A Tale of Two Sisters (2003) | Filmkritik

A Tale of Two Sisters

Hinter der perfekten Fassade einer Familie kann sich der pure Horror verstecken. Regisseur Kim Jee-Woon, der bereits Arnold Schwarzenegger mit The Last Stand (2013) aus dem Action-Ruhestand beförderte, zeichnet mit der Geschichte zweier Schwestern ein komplexes und düsteres Bild aus Schuld, Ängsten, Wahn und Trauer.

Es beginnt mit einem herrlichen Sommertag. Ein Auto fährt in die Einfahrt eines hübschen Hauses am See. Zwei Mädchen steigen aus und rennen lachend zum Bootssteg, um ihre Füße ins warme Wasser zu tauchen. Die Stiefmutter begrüßt die beiden Schwestern freundlich und scheint sich sehr über die Ankunft der Gäste zu freuen. Doch was anfangs nach der Heimkehr ins Idyll aussieht, entpuppt sich als nervenzerfetzende Achterbahnfahrt der Emotionen.

© capelight pictures

Die ältere Schwester Su-mi (Lim Su-jeong) begegnet der perfekten Stiefmutter mit offener Feindseligkeit, während Su-yeon (Moon Geun-young), die jüngere Schwester, vor Schreck erstarrt.

Kaum haben sich die Mädchen im großen, dunklen Haus, niedergelassen, da beginnen die seltsamen Ereignisse. Stimmen auf den Fluren, laute Geräusche und geisterhafte Erscheinungen lassen Albtraum und Wirklichkeit miteinander verschmelzen. Der Vater (Kim Kap-soo) wirkt erschreckend passiv und scheint sich aus dem Konflikt seiner Töchter mit der neuen Partnerin herauszuhalten.

Dass ihn die gesamte Situation überfordert wird ziemlich schnell klar. Offensichtlich scheint die Stiefmutter (Yeom Jeong-a) die jüngere Schwester zu misshandeln. Mal hat die Kleine blaue Flecke an den Armen, dann wird sie zur Strafe in einen Schrank gesperrt. Als Su-mi ihren Vater deswegen zur Rede stellen will, blockt er scheinbar nur ab.

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Irgendetwas scheint in der Familie passiert zu sein, über dass niemand reden will und was die beiden Mädchen stark traumatisiert hat.

Wähnt man sich am Anfang der Geschichte noch in Sicherheit, bereiten dunkle Zimmer und eine beklemmende Atmosphäre das drohende Unheil vor. Mit langen Einstellungen auf spärlich beleuchtete Innenräume wird klar, dass sich in diesem Haus etwas furchtbares abgespielt haben muss.

Etwas, dass den Familienvater quält und seine Töchter scheinbar in eine psychiatrische Klinik befördert hat. Dabei werden schon in den ersten Szenen klare Ungereimtheiten sichtbar. So bringt Su-mi ihre Tagebücher zum Schreibtisch, nur um zu sehen, dass sie bereits dort liegen. Kleider im Schrank sind beängstigend gleich und der Vater spricht nie mit beiden Töchtern und scheint sich immer von allen abzukapseln.

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Der süd-koreanische Regisseur Kim Jee- Woon, bekannt für Werke wie Bittersweet Life (2005) und I Saw the Devil (2010), lässt sich Zeit mit der Aufklärung der Ereignisse und geht äußerst sparsam mit Schockmomenten und Horroreinlagen um. Vielmehr baut er eine beklemmende Spannung auf, die er bis zum alles erklärenden Höhepunkt aufrecht zu erhalten weiß. Das stilvolle Familienhaus bedrückt durch seine langen Flure und der beengenden Zimmer und bietet in nur wenigen Gelegenheiten die Geborgenheit, die man erwarten würde, wenn man nach Hause kommt.

Besonders Su-mi verwandelt sich vom unbesorgten Mädchen zur scheinbar traumatisierten Schwester, die von seltsamen Träumen und unterdrückten Erinnerungen gequält wird. Hat alles zu Anfang noch eine Ordnung, driftet das Familienleben zusehends in einen monströsen Abgrund. Doch auch andere Besucher, wie die Schwägerin des Vaters, nehmen die dunkle Präsenz wahr, die hier in den Schatten lauert. Vor allem ein Kleiderschrank erhält eine besonders bedrohliche Bedeutung für die beiden Mädchen.

A Tale of Two Sisters
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Wer auf psychologischen Horror Wert legt, bekommt mit A Tale of Two Sisters eine besonders spannende und beklemmende Geschichte geboten, die viele Fragen aufwirft und bis zum Ende spannend zu unterhalten weiß. Besonders das Schauspiel von Lim Su-jeung (I’m a Cyborg, But That’s OK) als ältere Schwester ist lobend zu erwähnen, die in ihrer Rolle gekonnt immer tiefer und tiefer in den Abgrund driftet. Aber auch die Stiefmutter, gespielt von Yeom Jeong-a (Intimate Strangers) kann mit ihrer Interpretation mehr als überzeugen.

Mit gelungenen Kameraeinstellungen, einem tollen Set und dichter Atmosphäre ist dieser Film nicht umsonst das beste Werk von Kim Jee-Woon, der hierfür auch einiges an Auszeichnungen erhalten hat.

Seit dem 29. November ist A Tale of Two Sisters als 2-Disc Limited Collector’s Edition im Mediabook (Blu-ray + DVD) und als Standard-DVD erhältlich.

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