. Zunächst möchte ich dieses Jahr endlich mal wieder in den Urlaub fahren. Dafür war im vergangenen Sommer durch die U22-EM leider keine Zeit.

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