Seitdem es Kinofilme gibt, gibt es auch Fan-Filme. Inspiriert durch einen Film, eine TV-Serie, einen Comic oder einen Roman drücken Fans ihre Leidenschaft dem Werk gegenüber aus und entwickelt eine eigene Geschichte oder schaffen eine Hommage an die großen Vorbilder.
Ein aufwendiger Fan-Film aus Fulda
Egal ob Superman, Star Wars oder Der Herr der Ringe – zu jedem beliebten Franchise gibt es heutzutage einen Fan-Film. Und aufgrund des digitalen Zeitalters in dem wir leben, nimmt auch die Qualität und gleichermaßen der Anspruch an diese Filme zu.
Auch der deutsche Filmschaffende Felix Berner ist ein Anhänger dieser Kultur und hat in Zusammenarbeit mit Dieter Joppich mit seinem Werk Aliens: Last Stand einen ebenso ambitionierten wie auch effektvollen Fan-Film gedreht.
In unserem Interview spricht der Regisseur über die langjährige Arbeit an dem Film, darüber wie er mit Ricco Ross, Carrie Henn und Daniel Kash drei Hollywood-Schauspieler gewinnen konnte und auch über die Schattenseiten der Fan-Filme.
Worum geht es eigentlich in Aliens: Last Stand und wie seid ihr auf die Idee gekommen einen Fan-Film zu diesem Franchise umzusetzen?
Es geht eigentlich um nicht viel, haha. Colonial Marines, die auf ein Raumschiff gehen und dort alle sterben – um es wirklich vereinfacht auszudrücken. Wir haben (scheinbar im Gegensatz zu jeder Erwartung) auf eine große Handlung verzichtet und uns mehr auf die Optik und vor allem die Atmosphäre konzentriert.
Wir spielen in dieser Hommage, diesem Tribut an Aliens mit Nostalgie und Camerons berühmten „Tech Noir“- bzw. „Future Noir“-Look.
Wir sagen ja überall, es ist ein Film von Fans für Fans und kein intellektuelles Werk.
Die Idee wurde nicht gesucht und gefunden, sie stand permanent im Raum. Als Gründer der German Colonial Marines sitze ich bzw. wir an der Quelle diverser Props und Repliken.
Hinzu Kommt, dass ich bereits 2015 einen Alien-Fan-Film gedreht hatte, namens Aliens: The Adora Files (was weniger ein herkömmlicher Film ist, sondern vielmehr ein MOOD-Experimental-Werk, wo es darum ging, eine ganz bestimmte, desolate, düstere Stimmung zu erzeugen).
Für mich stand damals schon fest, nach dieser „Übung“ gehe ich einen Schritt weiter und drehe etwas mit einem Haufen Colonial Marines. Ich bin halt der absolute Alien/ Aliens Fan, sonst würde meine gesamte Wohnung nicht aus diversen Rüstungen, Facehuggern und Pulse-Rifles bestehen, haha!
Ihr habt insgesamt drei Jahre Zeit und Eigenkapitel in das Werk gesteckt: Was waren für euch die größten Herausforderungen bei dem Projekt?
Nun haben wir nicht drei Jahre jeden Tag an dem Projekt gesessen. Vor 3 Jahren haben wir das Ding gedreht, und nebenher, neben unseren Jobs, halt immer mal wieder daran gewerkelt, bis es schließlich vor 2 Wochen das Licht der Welt erblickte und „Online ging“.
Kritisch waren die Greenscreen-Aufnahmen, da wir beim Drehen etwas zu viel Schattenwurf hatten und dann nicht jeder einzeln gefilmt wurde, sondern wir dort als Gruppe standen, ständig in Bewegung waren und das ständige Aufblitzen des Greenscreens zwischen den Ärmeln und Rüstungsteilen und Bewegungsunschärfe ein 100% perfektes Ergebnis unmöglich machten. Wir hätten gut noch einmal 3 bis 5 Monate investieren müssen, die Szenen per Hand nachzubearbeiten, was wir einfach nicht mehr stemmen konnten, seelisch und zeitlich nicht. Wir sind noch immer völlig ausgebrannt!
Ein weiterer Grund für diverse Nervenzusammenbrüche war die Musik. Es gab insgesamt vier Versionen, komplett neue eigenständige Versionen. Der französische Musiker Dominik Novak aka Mr. Moustache den ich sehr schätze und der ein großes Talent hat, konnte nicht das kreieren, wonach ich als Regisseur gesucht habe. Daraufhin wurde die vierte und finale Version des Soundtracks von mir selbst gemacht (ich bin auch noch Musiker) mit der Hilfe eines Kölner-Promis, welcher anonym bleiben will, der mit zwei fertigen, auf seinem Rechner herumliegenden Sci-Fi-Tracks mir ermöglichte, das Projekt endlich fertig zu stellen. Der jetzige Soundtrack ist eine Fusion meiner Musik mit der des besagten Promis, welchen ich nicht nennen möchte, da dies sein Wunsch war.
Mit Ricco Ross, Carrie Henn, Daniel Kash konntet Ihr drei Schauspieler aus der Original-Franchise für euren Film gewinnen. Wie habt Ihr dies geschafft und was sagen die drei zu dem Ergebnis?
Ricco likt alles was auf Instagram geschieht, zu den anderen beiden habe ich keinen Kontakt. Der Manager von Kash und Henn war jedenfalls sehr angetan vom Film. Man muss bedenken, dass dies seriöse Schauspieler sind (bis auf Henn) und nur weil Sie einem Filmemacher mit seinem Fan-Film geholfen haben, nicht das Ganze an die große Glocke hängen wollen, oder einen Fan-Film in ihrer Filmografie.
Diese drei Urgesteine haben mir einen gefallen getan in meinem Projekt mitzuspielen und dafür werde ich Ihnen ohnehin immer dankbar sein.
Welche Szene, welcher Effekt oder welcher Moment in Aliens: Last Stand ist euer Highlight?
SPOILER ALARM: Das gesamte Ende feiere ich hart :D – wo Daniel Kash unter all dem Krach und den Explosionen die Frau zur Rettungskapsel ruft, inmitten des ganzen Lärms und am Ende platzt ihm ein Chestburster aus der Brust und beide gefangen in ihren Sitzen und der kleinen Kapsel haben somit keine Rettung gefunden, sondern nur etwas verzögert den Tod, welcher wohl durch die Explosion des Mutterschiffes schneller und schmerzfreier eingetreten wäre.
Mein Kollege Dieter Joppich, feiert merkwürdiger Weise die Szenen mit dem Piloten. Jeder findet was anderes gut.
Die Reaktionen zu Aliens: Last Stand fallen durchaus gemischt aus. Wie steht ihr zu der teils harschen Kritik?
Ja, es gab einige Kritiken, zum Beispiel eine auf Rollingstone.de – irgendwie paradoxerweise auch ein Ritterschlag – die absolut persönlich und unter jeglicher Gürtellinie waren. Diese Frage fordert mich leider auf, etwas auszuholen, da dieser Punkt mir wirklich wichtig ist.
In welch übersättigten Zeiten leben wir und wie undankbar haut man mit einem Knüppel einfach auf etwas drauf, was einem „nicht gefällt“?
Es haben sich zwei Fans die Mühe gemacht, in einer Garage in Fulda, vor Greenscreen einen Film zu drehen, an diesem drei Jahre zu arbeiten, ihr Geld reinzustecken (mein Geld …haha) Freundschaften und Beziehungen aufgrund der schwankenden Launen (jeder Filmemacher wird dies nun verstehen) zu belasten und es schaffen, drei Schauspieler aus dem original Aliens-Film zu verpflichten, eine Person davon ist Carrie Henn, die in Aliens spielte und nun dreißig Jahre später in Aliens: Last Stand. Wir verlangen dafür kein Geld, niemand verlor einen „Kinobesuch an Lebenszeit“ und das Geld einer Eintrittskarte. Jeder konnte nach Minute 1 schon den Tab im Browser mit dem Film schließen, als man ahnte, dass dies nicht gefällt – jeder kann den Film kostenlos sehen, wir haben sozusagen das Internet weiter gefüllt, den Cyberspace bereichert, mit einem weiteren Werk und doch kommen sogenannte Kritiker an und sagen: „Ist scheiße“ – „Oberpeinlich“ – „Schlecht“ usw..
Ein Film besteht aus etlichen Ebenen, die man in eine Kritik durchaus mit einbeziehen sollte: Musik, Sounddesign, Schnitt, Effekte, schauspielerische Leistung, Handlung etc. pp. – doch alles wird zerschlagen mit einem Feedback wie „Ist schlecht“…. das wars. Jeder Punkt eines Films sind Wochen, Monate, oder auch manchmal Jahre Arbeit. Das Sounddesign erstellt sich nicht von selbst, die Musik auch nicht, wir legen auch keine fertigen Instagram-Filter auf ein Video und haben das Projekt mit einem Klick farblich bearbeitet. Alles, jeder Pixel, jede Bildstörung, jede Farbe, bedeutet lange Zeit an Bearbeitung.
Damals in den 80er Jahren, sah man in Filmen eindeutig, dass ein Monster eine Puppe ist, und doch war alles fein und cool. Heute erwartet jeder, sogar von einem Fan-Film, ein visuelles Niveau von Prometheus, Der Herr der Ringe und Co..
Wir sind alle übersättigt und alles was unsere visuellen Ansprüche, unsere „High Resolution Synapsen“ im Hirn nicht auf gewohntem Niveau stimuliert ist halt scheinbar KACKE. Hinzu Kommt interessanterweise, dass fast alle aus den USA den Film gut finden und loben, die Arbeit dahinter erkennen und würdigen und wir Deutschen im Vergleich scheinbar einfach nur Nörgeln sind und mit sogenannter „Kritik“ darauf schlagen und dies … war leider schon immer so.
Roland Emmerich wurde aus diesem Land vertrieben. Moon 44 war ein visuell mega guter Sci-Fi Film. Natürlich voller Schwächen in der Handlung, aber worum geht’s eigentlich dem Regisseur? Genau, die Frage stellt auch keiner – dem Herrn Emmerich und auch mir geht es um POPCORN MOVIES! Ich wollte nie einen anspruchsvollen Sci-Fi Film drehen, sondern einfach unterhaltsame leichte 11 Minuten Popcorn Filmvergnügen erschaffen. Nicht denken, einfach sich mal „treiben“ lassen und die Effekte genießen, die Idee dahinter erahnen, sich hineinversetzen, in diese kurze Fiktion.
Emmerich wurde immer zerpflückt von der Kritik, dabei finde ich Joey noch heute einen sehr schönen Kinderfilm. Als ganz Deutschland Roland Emmerich mal wieder nieder machten, hatte dieser bereits ein sehr lukratives Job Angebot aus Hollywood, ist seither dort und einer der bestverdienensten Regisseure der Welt.
Meine Erfahrung ist bisher eine ähnliche. In den USA lacht dich niemand aus, wenn du mal mit einem Projekt gegen die Wand fährst. Dir werden immer wieder Chancen gegeben. Der „American Dream“ lässt stets weiter glauben und hoffen und genau durch diesen Glauben und diese Hoffnung versetzen so einige Künstler dann wirklich Berge. In Deutschland wird jede Hoffnung im Keim erstickt. Da werden vom anderen sofort die Kontra-Punkte der „Realitäts-Checkliste“ vorgetragen und jeder Glaube an etwas größeres zunichte geredet. So versetzt keiner Berge, passt Beamten ja auch nicht, wenn ein Berg wandert….was wäre dies auch für ein schrecklich bürokratischer Aufwand den umplatzieren Berg zu kartografieren *ironie*.
Wie dem auch sei – es gibt keine schlechte Presse, alles gute PR. Wir nehmen die Kritik weniger persönlich wie es sich gerade anhört. Es ist nur ein Grundgefühl, was hierzulande bestimmt viele Filmemacher kennen.
Nachdem der Fan Film nun abgeschlossen ist: Stehen weitere Projekte an in dieser Richtung oder was sind die Ziele für die Zukunft?
Seit 2015 habe ich einen abgedrehten Star Wars-Fan Film mit dem Schauspieler Marcel Von Hagen auf meinem Rechner liegen. Dieses Projekt steht als nächstes an. Wir werden aber die gesamte Postproduktion größtenteils „outsourcen“ – danach ein Dredd-Fan Film.
Hier noch ein Aufruf als Abschied: Hört nicht auf Fan Filme zu machen – auch wenn viele Kritiker gar nicht verstehen, warum man denn „nichts eigenes“ macht. Diese Subkultur der Fan Filmer darf niemals aussterben. Dreht so viele Fan Filme wie ihr wollt. Die Community sollte wachsen. Ich liebe es Fan-Filme anderer zu sehen. Das ist für mich echt großes Kino.