Viele Franchises, gerade im SciFi- und Fantasy-Bereich, würden vermutlich heute nicht existieren ohne Dune. Sei es George Lucas‘ Star Wars-Filme, oder sogar George R. R. Martins Buch-Reihe Game of Thrones – sie alle sind inspiriert von Frank Herberts Roman.
Lang leben die Kämpfer
Fast schon Ironie, dass sich an der eigentlichen Verfilmung desselben viele Filmemacher die Zähne ausgebissen haben. Arthur B. Jacob wie auch Alejandro Jodorowsky scheiterten schon in der Vorbereitung an der Komplexität des Stoffes und der Budgetierung für Settings und Aufmachung der Produktion.
Schließlich hat David Lynch 1984 mit Der Wüstenplanet einen halbgaren Film auf die Leinwand gebracht, der zwar die Handlung einigermaßen rezipiert, allerdings eher die These untermauert hat, dass Frank Herberts SciFi-Fabel scheinbar unverfilmbar ist. Selbst eine TV-Serie (u.a. mit Uwe Ochsenknecht als Stilgar) fand nur mäßigen Anklang, obwohl man sich mit der Erzählung mehr Zeit lassen konnte.
Ja, Herberts Roman ist in der Tat ein Brocken, erzählt er nicht nur eine futuristische Geschichte um Macht, Intrigen und Freiheit, sondern beschäftigt sich mit Themen wie religiösem Fanatismus und Spiritualität, und zeichnet gleichzeitig das komplexe Ökosystem und die Infrastruktur eines futuristischen Planeten. Das alles umrahmt von einem World Building auf J. R. R. Tolkien-Niveau.
Ein bildgewaltiges & opulentes Meisterwerk
Denis Villeneuve heißt also nun der Mann, der schon seit Kindheitstagen den Traum hegt, dieses literarische Epos eines Tages verfilmen zu können. Nachdem sich der Kanadier mit Werken wie Arrival oder Blade Runner 2049 im SciFi-Sektor etablieren konnte, fühlten sich Studios und Produzenten offenbar dazu berufen ihm diesen Traum zu erfüllen. Ihm den Stoff in die Hand zu drücken, an dem so viele zuvor gescheitert sind.
2021 hat der Regisseur allen bewiesen, dass das vermeintlich Unmögliche möglich ist. Dune: Part One ist ein bildgewaltiges, opulentes Meisterwerk geworden, das nicht nur Herberts Roman huldigt, sondern auch audiovisuell neue Maßstäbe zu setzen vermochte. Doch trotzdem blieb der Film zunächst nur ein Versprechen, erzählte er nur die erste Hälfte der Geschichte.
Fast drei Jahre später ist es also endlich so weit: Mit Dune: Part Two kehrt Villeneuve nach Arrakis zurück und knüpft nahtlos an die Ereignisse aus dem ersten Teil an.
Die Geschichte der mythischen Reise von Paul Atreides
Nachdem sich Paul Atreides (Timothée Chalamet) und seine Mutter Jessica (Rebecca Ferguson) dem Fremen-Trupp rund um Stilgar (Javier Bardem) angeschlossen haben, lernt er mehr und mehr die Kultur und Bräuche der Einheimischen kennen und in der Wüste zu überleben. Bald schon wird Paul bewusst, dass ihm eine Rolle zugesprochen wird, die das Volk spaltet. Während die einen in ihm den Lisan al Gaib, den Erlöser und Messias, sehen, sind gemäßigt Religiöse skeptisch, dass ihnen ein Fremder die ersehnte Freiheit schenken kann. Und dann ist da noch die Fremin Chani (Zendaya), zu der Paul eine immer intensivere Beziehung aufbaut.
Zeitgleich beauftragt der Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) seinen Neffen Feyd Rautha (Austin Butler), den Planeten endgültig von dem Wüstenvolk zu säubern. Und im Hintergrund ziehen Imperator Shaddam (Christopher Walken), seine Tochter Irulan (Florence Pugh) und die Ehrwürdige Mutter Gaius Helen Mohiam (Charlotte Rampling) die Fäden.
Eine meisterhafte Sci-Fi-Fortsetzung mit exotischen Klängen
Vorweg sei direkt gesagt: Der Film schafft es das Versprechen des ersten Teils einzulösen. Villeneuve macht genau da weiter, wo er im Vorgänger aufgehört hat. Dune: Part One diente vor allem als Exposition, beeindruckte mit Bildgewalt, faszinierender Soundkulisse und einem durchdachten World Building.
Wenn der Hans Zimmer-Score mit exotischen Klängen durch den Kinosaal dröhnt und Kameramann Greg Fraser die endlosen Weiten von Arrakis inszeniert, hatte das 2021 im Kino einen audiovisuellen Aha-Effekt, dessen Faszination in einem Nachfolger drohte zu verklingen. Doch der Fortsetzung gelingt es sich nicht auf den epischen Bildern auszuruhen, sondern mit dichterer Erzählung ein episches Finale einzuleiten.
Villeneuve schafft den Spagat die komplexe Story für den Blockbuster-Zuschauer verständlich genug herunterzubrechen, ohne dabei die Essenz des Ganzen aus den Augen zu verlieren. Dem Film kommt dabei zugute, dass sich der kanadische Regisseur noch mehr kreative Freiheiten nimmt. Die ein oder andere Änderung könnte manchen Buchlesern missfallen, doch kommt dem Pacing definitiv zugute. Eine der größten ist sicherlich die Darstellung von Pauls Schwester Alia.
Aber auch die Charakterentwicklung des Atreides-Nachkommen zeichnet Villeneuve wesentlich drastischer, verdeutlicht dessen Ambivalenz in einer Art und Weise wie es Herbert in der Vorlage nicht gelungen ist. Schließlich schrieb der Autor den Nachfolge-Roman Dune: Messiah vor allem deswegen, weil viele die Aussage seiner Geschichte falsch deuteten. Denis Villeneuve greift dem vor und schürt damit gleichzeitig Hoffnungen auf einen (geplanten, aber noch nicht bestätigten) dritten Film.
Warten auf den Erlöser
Auf der anderen Seite hat dies auch Auswirkungen auf andere Charaktere, und so wird Chani als emanzipierter Gegenpol inszeniert, der vor allem in der zweiten Hälfte Gewicht kriegt, wenn Pauls Entwicklung von der Wüstenmaus (Muad’dib) zum Despoten und vermeintlichen Messias (Lisan al Gaib) rapide zunimmt. Dieser Perspektivwechsel ist eine noch interessantere Neuerung, wenn man ihn im Kontext mit einem möglichen Dune: Messiah sieht.
Oft ist es in solchen Filmen schwierig für Schauspieler gegen die Bildgewalt anzuspielen. Dune funktioniert aber auch dank des großartigen Casts, was nicht zuletzt schon der erste Teil bewiesen hat. Vor allem aber Timothée Chalamet und Zendaya spielen sich hier nochmal in neue Sphären.
Rebecca Ferguson ist ebenfalls wieder eine Wucht, und Javier Bardem sorgt als Stilgar sogar für manche Comic Relief-Momente, was der ansonsten schwermütigen Geschichte eine erfrischende Note hinzufügt. Von den Neuzugängen sticht Austin Butler heraus, der als Feyd Rautha eine grausig gute Performance abliefert. Dagegen kommen andere Neuzugänge wie Christopher Walken oder Florence Pugh fast schon etwas zu kurz, vor allem Letztere wird aber im nächsten Film sicherlich eine größere Rolle einnehmen.
Obwohl der Film insgesamt deutlich runder ist als Teil 1 und ein großes Kapitel abschließt, lässt er uns wieder mit offenen Fragen zurück. Manche kritisieren auch, dass der Fokus zu stark auf Themen wie der Messias-Frage oder dem Zwiespalt der Protagonisten liegt, während andere Handlungsstränge und Figuren weniger bis gar nicht thematisiert werden.
Das Fantasy-Epos einer neuen Generation
Dune: Messiah könnte in dieser Hinsicht wichtiger denn je sein, denn nicht nur ist er die Konklusion der Atreides-Odyssee, sondern ein Roman, in dem aktiv nicht viel passiert und in dem Denis Villeneuve einige Elemente ergänzen könnte, um die Dimensionen der Geschichte auf einer größeren Ebene zu skalieren.
Fazit: Dune: Part Two ist der grandiose zweite Akt von Villeneuves Dune-Saga, ein audiovisuelles Meisterwerk. Diese Filme haben definitiv das Zeug zum unsterblichen Film-Epos, sind uns mit Messiah aber noch den dritten Akt schuldig. Wenn der gelingt, hat die Trilogie das Potential eine der besten ScFi-/Fantasy-Reihen der Filmgeschichte zu werden.
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