Weltengänger (2018) | Filmkritik

Weltengänger

Das russische Kino hat weitaus mehr zu bieten als die prägenden Werke Panzerkreuzer Potemkin (1925), Krieg und Frieden (1966-1967) oder Der Bruder (1997).

Erst 2017 erschien nicht nur Loveless, der neue Film von Andrei Swjaginzew, welcher mit dem Preis der Jury in Cannes ausgezeichnet wurde, sondern mit Guardians, Attraction und Tanzy nasmertj – Die Tänze des Todes ebenso aufwendige Science-Fiction-Filme.

Science-Fiction made in Russia

2018 folgte nun mit Weltengänger ein opulentes Fantasy-Epos, das die Gesetzte von Raum und Zeit außer Kraft setzt und mit beeindruckenden Bildern begeistern will. Federführend bei der gleichnamigen Buchvorlage war Sergei Wassiljewitsch Lukjanenko, dessen Wächter-Romane schon längst ihren Weg auf die Kinoleinwand gefunden haben. Regisseur Sergey Mokritskiy erweckte nun die Figuren des erfolgreichsten, russischen Science-Fiction- und Fantasyautoren der Gegenwart zum Leben.

© Capelight Pictures

Der talentierte Computerspiel-Designer Kirill (Nikita Volkov) führt ein weitestgehend sorgloses Leben. Sein nächster Spiele-Hit steht in den Startlöchern, alle in der Firma himmeln ihn an und lediglich in Sachen Liebe ziehen dunkle Wolken auf.

Doch plötzlich soll sein gesamtes Dasein aus den Fugen geraten. In seiner Wohnung lebt plötzlich eine fremde Frau und weder Freunde noch Verwandte können sich an ihn erinnern. Es scheint, als wäre seine gesamte Existenz ausgelöscht worden.

Ein Abenteuer zwischen den Welten

Auf der Suche nach Antworten und einer Identität findet Kirill heraus, dass er auserwählt wurde eine Aufgabe zu übernehmen, die sein bisheriges Leben vollends verändern soll. Als Weltengänger wacht er zwischen den Parallelwelten in alle Ewigkeit über Recht und Ordnung. Doch schnell wird dem jungen Russen bewusst, dass weitaus mehr hinter den Aufgaben eines Weltengängers steckt und auch die Liebe scheint seiner neuen Berufung im Weg zu stehen.

Nach einem ruhigen Beginn geht Weltengänger rasant in die Offensive und schildert den Verlust der, der Hauptfigur Kirill bekannten, Realität. Die Wohnung ist weg, seine Freunde und Familie erkennen ihn nicht wieder und jegliche Spur seiner Existenz ist gelöscht. Zu diesem Zeitpunkt weiß das russische Fantasy-Werk durchaus zu überzeugen und erschafft eine bedrohliche und aufregende Atmosphäre.

Kurz darauf erfährt der vorherige Computerspiel-Designer, dass er ein auserwählter Weltengänger ist und Portale zu fremden Welten öffnen kann. Seine erste Tür führt in dabei geradewegs in ein Steampunk-Moskau, in welchem ausschließlich höfliche Menschen leben. Fliegende Matrjoschkas mit Maschinengewehren sorgen jedoch für dicke Luft. Kirill, im Nu erfahrener Kampfspezialist, hat jedoch keinerlei Probleme mit diesen tödlichen Babuschka-Puppen.

© Capelight Pictures

Der Zuschauer wurde bis zu diesem Zeitpunkt mit der Hauptfigur vertraut gemacht und bekam visuell einen kleinen Schmaus präsentiert. Dass Kirill fortan als Beamter der Mächtigen schuften muss, ist lediglich der Anfang vom Ende, denn die nun folgende Liebesgeschichte zwischen dem Auserwählten und seiner Ex-Freundin Anna lässt den Zuschauer lediglich verzweifelt mit dem Kopf schütteln.

Die einstige Geliebte hat Kirill für einen besser betuchten verlassen und nach seiner Erinnerungslöschung springt sie kurzerhand wieder um und beginnt mit dem Auserwählten ein Techtelmechtel. Liebe und Loyalität haben scheinbar keinen Platz in Weltengänger. Umso banaler und emotionsloser wirkt auch der weitere Verlauf der Handlung, in welchem Kirill seine Herzensdame retten muss.

Eine Mischung aus Action und Langeweile

Doch vorab gibt es natürlich noch trockene Arbeit als Beamter im Weltengänger-Turm zu erledigen. Wenigstens noch zwei weitere Welten sollen geöffnet werden: eine dystopische Moskau-Variante, die als Arbeitslager dient und eine futuristische Version, in der all der Hass und Krieg ausgelöscht wurden. Der Fantasy-Faktor kommt hierbei jedoch deutlich zu kurz und banale Dialoge und die trockene Handlungen sorgen zwischen den doch recht spannenden Passagen für gähnende Langeweile.

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Die Entwicklung des Hauptcharakters wurde dabei, trotz einer Laufzeit von nahezu zwei Stunden, völlig verkorkst und ist in keiner Sekunde nachvollziehbar. Der Zuschauer hofft auf Antworten und bekommt nur Fragen aufgetischt. Warum Kirill der Auserwählte ist, welche Fähigkeiten er beherrscht, was die Folgen seiner Auserwählung sind oder wer überhaupt hinter all der Weltengänger-Politik steckt, verschweigt einem der Film komplett.

Schauspielerisch ist Nikita Volkov durchaus sympathisch und gut besetzt für die Titelrolle, aber sein Charakter erhält kaum emotionale oder fesselnde Momente für eine Festigung des Charakters. Stattdessen verliert sich Volkov zwischen einem charmanten Lächeln und plötzlicher Action. Der restliche Cast dient lediglich als Beiwerk, wobei höchstens Freund Kotya Chagin, dargestellt von Yevgeny Tkachuk, noch etwas Frische mitbringt.

Weltengänger scheint einer dieser gescheiterten Versuche zu sein, wo die Buchvorlage, zu der auch Band 2 Weltenträumer gehört, mit facettenreichen Momenten und futuristischen Ideen daherkommt, die auf dem Bildschirm aber komprimiert präsentiert werden. Dass das Werk lediglich der Beginn einer Reise ist, trübt schlussendlich auch noch das Finale des Films.

Doch wird das Abenteuer des Weltengängers überhaupt eine Fortsetzung erleben?

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Bildrechte: Capelight Pictures

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