In der Wirtschaft kennt man den Begriff Disruptive Technologien. Dabei handelt es sich um eine Innovation, die bereits bestehende Produkte oder Technologien vollständig ersetzt und vom Markt verdrängt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Wandel nicht langsam, sondern fast schlagartig vollzieht.
Eine ähnliche Entwicklung erleben gerade die TV-Sender dieser Welt. Mit dem Einstieg des ehemaligen Video-Versandhändlers Netflix in die Welt des Streamings entwickelten sich die Streaming-Sender, die kurz davor sind, die herkömmlichen Fernsehsender gewaltig unter Druck zu setzen. Doch Netflix hat damit offenbar noch lange nicht sein Ziel erreicht. Die gesamte Branche befindet sich in einem beständigen Wandel, dessen weitere Entwicklungen und Ende noch nicht vollständig absehbar sind.
Microsoft legt vor
Schon seit einigen Jahren kursiert in der Gaming-Branche die Vorstellung, dass es bald auch so etwas wie ein Netflix der Spiele geben könnte. Schließlich sind die meisten Games längst vor allem als Download begehrt. Die Gamer bevorzugen diese seit langem gemeinsam mit klassischen Online-Games. Nicht umsonst haben Anbieter wie Blizzard Entertainment mit World of Warcraft und 888 Online Poker ein weltweites Publikum für ihre Spiele erobert. Das Spiel Poker ist ein gutes Beispiel dafür, welche Märkte durch das Aufkommen neuer Technologien erschlossen werden können. Das wollen zahlreiche Hersteller für sich nutzen.
Die technische Basis für ein Netflix der Spiele besteht längst mit dem Hochleistungsinternet. Das Ende der klassischen Konsolen wird daher nicht erst seit gestern immer wieder vorhergesagt. Das ist kein Wunder, schließlich hat mit Microsoft schon der erste große Konsolenhersteller seine langfristige Strategie an die technologischen Fortschritte angepasst. Schon bei Veröffentlichung der Xbox Series X betonte man in Redmond, dass man gar kein Interesse mehr daran habe, den großen Konkurrenten Sony bei der Verkaufszahlen der neuen Konsolen-Generation zu übertrumpfen.
Man sehe die Xbox Series X lediglich als ein Produkt in einer ganzen Reihe. Im Mittelpunkt der Bemühungen stehe nun der hauseigene Abonnement-Dienst für Videospiele Game Pass. Dieser wird nun schrittweise für die unterschiedlichsten Plattformen geöffnet, um eine möglichst breite Kundenschicht anzulocken. Damit setzt Microsoft bereits jetzt eine Benchmark, an der sich die Konkurrenz orientieren wird müssen.
Netflix sucht neue Zielgruppen
Da will man beim ersten großen Streaming-Dienst scheinbar nicht nachstehen. Offenbar ist man bei Netflix nicht gewillt ein Netflix der Spiele entstehen zu lassen. Warum das eigene Geschäftsmodell einem Konkurrenten überlassen, wenn man es selbst auch beim Gaming umsetzten könnte? Da hat man sich bei Netflix gedacht und zuletzt die seit einiger Zeit kursierenden Gerüchte bestätigt.
Doch zunächst wird sich der Streaming-Gigant auf Mobile-Games beschränken. Das Unternehmen möchte bereits demnächst Games streamen und das ohne Kosten für seine Kunden. Dies wurde nun im Rahmen der Präsentation eines Finanzberichts konkretisiert. Damit können Microsoft Game Pass, Google Stadia und Amazon Luna vorerst aufatmen.
Der Einstieg mit Mobile-Games ergibt durchaus Sinn. Schließlich kann Netflix diese günstig produzieren lassen. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass sie auf allen Endgeräten flüssig laufen. Doch das soll erst der Anfang sein. In weiterer Folge plant man auch größere Konsolen-Titel zu veröffentlichen. Die ganz großen Blockbuster werden aber aller Voraussicht nicht darunter sein. Experten gehen davon aus, dass der Fokus der Games auf dem Storytelling liegen wird, und weniger auf Rollenspielen und Shootern.
Virtual Reality kommt nur schleppend voran
Ein Thema, das die Branche bereits seit vielen Jahren beschäftigt, ist Virtual Reality. Doch der anfangs ausgelöste Hype ist etwas zum Erliegen gekommen. Der von vielen Seiten immer wieder prognostizierte Durchbruch in den Massenmarkt ist bisher ausgeblieben. Das ist durchaus überraschend, schließlich bietet die Technologie alles, was sich die Gamer wünschen.
Es krankt allerdings weiter an der Umsetzung. Das erscheint wenig nachvollziehbar, schließlich pumpen zahlreiche Tech-Giganten jede Menge Geld in die Technologie. Doch das reichte bisher nicht aus, um Virtual Reality im Mainstream zu etablieren. Zu Beginn des Jahres 2020 veröffentlichte Steam eine Umfrage, wonach lediglich 1,7 Prozent der User ein VR-Headset nutzen. Mittlerweile ist dieser Anteil auf 2,3 Prozent gestiegen, doch von einem großen Erfolg kann noch immer nicht die Rede sein.
Die Gründe für das Zögern der Gamer könnten in den Voraussetzungen der Hardware und in den Preisen verborgen sein. Die großen Konsolenhersteller haben dies scheinbar erkannt und halten sich weiter zurück. Lediglich Sony mit seiner PlayStation VR wagt sich etwas vor. Doch die Verkaufszahlen sprechen auch hier eine klare Sprache. Lediglich fünf Prozent der insgesamt 100 Millionen verkauften PlayStation 4 waren eine PlayStation VR.
Noch sind die Entwicklungskosten für Virtual Reality in den Gaming-Blockbustern zu hoch. Solange wenig Aussicht besteht, diese wieder einzuspielen, werden sich die großen Spiele-Entwickler weiter nicht an das Thema heranwagen. Doch in wenigen Jahren könnte der Trend neuen Aufschwung erfahren, wenn der Markt weiter entwickelt ist.
Das Ende der Konsolen?
Dafür könnte das Thema Cloud Gaming sorgen. Bereits die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Befreiung von physischen Fesseln dem Gaming guttut. Das Internet hat Gaming in alle Wohnzimmer und auf jede nur erdenkliche Form von Endgeräten gebracht. Ein Fortschreiben dieser Entwicklung könnte auch neuen Technologien wie Virtual Reality den endgültigen Durchbruch verschaffen.
Diese wird allerdings, wenn es nach Ansicht einiger Experten geht, auch ein prominentes Opfer fordern. Die bevorstehende 5G-Revolution im Mobilfunk wird die mobilen Bandbreiten in nie zuvor gekannte Höhen schießen. Das sollte dem Cloud-Gaming zum endgültigen Durchbruch bei Smartphones verhelfen. Dies in Kombination mit Abo-Modellen, wie wir sie bereits von Streaming-Anbietern wie Netflix kennen, könnte das Ende von PlayStation und Co bedeuten.
Die meisten Menschen besitzen bereits ein Smartphone und könnten sich so zukünftig die Anschaffung einer Konsole ersparen. Es ist also gut möglich, dass die aktuellen Next-Gen-Konsolen die letzten ihrer Art sein werden. Ob es tatsächlich dazu kommt, wird auch vom Tempo des 5G-Ausbaus abhängen. Zuletzt wurde in Deutschland bereits 3G abgeschaltet. Die Hersteller haben jedenfalls längst reagiert. Laut Gerüchten arbeitet Nintendo an einem neuen Switch Pro Modell mit einem noch stärkeren WLAN-Modul.
Die Gamer stehen jedenfalls vor spannenden Zeiten. Der technologische Fortschritt und die immer stärkeren Bandbreiten im Netz versprechen eine neuerliche Gaming-Revolution. Welcher der zahlreichen Anbieter am Ende des Tages die Nase vorne haben wird, steht dabei noch nicht fest.