Karas (2005-2007) | Serienkritik

Karas

Das japanische Animationsstudio Tatsunoko Pro wurde im Jahr 1962 gegründet und hat seither mit Serien wie Die kleinen Superstars (1986) und Robin Hood (1990) von sich reden gemacht. Zum vierzigsten Jubiläum des Unternehmens wurde mit Karas ein Anime der ganz besonderen Art produziert: ein visueller Schmaus mit beidruckender Action.

Das Leben der Menschen in Shinjuku, Tokyos turbulentes Verwaltungs- und Vergnügungszentrum, verlief bislang recht geordnet und monoton. Doch eine Serie von rätselhaften Mordfällen hält die Polizei neuerdings in Atem.

Keiner der Beamten ahnt, dass hinter der Fassade der Stadt eine von Monstern bevölkerte Prallelwelt existiert – dort leben die Yōkai. Schon seit ewigen Zeiten sorgen Yurine und ein rabenartiger Krieger namens Karas für die Aufrechterhaltung der Ordnung zwischen beiden Welten. Doch genau dieses Gleichgewicht der beiden Welten beginnt zu bröckeln.

Ein ehemaliger Karas, der über Jahrhunderte hinweg die Stadt beschützt hat, beginnt einen blutigen Rachefeldzug gegen die Menschen in Shinjuku. Einzig und allein der neu ernannte Karas kann es mit diesem mächtigen Feind aufnehmen und die Stadt vor ihrer Zerstörung retten.

Federführend bei diesem Anime war Keiichi Satō (Gantz: O), der bereits an zahlreichen Werken wie City Hunter, Mobile Suit Gundam und Wolf’s Rain künstlerisch mitwirkte. Mit der sechsteiligen Anime-Serie Karas, die zwischen 2005 und 2007 erschien, schuf er ein visuelles Highlight, das leider allzu sehr an seiner konfusen Geschichte leidet.

Inhaltlich dreht sich das Werk primär um Otoha, einen ehemaligen Yakuza, der nach seinem Tod die Rolle des neuen Karas einnimmt. Als Beschützer der Stadt verteidigt er diese gegen die dunklen Mächte, die das Gleichgewicht zu kippen versuchen. Sein Vorgänger Eko Hoshunin führt diesen Aufstand an und sinnt nach Rache an den undankbaren Menschen, welche die Existenz der Yōkai vergessen haben.

Was bislang noch nach einem überschaubaren Konflikt klingt, wird jedoch durch zahlreiche Nebenfiguren durcheinander geworfen. Hinzu gesellen sich noch die Mikura, Geister die sich von menschlichem Blut nähren. Nue ist ein einstiger Untergebener Ekos, der mit letzter Kraft versucht seine wahre Form als Mikura zu unterdrücken. Und neben weiteren Geistern, Kappa und Dämonen gibt es noch menschliche Protagonisten, die mit einer Hintergrundgeschichte bestückt werden.

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Wer eigentlich gegen wen in den Kampf zieht und warum er dies tut, die Tatsache, dass jede Stadt von einem eigenen Karas beschützt wird und die Verbindungen zwischen all den Charakteren, sind offene Fragen, die in der Serie leider nur spärlich beantwortet werden. Gerade wenn man als Zuschauer denkt, dass man eine Information dazugewonnen hat, werden direkt neue Figuren und Handlungen etabliert. Die sechs Episoden der Serie platzen nur geradezu von Handlung und mangeln an grundlegender Erklärung. Eine dünnere Story, oder mehr Episoden mit mehr Erklärung, wäre hier definitiv der richtige Weg gewesen.

Doch was Karas inhaltlich fehlt, versucht die Serie durch einen wahren Augenschmaus wett zum machen. Mit einer brillanten Kombination aus 2D- und 3D-Technik gestaltet sich jeder Kampf zu einem Feuerwerk der Animation. Sobald ein Karas seine kämpfende Gestalt annimmt und gegen einen Feind in die Schlacht zieht, gibt es kein Halten mehr. Eine optische Wucht prasselt auf den Zuschauer nieder, der wie gefesselt die rasanten Schlagabtausche aufsaugt.

Die Tatsache, dass man bei den Aufeinandertreffen nicht immer ganz sicher ist, wer dort gerade kämpft und wer auf wessen Seite steht, rückt in diesen Momenten vollends in den Hintergrund. In den folgenden ruhigen Momenten kommen im Anschluss dann jedoch eben diese grundlegenden Fragen wieder auf.

Die Botschaften sind subtil, die Handlung erfordert Aufmerksamkeit und anschließende Recherche. Müht man sich jedoch, erlebt man ein interessantes Werk, in welchem Tradition und Moderne kollidieren und im Konflikt stehen. Traditionelle Zeichenkunst trifft auf dreidimensionale Computergrafik. Und wer einfach nur 180 Minuten Action erleben will, kommt ebenso auf seine Kosten.

Seit dem 12. Juli 2019 gibt es die sechsteilige Anime-Serie Karas bei Nipponart auf DVD und erstmals weltweit auch auf Blu-ray.

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