Kleine Dinge wie diese

Kleine Dinge wie diese (2024) | Filmkritik

Cillian Murphy im stillen Aufbegehren

von Markus Grunwald

Mit Kleine Dinge wie diese präsentiert Regisseur Tim Mielants ein eindringliches Drama, das den Zuschauer in das Irland der 1980er Jahre führt – eine Welt, in der Religion, Armut und Angst untrennbar miteinander verwoben sind.

Ein stilles Drama über Schuld, Schweigen und Menschlichkeit

Basierend auf dem Bestseller von Claire Keegan erzählt der Film von kleinen Gesten, die große Bedeutung tragen, und von einer Gesellschaft, die lange wegsah, wo sie hätte handeln müssen.

Im Zentrum steht Cillian Murphy (Oppenheimer) als Kohlenhändler Bill Furlong – ein einfacher Mann, der auf seinem Weg zu einer Lieferung im örtlichen Kloster mit erschütternden Wahrheiten konfrontiert wird.

Was er dort sieht, erschüttert sein Vertrauen in Kirche und Gemeinschaft – und zwingt ihn, sich seinem eigenen Gewissen zu stellen.

Ein Schauspieler als moralisches Rückgrat

Cillian Murphy trägt diesen Film buchstäblich auf seinen Schultern – nicht nur als physisch arbeitender Kohlenhändler, sondern auch als emotionales Zentrum der Geschichte.

Mit minimalistischem Spiel und feinen Nuancen verleiht er der Figur eine tiefe Menschlichkeit. In seinen stillen Blicken liegt eine ganze Welt aus Schmerz, Wut und Mitgefühl. Der Film verzichtet bewusst auf große Ausbrüche und lässt stattdessen die Gesichter sprechen – eine Entscheidung, die sich als äußerst wirkungsvoll erweist.

Kleine Dinge wie diese Filmkritik

© PLAION PICTURES

Während des gesamten Films spürt man Bills inneren Konflikt: den Drang, Missstände anzusprechen, und zugleich die Angst vor den Konsequenzen. Die Szenen, in denen er schweigt, sagen oft mehr als jede Dialogzeile.

Ein Blick in die dunkle Vergangenheit Irlands

Kleine Dinge wie diese zeigt nur einen Bruchteil der Realität der sogenannten Magdalene-Wäschereien, in denen junge Frauen von der Kirche ausgebeutet und misshandelt wurden.

Doch gerade dieser „kleine Einblick“ genügt, um das Ausmaß der Grausamkeit zu erahnen. Die düsteren, fast monochromen Bilder vermitteln eine erdrückende Atmosphäre. Jeder Nebelzug, jedes leere Straßenbild scheint die Last von Jahrhunderten religiöser Unterdrückung zu tragen.

Rückblenden geben Einblick in Bills eigene Vergangenheit: seine uneheliche Geburt, die Schuld seiner Mutter, die von einer älteren Frau gerettet wurde.

Diese Fragmente machen deutlich, warum ihn das Leid anderer so tief berührt – und wie eng persönliche und gesellschaftliche Schuld miteinander verflochten sind.

Kleine Dinge wie diese Filmkritik

© PLAION PICTURES

Weniger ist hier mehr – das gilt sowohl für die Inszenierung als auch für das Drehbuch. Der Film setzt auf leise Töne, auf Schweigen und Blicke, statt auf dramatische Zuspitzung.

Diese Zurückhaltung macht ihn stellenweise zäh, aber auch glaubwürdig. Die Kamera von Niccolò Palumbo hält sich nie aufdringlich auf, sondern beobachtet behutsam – wie ein Zeuge, der weiß, dass die Wahrheit oft zwischen den Bildern liegt.

So entsteht ein Werk, das weniger auf Spannung als auf Stimmung setzt. Die langsame Erzählweise verlangt Geduld, doch sie belohnt mit emotionaler Tiefe. Denn die wahre Gewalt liegt hier nicht in Blut oder Schreien, sondern im Schweigen einer Gesellschaft, die sich weigert hinzusehen.

Kleine Taten, große Wirkung

Kleine Dinge wie diese ist kein Film, der laut wird – und gerade darin liegt seine Kraft. Er erzählt von einem Mann, der in einer Welt der Angst den Mut findet, Mensch zu bleiben.

Cillian Murphy glänzt in einer Rolle, die mehr durch Gesten als durch Worte wirkt, und verleiht dem Film eine berührende Tiefe.

Trotz seiner Längen und der erzählerischen Zurückhaltung bleibt das Drama ein wichtiger Beitrag, der den Blick auf ein dunkles Kapitel irischer Geschichte lenkt.

Ein leises, aber kraftvolles Werk über Schuld, Mitgefühl und die kleine Hoffnung, dass Veränderung manchmal mit einer einzelnen guten Tat beginnt.

Bewertung

Bewertung_7

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Bildrechte: PLAION PICTURES


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