Ein rüpelhafter Komiker verliebt sich in eine berühmte Opernsängerin. So beginnt die Geschichte von Annette. In einer Mischung aus Liebesdrama, düsterem Märchen und Musical wird so ziemlich alles an Genres im Film von Leos Carax zusammengeführt.
So gefährlich, so intensiv wie die Liebe
Henry McHenry (Adam Driver) ist ein provokanter Geselle. Rauchend und pöbelnd steht er im Bademantel bekleidet auf der Bühne und teilt kräftig aus. Doch seine Welt ändert sich, als er die schöne Ann (Marion Cotillard) kennen und lieben lernt. Und aus ihrer Liebe erwächst ein ganz besonderes Kind, welches über eine wundervolle Gabe verfügt: Annette.
Doch damit beginnen die Probleme: während Henrys Stern am Sinken ist, erobert die schöne Opernsängerin jede Bühne. Es kommt zum Streit und die kleine Familie droht daran zu zerbrechen.
Annette wird mit jeder Minute skurriler, düsterer und unheimlicher. Das Märchen mit seiner Bildgewalt wandelt sich recht schnell zu einem wahren Alptraum.
Musik, Liebe und Schicksal
Von der Fachpresse hoch gelobt und in Cannes ausgezeichnet, ließ mich dieses überlange Machwerk völlig überfordert zurück. Schon zu Beginn wirken die zahlreichen Gesangspassagen irgendwie unmelodisch und deplatziert. Keines der Lieder mag gefallen und wirkt, als sei es eine gesangliche Improvisation. Fast wirkt es, als würde ein Kleinkind seinen Tagesablauf vor sich her singen.
Auch wenn die Stimmen der Hauptdarsteller wirklich gut sind und zeigen, wie vielseitig Adam Driver und Marion Cotillard sind, lässt mich jedes der Lieder ungerührt zurück.
In Musicals, wie The Greatest Showman oder Sweeney Todd hat der Gesang deutlich mehr gezündet. Auch die Geschichte wird zu einem unförmigen Handlungsbrei, der sich nicht wirklich schlucken lässt.
Ein verwirrendes und überambitioniertes filmisches Experiment
Es ist schon klar, dass der Regisseur versucht, einige reale Themen, wie Gewalt gegen Frauen oder den Druck des Showgeschäfts mit absurden Ideen zu überzeichnen. Doch wirkt alles derart überambitioniert und verkünstelt, dass es wirkt, als soll der Film auf Biegen und Brechen zur hohen Kunst zählen.
Zwar punktet der Film mit tollen Kulissen und Bildern, doch auch trotz dieser opulenten, theaterhaften Optik, bleibt das gesehene langatmig und derart verdreht, dass man das Gefühl bekommt, zu unintellektuell zu sein, um das zu verstehen, was bei den Filmfestspielen in Cannes regelrecht gefeiert wurde.
Adam Driver (The Dead Don’t Die), der seine Karriere erst so richtig mit Star Wars begann, kann zwar beweisen, dass in ihm ein äußerst wandelbarer Darsteller steckt, der einfach jede Rolle spielen kann, doch bei all den Verrenkungen, Tränen und Liedern, kämpft er gegen die hohen Ambitionen seines Regisseurs an. Annette lässt sich niemals einordnen und eckt mit jeder Sehgewohnheit an.
Ist das Kunst oder kann das weg?
Eine Tochter aus Holz und Gesang beim Beischlaf sind noch die normalsten Dinge, die in 140 quälend langen Minuten über den Bildschirm flimmern.
Für welches Publikum diese filmische Reise auch gedacht war, ist schwer zu sagen. Vielleicht hatte Leos Carax aber einfach nur vor, sich selbst zu unterhalten. Die Auszeichnung als bester Regisseur gibt ihm jedenfalls Recht. Nach soviel Kunst, kann ich jetzt einen Film, wie Transformers gebrauchen.
Vielleicht ist das der Beweis, dass ich einfach keine Ahnung von Kunst habe.
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