Richard Attenboroughs Gandhi ist mehr als nur ein klassisches Biopic. Es ist ein episches, bildgewaltiges und zutiefst respektvolles Porträt einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
Ein Mann verändert die Welt: Gandhi als monumentales Biopic
Der Film zeigt nicht nur die politische Dimension von Mahatma Gandhi, sondern versucht auch, dem spirituellen Kern seines Denkens gerecht zu werden – ein mutiges Unterfangen, das fast vier Jahrzehnte nach dem Kinostart nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat.
Der Film beginnt mit dem Mord an Gandhi im Jahr 1948 – und springt danach zurück in das Jahr 1893, als der junge indischstämmige Anwalt Mohandas Karamchand Gandhi in Südafrika ankommt. Dort erlebt er Rassismus und soziale Ungerechtigkeit am eigenen Leib.
Vom Anwalt zum Vater der Nation
Dieses Erlebnis markiert den Beginn seines Engagements für Gewaltlosigkeit und Gerechtigkeit. Gandhi entwickelt in Südafrika seinen Ansatz des passiven Widerstands, den er später in Indien perfektionieren wird, um das britische Empire ohne Waffengewalt herauszufordern.
Zurück in Indien wird er zum Sprachrohr eines ganzen Volkes. Er initiiert den berühmten Salzmarsch, verbringt Jahre im Gefängnis und setzt sich unermüdlich für die Unabhängigkeit seines Landes ein. Auch nach der politischen Unabhängigkeit kämpft er weiter – gegen die Teilung Indiens, religiöse Gewalt und soziale Ungleichheit.
© Sony Pictures Entertainment (PLAION PICTURES)
In seiner ersten großen Hauptrolle brilliert Ben Kingsley (Self/less) als Gandhi. Er geht weit über bloße Nachahmung hinaus – vielmehr scheint er mit der Figur zu verschmelzen.
Ben Kingsley – Eine Verwandlung, keine Darstellung
Kingsley spielt Gandhi mit ruhiger Würde, mit Charisma und Bescheidenheit, aber auch mit klarer Haltung. Er vermittelt die spirituelle Tiefe, den Mut und die Verletzlichkeit dieser historischen Figur gleichermaßen. Dass Kingsley den Oscar® als bester Hauptdarsteller gewann, ist absolut verdient. Es ist eine der seltenen Rollen, in denen man als Zuschauer völlig vergisst, einen Schauspieler zu sehen und stattdessen das Gefühl hat, dem echten Gandhi zu begegnen.
Gandhi ist in erster Linie ein Film über Ideen – aber auch über Orte, Menschen und Atmosphäre. Gedreht an Originalschauplätzen in Indien, entfaltet der Film eine ungeheure visuelle Kraft. Die Massenszenen, insbesondere die Beerdigung Gandhis oder der Salzmarsch, sind beeindruckend choreografiert und mit großer Sensibilität inszeniert. Attenborough gelingt es, Indien als lebendigen Organismus zu zeigen – als zerrissenes, aber leidenschaftliches Land, das nach Freiheit strebt.
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Die Musik von Ravi Shankar und George Fenton unterstreicht das Geschehen mit Zurückhaltung und Tiefe. Die Kameraarbeit ist grandios und unterstützt die emotionale und historische Dimension der Erzählung auf unaufdringliche Weise.
Kleine Schwächen in der Chronologie
Trotz seiner epischen Laufzeit von über drei Stunden hat der Film einige erzählerische Schwächen. Besonders auffällig ist die fehlende Struktur im zeitlichen Verlauf: Große historische Ereignisse wie die Salzmärsche oder Gefängnisaufenthalte werden im Eiltempo durchlaufen, teils ohne klare Einordnung. Ohne Vorkenntnisse kann es schwerfallen, der Chronologie des indischen Unabhängigkeitskampfs zu folgen. Eine stärkere visuelle oder textliche Orientierung hätte hier geholfen.
Auch Gandhis Kindheit und private Hintergründe bleiben weitgehend ausgespart – vermutlich bewusst, um sich ganz auf das politische Wirken zu konzentrieren. Dennoch wäre ein kleiner Einblick in den frühen Werdegang wünschenswert gewesen.
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Gandhi ist ein Monumentalfilm alter Schule – mit überwältigender Ausstattung, grandiosem Schauspiel und einem aufrichtigen Anliegen. Attenborough gelingt ein seltenes Kunststück: Er verfilmt Geschichte nicht nur zur Information, sondern zur Inspiration.
Ein Film, der inspiriert und verpflichtet
Gandhis Philosophie des gewaltlosen Widerstands wird nicht nur erklärt, sondern gelebt – in Bildern, Worten und Blicken.
Auch wenn der Film nicht alle Aspekte seines Lebens umfassend abdeckt, bleibt er eine der eindrucksvollsten filmischen Auseinandersetzungen mit einer historischen Figur. Er bietet ein emotionales, intellektuelles und ethisches Erlebnis – und wirkt auch Jahrzehnte später noch nach.
Hinweis: Seit dem 02. Mai gibt es Gandhi als limitiertes Steelbook (4K-UHD+Blu-ray).

Bildrechte: Sony Pictures Entertainment (PLAION PICTURES)
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