Wenn die Opernwelt der Gegenwart einen Wunsch frei hätte, so würde sie sich mit Sicherheit die Popularität und den Zuspruch wünschen, den sie zu Zeiten eines Carl Maria von Weber genoss. Seinerzeit war das Musiktheater äußerst populär und erreichte ein sehr großes Publikum. Gemessen an heutigen Verhältnissen kann man die Wirkung der Oper vor 200 Jahren nur mit der eines modernen Blockbusters vergleichen. Umso schöner ist es, dass mit „Der Freischütz“ seit dem 23. Dezember 2010 endlich ein Opernjuwel vom Feinsten als Filmoper im Kino erlebbar gemacht wird – endlich entfällt der Dress-Code und man darf hemmungslos mit der Popkorntüte rascheln, ohne von Schlipsträgern strafend angeguckt zu werden.
Carl Maria von Weber – ein klassischer Popstar
Die Oper stellte in der vorindustriellen Zeit ein unvergleichbares Gesamtkunstwerk aus Dichtung, Musik, Malerei und Bildhauerei dar. Keine andere Kunstform vermochte soviel Pracht, soviel Glanz und soviel kreative Energie gleichzeitig freizusetzen und das Publikum in und vor den Opernhäusern so nachhaltig in seinen Bann zu ziehen.

Seine an musikalischen Ideen reiche Musik, schnörkellos, farbig, rasant, mit eingehenden Melodien hatte von Weber schlagartig unsterblich gemacht. Darüber noch hinaus gehend, war es aber die Geschichte des „Freischütz“, die das Opernpublikum so unheimlich fesselte. Weder Götter noch Könige oder Fürsten, sondern zwei sich Liebende junge Menschen aus dem einfachen Volk sind die Helden der Handlung. Historisches mischt sich mit Phantastischem und Dämonen treten auf den Plan – genau diese Mischung aus Realität und Phantasie verzaubert damals wie heute das Publikum.
Posttraumatisches Belastungssyndrom goes Oper
Die großen, zeitlosen Themen Angst, Verzweiflung, Neid, Verführung und Liebe werden im „Freischütz“ verhandelt. Eine heute nicht minder aktuelle Situation steht am Beginn des Geschehens: Der junge Jäger Max kehrt aus dem Krieg nach Hause zurück. Obwohl äußerlich unversehrt, ist er in seinem Inneren schwer verletzt. Das Grauen des Erlebten hat ihn hart getroffen und völlig desillusioniert. Seine angeschlagene Seele interessiert seine Mitmenschen zu Hause nicht im Geringsten. Für sie ist die Welt in Ordnung, schließlich ist der Krieg weit weg und das Leben zu kurz, um es nicht ausgelassen zu feiern. Allein diese Konstellation gemahnt heute zwangsläufig an das Schicksal vieler aus Afghanistan heimkehrender Bundeswehrsoldaten.

Der Film hat der Oper mittlerweile vielleicht den Rang als Unterhaltungsmedium Nummer 1 abgelaufen, doch zur absoluten Höchstform laufen beide Gattungen gemeinsam seit dem 23. Dezember auf, wenn die Filmoper „Der Freischütz“ die deutsche Romantik mit einem Paukenschlag auf die ganz große Kinoleinwand zaubert.
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