Piercing (2018) | Filmkritik

Piercing

Ein Piercing ist für viele nicht nur ein Mode-Schmuck, sondern auch eine Erinnerung. Regisseur Nicolas Pesce verleiht in seinem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2018 dem Accessoire eine starke Bedeutung. Doch wird auch sein Thriller in Erinnerung bleiben?

© Busch Media Group

Mit einem Eispickel in der Hand steht Familienvater Reed (Christopher Abbott) über seinem Nachwuchs. Urplötzlich wird er von dem Trieb gepackt, einen Menschen töten zu müssen. Auch wenn er gerade noch das lächelnde Baby verschonen kann, ist ihm glasklar, dass er schnellstmöglich Blut schmecken muss.

Und so plant er ein sorgfältiges Komplott: Unter dem Tarnmantel einer Dienstreise lässt er seine Frau und das gemeinsame Kind zurück, um in einem Hotelzimmer seine Mordlust zu stillen. Sein Opfer soll ein Callgirl werden, welches er sich auf das Zimmer bestellt. Schritt für Schritt plant er im Vorfeld jede Bewegung und jeden Ablauf. Wie lange dauert es bis das Chloroform wirkt? Wo können überall Fingerabdrücke zurückbleiben? Und wie schnell kann die Leiche zerstückelt werden?

Der Plan steht und der Mord ist minutiös geplant. Doch dann betritt die Prostituierte Jackie (Mia Wasikowska) das Hotelzimmer. Reed ist bereit die junge Frau zu ermorden, doch diese hat überhaupt keine Lust, sich einfach abmurksen zu lassen und der Abend nimmt eine überraschende Wendung. Und schon nach wenigen Minuten ist der perfide Plan Reeds vollkommen über den Haufen geworfen. Wird er trotzdem seine Mordlust stillen können?

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Der junge Regisseur Nicolas Pesce hat bereits 2016 mit dem schwarz-weiß Horror-Drama The Eyes of My Mother gezeigt, dass er Unbehagen hervorrufen und Brutalität auf die Leinwand bringen kann. Doch auch Langeweile schlich sich bei seinem letzten Werk vermehrt ein. Konnte Pesce bei seiner neuesten Adaption diese Schwachstelle ausmerzen? Leider nein. Trotz der kurzen Laufzeit von 81 Minuten hat auch Piercing zahlreiche Längen und verwirrende Dialoge.

Dabei bediente sich der Filmschaffende aus New York an einem Roman des japanischen Schriftstellers Ryū Murakami. Dessen Werke erfuhren in der Vergangenheit bereits einige Umsetzungen, wobei die bekannteste der Horrorfilm Audition (1999) von Regisseur Takashi Miike sein dürfte.

Ohne allzu großen Einstieg konfrontiert Pesce seine Zuschauer mit der Hauptfigur Reed und dessen Verlangen nach einem blutigen Mord. Bereits wenige Minuten später befinden wir uns mit dem jungen Vater auch schon im Hotelzimmer und nach etwas Probe beginnt das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Callgirl Jackie. Was jedoch an sich ein interessantes und cleveres Kammerspiel hätte werden können, wird eine Mischung aus Wirrwarr und Langeweile.

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Welche Absichten verfolgt Jackie? Will Reed wirklich einen Mord begehen? Und warum ist Tütensuppe ein 5-Sterne-Essen?

Nicolas Pesce und Piercing geben dem Zuschauer keine Antwort. Ebenso abrupt wie der Anfang des Films gestaltet sich auch das Ende und der gesamte Mittelteil lässt den Betrachter reichlich Zeit zum Grübeln. Lediglich der letzte Abschnitt schafft es einigermaßen Spannung aufzubauen, und doch bricht kurz darauf wieder alles in sich zusammen.

Die beiden Protagonisten des Films, Christopher Abbott (It Comes at Night) und Mia Wasikowska (Alice im Wunderland), wirken geradezu hölzern und steif. Anstelle von Chemie zwischen den beiden Protagonisten herrscht durchgehend ein Gefühl von Ekel und Abneigung. Ob gewollt oder nicht ist dies dem Film jedoch keinesfalls dienlich.

Verschlimmert wird diese Beziehung leider immens durch die deutsche Synchronisation, welche, freundlich ausgedrückt, für die Tonne ist. Wie abgelesen und, egal bei welcher Szene, emotionslos, tut es in den Ohren weh die Dialoge zwischen den Beteiligten anzuhören. Ein Glück, dass viele Passagen ohne allzu viele Worte auskommen. Ein Pech, dass auch die Stille langweilig ist.

Zusammenfassend muss man sagen, dass das Setting von Piercing interessant, aber billig wirkt; die Darsteller können eigentlich schauspielern, werden jedoch in monotone Rollen gedrängt und die Handlung ist so rund wie ein Quadrat. Ein Lichtblick ist einzig, dass Nicolas Pesce, Jahrgang 1990, noch recht jung ist und ihm viel Zeit zum lernen für sein Handwerk bleibt und mit dem Remake zu Grudge (2020) auch schon sein nächster Psycho-Horror-Film in den Startlöchern steht. Hoffentlich unterhaltsamer als seine vorherigen Werke.

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