Wenn man ehrlich ist, hat man sich den Streamingdienst Disney+ gekauft, um die actionreichen Marvel-Blockbuster, das Kult-Franchise Star Wars oder die liebevollen Animationsfilme anzuschauen. Doch nun hat Disney die durchaus teure Aufzeichnung des Broadway-Stücks Hamilton veröffentlicht. Ist dies eine wertvolle Bereicherung für die Plattform oder wird das Musical im Schatten der Konkurrenz verschwinden?
Gerade das deutsche Publikum dürfte mit der Geschichte über den amerikanischen Gründervater Alexander Hamilton bisher wenig Berührung gehabt haben. Dabei ist für Oktober 2021 eine Inszenierung des Musicals in Hamburg angekündigt. Wer sich vorab schon mit der Geschichte und den Songs auseinandersetzen möchte, hat nun auf Disney+ die Möglichkeit das Werk aus der Feder von Lin-Manuel Miranda (Mary Poppins’ Rückkehr) zu schauen.
Gerappte Geschichtsstunde
Ein bisschen Vorwissen über die amerikanische Geschichte sollte allerdings gegeben sein, um alle Witze und Anspielungen in dem Stück zu verstehen. Hinzu kommt, dass deutsche Zuscher das Musical derzeit nur im Originalton und optional mit englischen Untertiteln genießen können – eine deutsche Version ist nicht verfügbar.
Alexander Hamilton wird um 1757 (oder 1755) auf der Insel Nevis in der Karibik geboren. Doch schon früh verliert der aufgeweckte Junge Mutter und Vater. Aus diesem Grund bricht er auf, um in New York ein neues Leben zu beginnen.
My name is Alexander Hamilton, And there’s a million things I haven’t done, But just you wait, just you wait
Angekommen in New York City trifft Hamilton nicht nur auf seinen ersten Freund in der neuen Stadt, Aaron Burr, sondern schließt sich auch der Revolution an. Gemeinsam kämpfen die Männer unter der Führung von General George Washington gegen die Unterdrückung des britischen Königs Georg III. und bluten für die Freiheit des neuen Landes.
Die Vereinigten Staaten werden unabhängig
Doch nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg steht Alexander Hamilton vor einer weiteren großen Aufgabe: eine neue Verfassung für die Vereinigten Staaten. Des Weiteren hat Hamilton mit der Liebe zu kämpfen und versucht das Herz von Eliza Schuyler zu erobern. Auch ein Streit mit seinem einstigen Freund Aaron Burr behindert seine Arbeiten und raubt ihm seine wertvolle Zeit.
I am not throwing away my shot, I am not throwing away my shot.
Hey yo, I’m just like my country, I’m young, scrappy, and hungry, And I’m not throwing away my shot
Aufgeteilt in zwei Akte erzählt Hamilton über fast drei Stunden alle wichtigen Stationen aus dem Leben des Gründervaters Alexander Hamilton. Als Grundlage nutze Lin-Manuel Miranda das Buch Alexander Hamilton von Ron Chernow, das ihn auch zum Schreiben des Musicals inspirierte.
Wer aufgrund der Zeit, in der die Geschichte spielt, klassische Töne erwartet, dürfte überrascht sein. Hamilton bietet einen mitreißenden Mix aus Hip-Hop, Jazz, R&B und Musical, um seine Figuren und seine Story zum Leben zu erwecken.
Dabei folgt für den Zuschauer ein Ohrwurm auf den nächsten. Titel wie My Shot, Helpless und The Room Where It Happens bleiben auch nach dem Ende der Auszeichnung noch lange im Kopf und finden schnell den Weg auf die persönliche Playlist.
Hamilton sorgt für Ohrwürmer
Doch die Songs aus Hamilton haben nicht nur einen Ohrwurm-Charakter, sondern können auch mit Emotionen und Witz überzeugen. Während man zum Beispiel bei dem Lied Cabinet Battle #1 einem Rapbattle zwischen Thomas Jefferson und Alexander Hamilton beiwohnt, rührt das Lied It’s Quiet Uptown zahlreiche Zuschauer sicherlich zu Tränen. Einzig Akt 2 beginnt etwas schleppend, nimmt dann aber enormen an Tempo auf, hin zu einem großartigen Finale.
Lin-Manuel Miranda, der auch die Hauptrolle des Alexander Hamilton übernommen hat, liefert eine grandiose Leistung ab. Doch auch Daveed Diggs als Marquis de Lafayette und Thomas Jefferson, Renée Elise Goldsberry als Angelica Schuyler, Jonathan Groff als King George und Christopher Jackson als George Washington begeistern mit ihren Stimmen und ihrem Schauspiel. Leslie Odom Jr. als Freund und Widersacher Aaron Burr schafft es zudem ab und an allen anderen die Schau zu stehlen.
Eine grandiose Besetzung & fesselnde Songs
Was die filmische Umsetzung des Muscialstücks angeht, hat man hier zum Glück nicht versucht dieses in eine Filmform zu drängen. Nahaufnahmen werden nur wenn notwendig eingesetzt und primär behält Hamilton sein Theater-Feeling.
Mitreißende Songs, packende Darsteller und und eine fesselnde Geschichte sorgen dafür, dass man auch ohne größeren Bezug zu den Vereinigten Staaten von Amerika die Aufzeichnung des Musicals genießen kann. Hamilton ist definitiv eine enorme Bereicherung für den Streamingdienst Disney+ und für die deutschen Zuschauer sicherlich ein Geheimtipp, der Freunden von Filmen wie Les Misérables (2012), Sweeney Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street (2007) und Greatest Showman (2017) Freude bereiten wird.
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