Wer bei fernöstlichem Actionkino sofort an kompromisslose Härte oder düstere Gesellschaftsparabeln denkt, wird von Hi-Five angenehm überrascht.
Wenn Superkräfte auf Alltag prallen
Regisseur Kang Hyoung-chul schlägt mit seinem Superheldenfilm einen deutlich leichteren, verspielteren Ton an und orientiert sich spürbar an der anarchischen Energie von Filmen wie Kung Fu Hustle. Das Ergebnis ist eine schräge Genre-Melange aus Action, Komödie und Superheldenparodie, die weniger an Marvels Pathos interessiert ist als an Situationskomik, Tempo und kreativem Chaos.

© Ascot Elite Entertainment
Im Zentrum von Hi-Five stehen fünf völlig gewöhnliche Menschen, die nach Organtransplantationen plötzlich über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen.
Die Handlung – Superkräfte ohne Superplan
Was in anderen Filmen der Startschuss für eine klassische Heldenreise wäre, wird hier bewusst gebrochen. Die neu gewonnenen Kräfte wirken zunächst eher wie ein lästiger Unfall als wie ein Segen. Keiner der Beteiligten weiß so recht, was er mit seinen Fähigkeiten anfangen soll, und von einem heroischen Kodex ist man meilenweit entfernt.
Erst als ein charismatischer Sektenführer auftaucht, der ebenfalls durch eine Organspende verändert wurde und nun von Unsterblichkeit träumt, wird aus dem losen Haufen widerwilliger Antihelden eine Zweckgemeinschaft. Der Antagonist mag erzählerisch simpel gestrickt sein, fungiert aber als effektiver Katalysator für den finalen Konflikt. Die Geschichte selbst bleibt dabei bewusst nebensächlich: Sie ist eher Spielwiese als tragendes Fundament und dient vor allem dazu, die Figuren in immer absurdere Situationen zu werfen.

© Ascot Elite Entertainment
Die große Stärke von Hi-Five liegt eindeutig in seiner Inszenierung. Die Actionsequenzen sind ideenreich, temporeich und oft bewusst überzeichnet.
Action, Humor und das Prinzip Over-the-Top
Hier wird geprügelt, geflogen und explodiert mit sichtbarer Lust am Spektakel. Die Spezialeffekte sind nicht immer auf Hollywood-Niveau, funktionieren aber durch ihre kreative Einbettung erstaunlich gut. Statt Perfektion setzt der Film auf Energie und Einfallsreichtum – ein Ansatz, der hervorragend zur Grundstimmung passt.
Der Humor bewegt sich dabei konstant an der Grenze zum Klamauk, trifft aber erstaunlich oft ins Schwarze. Besonders die Dynamik innerhalb der Gruppe sorgt für viele der besten Momente. Running Gags, absurde Eskalationen und bewusste Brüche mit Superheldenklischees machen den Film zu einem kurzweiligen Vergnügen.
Zwischen Herz und Karikatur
Schauspielerisch harmoniert das Ensemble überzeugend miteinander. Alle fünf Hauptfiguren wirken trotz ihrer Überzeichnung sympathisch und erstaunlich bodenständig. Gerade dieser Kontrast zwischen Alltagsmenschen und übernatürlichen Fähigkeiten sorgt für Charme. Schwächer fallen hingegen die emotionalen Szenen aus. Wenn Hi-Five versucht, ernsthafte familiäre oder persönliche Konflikte auszuspielen, wirkt das stellenweise deplatziert.
Besonders auffällig ist hier der Vater der Hauptdarstellerin: überzeichnet, laut, aber zugleich herzlich. Seine Sorge um die Tochter wird zur humoristischen Triebfeder und fügt sich letztlich besser in den Ton des Films ein als manche der ernsteren Momente. Der Bösewicht bleibt zwar eindimensional, liefert jedoch einen unterhaltsamen, visuell einprägsamen Finalkampf.

© Ascot Elite Entertainment
Im Vergleich zu südkoreanischen Erfolgsproduktionen wie Parasite, Train to Busan oder Squid Game fehlt Hi-Five bewusst der gesellschaftskritische Biss.
Popkulturelle Leichtigkeit statt Tiefgang
Stattdessen setzt der Film auf Eskapismus, popkulturelle Referenzen und augenzwinkernde Seitenhiebe auf westliche Superheldenmythen. Diese Entscheidung macht den Film zugänglicher, aber auch weniger nachhaltig. Die Geschichte hätte durchaus das Potenzial gehabt, mutiger oder subversiver zu sein. Stattdessen bleibt sie angenehm, aber oberflächlich – ein Film, der unterhält, ohne lange nachzuwirken.
Chaotischer Spaß mit Herz
Hi-Five ist kein Meisterwerk des Superheldengenres, aber ein äußerst vergnüglicher Beitrag, der mit Charme, Tempo und Kreativität punktet. Die Handlung ist zweitrangig, die Figuren bewusst Antihelden, und genau darin liegt der Reiz. Wer originelle Action, schrägen Humor und ein wenig fernöstliches Chaos schätzt, bekommt hier einen kurzweiligen, sympathischen Film geboten. Kein Gamechanger, aber ein Spaßgarant.

Bildrechte: Ascot Elite Entertainment


