Dawn of the Dead (2004) | Filmkritik

Der Zombiefilm gehört heutzutage zum Standardrepertoire des Horrorkinos.

Gerade in den 00er-Jahren erfreute sich dieses Subgenre nicht nur breiter Beliebtheit bei den zahlenden Kinogängern – hier entstanden z.B. das Resident-Evil-Franchise (seit 2002) oder später Zombieland (2009) –, sondern auch Filmkritiker und -kritikerinnen konnten sich für Geschichten aus der Welt der Untoten wie in Danny Boyles 28 Days Later (2002) begeistern.

Dieser Umstand hat sich bisher nicht geändert.

Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück!

Train to Busan (2016) erfreute die Kritik und die Serienadaption der Graphic-Novel-Reihe The Walking Dead (seit 2010) schaffte den Massenerfolg genauso wie das Videospiel The Last of Us (2013). Zweifelsohne begann die Faszination für die lebenden Leichen in Hollywood mit George A. Romero (1940-2017).

Der US-amerikanische Regisseur legte mit Die Nacht der lebenden Toten (1968) den Grundstein für den modernen Zombiefilm. Mit einem weltweiten Ertrag von 30 Millionen US-Dollar spielte dieses Erstlingswerk ungefähr das 260-fache seines Produktionsbudgets ein. Romero inszenierte bis 2009 insgesamt sechs Filme der damit begonnenen Living-Dead-Reihe, in der vielen der zweite Teil Dawn of the Dead von 1978 (einfallsreicher deutscher Titel: Zombie) als der gelungenste gilt.

© Universal Pictures Germany GmbH

2004 nahm sich ein damals noch Unbekannter auf dem Regiestuhl den kinohistorischen Stoff vor und machte ein Remake von Dawn of the Dead zu seinem Regiedebut. Die Rede ist von Zack Snyder (Watchmen, Sucker Punch, Zack Snyder’s Justice League). Mit dabei war noch ein anderer Unbekannter, der inzwischen weltberühmt ist: James Gunn (Guardians of the Galaxy). Er schrieb das Drehbuch und trug so maßgeblich dazu bei, dass die neue Version des Horrorklassikers eben mehr wurde als ein bloßes Remake.

Zwar teilen beide Versionen immer noch dieselbe Grundidee in Hinblick auf den Plot: Eine Gruppe von Fremden gelingt während einer ausbrechenden Zombieapokalypse die Flucht in ein örtliches Kaufhaus, wo sie sich vor den Körperfressern verstecken wollen. Ansonsten aber ist Synders und Gunns Vision eine veränderte.

Zombies ohne Konsumkritik

Manche mögen nun argumentieren, dem neuen Film fehle es an Romeros sozialkritischer Doppelbödigkeit, inszenierte er Dawn of the Dead doch damals gerade deswegen in einem Kaufhaus, um eine kapitalistische Konsumkritik anzudeuten. Bei ihm schlurften die Zombies – jedem rationalen Denken beraubt – selbst in der existentiellen Not schlicht zu den Orten zurück, an die sie auch im Leben ihr Herz hängten: die Geschäfte, wo sie ihr Geld ausgeben konnten.

Tatsächlich kümmert sich die 2004er-Version wenig um dieses Motiv. Dafür bieten Snyder und Gunn eine größere Gruppe von Überlebenden auf, die sich über die Zeit miteinander arrangieren müssen. Zwischenmenschlich ist deren Dynamik in den Schranken eines Horrorblockbusters durchaus glaubwürdig und interessant. Zudem sind die Zombies ganz im Gegensatz zu denen Romeros für einen spannenden Film wesentlich tauglicher.

Sie sind nämlich nicht dem Klischee entsprechend stöhnende, planlos und langsam herumirrende Existenzen, sondern stattdessen aufmerksame, übermenschlich schnelle Todesmaschinen. Es gibt deswegen keine einzige Szene, in der ein Zombie, der plötzlich auftaucht, nicht auch eine echte Bedrohung darstellt.

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Zur Abwechslung zu vielen anderen Horrorfilmen handeln die Figuren hier endlich einmal clever und raufen sich im Team zusammen, um den bestmöglichen Schutz für sich selbst zu gewährleisten. Der zu Beginn herrische Security-Chef CJ (Micheal Kelly) hätte in einem schwächeren Film sicherlich auf seiner uneingeschränkten Autorität bestanden, wäre einen schnellen und sinnlosen Tod gestorben und hätte alle anderen Gefahr gebracht.

In Dawn of the Dead aber lässt er sich, wenn auch widerwillig, von guten Vorschlägen überzeugen.

Schlimmer als der Tod selbst

Etwa auf der Hälfte der Laufzeit erleben die Zuschauerinnen und Zuschauer eine Verschnaufpause. Nach einigen Wochen im Einkaufszentrum haben sich die Fremden näher kennengelernt und mit ihrer Situation allmählich arrangiert. In der Apokalypse, in der eigentlich nichts normal erscheint, stellt sich so etwas wie ein neues Normal ein. Dass dieses Normal jedoch trotz aller Sicherheitsroutinen, die die Gruppe entwickelt hat, trügerisch bleibt, zeigt sich in einer visuell und emotional verstörenden Szene, die nicht gespoilert werden soll.

Wenn der Film hier für manche sicherlich die Grenzen des guten Geschmacks zu sehr austestet, so bleibt die Szene jedoch zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar und bereitet damit innerlich ideal auf das Finale vor.

Nachdem sich an diesem vorläufigen Höhepunkt offenbart, dass es schlimmere Dinge als den Tod selbst gibt, ist man bereit, gemeinsam mit den Charakteren ein Wagnis einzugehen und das bisher relativ sichere Fort des Einkaufszentrums zu verlassen, in der Hoffnung, dass es irgendwo das alte Normal zurückgeben könnte. Diese Hoffnung ist den drohenden Tod als Risiko wert.

Die Gruppe um CJ, Kenneth (Ving Rhames), Ana (Sarah Polley), Michael (Jake Weber) und andere muss nach Wochen ohne Hilfe ihr Glück trotz aller Gefahren versuchen. Wieder einmal cleverer als die gewöhnlichen Horrorfilmfiguren übereilen sie allerdings nichts, sondern wappnen sich bestmöglich für ihr Himmelfahrtskommando.

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Über die gesamte Länge funktioniert Synders und Gunns Debutfilm dabei vor allem als unterhaltsamer Actionhorror, weniger als beklemmender Gruseltrip. Die Zuschauerinnen und Zuschauer bleiben von billigen Jump-Scares verschont. Stattdessen bahnt sich eine Spannungsladung in der Regel länger an. Wenn sie sich dann aber auf einmal entlädt, dann bleibt der Adrenalinspiegel hoch.

Eine gelungene Neuauflage des Romero-Klassikers

Handwerklich fallen besonders die praktischen Effekte und Masken der Zombies positiv ins Auge. Im Schusswechsel setzten die Macher auf Explosionen kleiner Kunstblutkapseln. Verstümmelte Untote wurden – wie schon damals bei Romero – von Menschen gespielt, die tatsächlich Amputationen hinter sich hatten.

Obwohl Dawn of the Dead um einiges älter ist als jüngere, aber mit vielen Computereffekten unterstützte Genrevertreter wie I am Legend (2007) oder World War Z (2013), fühlt sich dieser Film auch noch heute echt an.

Das cineastische Highlight dieser Version von Dawn of the Dead bleibt allerdings das Intro. Wir sehen darin die Protagonistin Ana, wie sie in ihrem Auto vor dem eigenen zum Untoten verwandelten Ehemann flieht. In der Folge erleben wir ihre Irrfahrt durch das plötzlich ausgebrochene Chaos der Apokalypse.

Mal sehen wir das Auto aus der Vogelperspektive oder die Kamera folgt dem Auto in semidokumentarischem Stil. Wir sehen aber auch das Innenleben des Wagens und beobachten Ana ganz direkt, die nur eine Scheibe vom Wahnsinn ihrer Umgebung trennt. Diese Szene gehört mit zu den stimmungsvollsten des modernen Horrorkinos.

Abschließend darf man festhalten: So inszeniert man ein gelungenes Remake. Die Neuauflage des Romero-Klassikers würdigt dessen Erbe und erfindet dabei zugleich nicht nur Teile der Handlung neu, sondern wagt sich an eine veränderte Stimmung. Snyders Auge für bedeutungsstarke Bilder und Gunns Talent eine spannungsvolle Gruppendynamik in temporeichen Dialogen zu erzählen, ergeben starke Unterhaltung für jeden Horrorfan.

Bewertung

Trailer

Informationen
Dawn of the Dead | 15. April 2004 (Deutschland) 7.3
Regisseur: Zack SnyderDrehbuchautor: George A. Romero, James GunnDarsteller: Sarah Polley, Ving Rhames, Mekhi PhiferHandlung:

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