Lange galt er als der nette, verträumte Kerl von nebenan, dem man die Rolle des fiesen Bösewichts nicht so recht zutrauen wollte. In Wolfgang Beckers Ich und Kaminski, der am 17. September 2015 startet, kommt Daniel Brühl nun als egoistischer, karrieregeiler Kunstjournalist daher, der mit einem Enthüllungsbuch über den legendären, aber in Vergessenheit geraten „blinden Maler“ Kaminski zu Ruhm und Reichtum gelangen will.
Eine Charakterrolle ganz nach dem Geschmack des begabten Halbspaniers, der in seiner schauspielerischen Vergangenheit schon die unterschiedlichsten Facetten von sich zeigen und damit so manchen Kinoerfolg für sich verbuchen durfte, wie diese Beispiele beweisen:
Das weisse Rauschen (2002)
Nach ersten Schritten in Richtung Schauspielerei bescherte ihm Das weiße Rauschen 2002 erstmals größere Aufmerksamkeit beim deutschen Publikum. In dem Langfilmregiedebut des österreichischen Regisseurs Hans Weingartner schlüpft Brühl in die Rolle eines schizophrenen Jugendlichen. Eine Rolle, auf die er sich im Vorfeld akribisch vorbereitete, indem er Betroffene interviewte und verschiedenen Anstalten aufsuchte. Und sein Einsatz zahlte sich aus: Für seine überzeugende und bewegende Darstellung wurde der damals 23-Jährige sowohl mit dem Bayerischen als auch mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Doch dies war nur der Startschuss für seine steile Karriere.
Good Bye, Lenin! (2003)
Ein Jahr später ließ Daniel Brühl in Wolfgang Beckers gefeierter Mauerfall-Komödie Good Bye, Lenin! die DDR wieder auferstehen: Weil seine kranke Mutter (Katrin Sass) die Wende im wahrsten Sinne des Wortes verschlafen hat, setzt er als fürsorglicher und überaus erfinderischer Sohn alle Hebel in Bewegung, ihre ostdeutsche Lebenswirklichkeit aufrecht zu erhalten.
Seine Rolle bescherte dem Jungstar den Durchbruch als Schauspieler – und machte einst verschmähte Ostprodukte wie Nudossi, Florena, Tempobohnen und Co. mit einem Schlag wieder sexy.
https://youtu.be/kbGe403xdbk
Was nützt die Liebe in Gedanken (2004)
Dass Daniel Brühl auch mit leisen Tönen trifft, stellte er 2004 in Achim de Borries Was nützt die Liebe in Gedanken unter Beweis, einer filmischen Aufarbeitung der „Steglitzer Schülertragödie“, die 1927 ganz Berlin erschütterte. Brühl mimt darin gefühlvoll und energiegeladen zugleich den jungen Poeten Paul, der mit seinem besten Freund Günther (August Diehl) einen Selbstmörderclub gründet, mit der Übereinkunft, sich an jenem Tag das Leben zu nehmen, an dem die beiden keine Liebe mehr spüren können.
Die fetten Jahre sind vorbei (2004)
Mit Die fetten Jahre sind vorbei erfuhr die Zusammenarbeit mit Regisseur Weingartner eine fruchtbare und nicht minder erfolgreiche Fortsetzung: Als verschlossener Schwärmer, der den revolutionären Ideen der 68-Bewegung nachjagt, zettelt Daniel Brühl an der Seite von Julia Jentsch und Stipe Erceg eine Großstadtrevolte gegen das Bürgertum an. Beim Filmfestival in Cannes, wo der Film 2004 als erster deutschsprachiger Film seit 1993 im Wettbewerb um die Goldene Palme lief, wurde das gesellschaftskritische Werk mit Standing Ovations gefeiert.
Salvador – Kampf um die Freiheit (2006)
Auch in Spanien blieb das Talent des jungen Schauspielers nicht unbemerkt. Und nicht zuletzt dank seiner spanischen Wurzeln konnte er 2006 die Titelrolle in dem politischen Drama Salvador – Kampf um die Freiheit ergattern. Die überzeugende Verkörperung des Freiheitskämpfers und ETA-Aktivisten Salvador Puig Antich, der bei seiner Festnahme einen Polizisten tötete und als letzter spanischer Häftling durch die Garrotte hingerichtet wurde, brachte Brühl eine Nominierung für den „Goya“, Spaniens höchste Filmauszeichnung, in der Kategorie „Bester Darsteller“ ein. Der Film selbst avancierte zum Publikumsliebling.
Inglourious Basterds (2009)
Als Kultregisseur Quentin Tarantino nach geeigneten deutschen Darstellern für sein Nazi-Märchen Inglourious Basterds Ausschau hielt, kam auch er an Daniel Brühl nicht vorbei. Von den Qualitäten des Schauspielers überzeugt, besetzte er ihn für jene Rolle, für die vorübergehend auch Leonardo diCaprio im Gespräch gewesen war: Als von den Nazis gefeierter Kriegsheld Frederick Zoller erweckt Brühl eine äußerst ambivalente Figur zum Leben. Die des kultivierten Offiziers auf er einen, die des eiskalten, wahnsinnigen Killers auf der anderen Seite.
Rush – Alles für den Sieg (2013)
Mit seiner Rolle in der deutsch-amerikanischen Produktion Rush – Alles für den Sieg setzte Brühl 2013 einen weiteren Meilenstein in seiner beruflichen Erfolgsgeschichte. Seine Verkörperung des jungen Nikki Lauda rührte selbst die lebende Formel-1-Legende zu Tränen. Und sie entpuppte sich als Katalysator für seine internationale Karriere. Mit dem Rennfahrer-Drama erspielte sich Daniel Brühl nicht nur eine Golden Globe Nominierung, sondern auch die Aufmerksamkeit der Marvel Studios, die ihn kurzerhand für die Rolle des Bösewichts Baron Zemo in der Comic-Verfilmung Captain America: Civil War verpflichteten.
Doch ehe sich der deutsche Exportschlager im Superheldenuniversum behaupten darf, bringt er mit dem komödiantisch-satirischen Roadmovie Ich und Kaminski ab 17. September 2015 erst einmal die Kunstwelt durcheinander. Ein cineastisches Vergnügen, das sich nicht nur eingefleischte Daniel-Brühl-Fans nicht entgehen lassen sollten.