Wer glaubt Anime würden sich nur um riesige Roboterschlachten, garstige Dämonenkrieger und Martial Arts drehen, der irrt sich gewaltig. Dass die Japaner auch ganz ruhige und melancholische Töne anschlagen können, beweist der 2004 veröffentlichte Film The Place Promised In Our Early Days (Originaltitel: Kumo no mukô, yakusoku no basho), was so zu deutsch viel bedeutet wie Der in unseren frühen Tagen versprochene Ort.
So kompliziert und bedeutungsschwer wie der Titel ist auch das Werk von Makoto Shinkai, welches ebenfalls als Manga als auch als Roman von Shinta Kanō realisiert wurde.
Es beginnt mit der Freundschaft zweier Schüler, Hiroki und Takuya, die in den Ferien ein ganz besonderes Projekt planen. Sie wollen ein Flugzeug bauen, das sie zum seltsamen Turm bringt, der sich von Hokkaido scheinbar endlos in den Himmel schraubt. Er ist das Sinnbild der Teilung des Landes in Nord und Süd und steht für die Jungs als Zeichen der Freiheit.
Doch der Turm beherbergt ein düsteres Geheimnis. Um ihn herum scheint sich das Land zu verändern, zu mutieren. Dabei soll es sich um den Einfluss eines parallelen Universums handeln. Zu den beiden fleißigen Schülern gesellt sich das Mädchen Sayuri, schließt sich kurzerhand dem Projekt der Jungen an und träumt mit ihnen vom Flug in eine andere Welt.
Doch schon bald soll die hübsche Japanerin in einen verhängnisvollen Traum stürzen, der untrennbar mit dem Turm verbunden ist. Sayuri verschwindet spurlos und lässt die beiden Freunde mit fragenden Gesichtern zurück.
Die Jahre vergehen und die beiden Freunde gehen getrennte Wege. Der Flugzeugbau scheint längst vergessen. Der intelligente Takuya arbeitet inzwischen in einem Labor der Allianz, Hiroki ist nach Tokio gezogen und fristet ein eher kümmerliches Dasein.
In seinen Träumen verfolgen ihn Visionen der verlorenen Freundin Sayuri. Sie ist inzwischen in einen ewigen Schlaf gefallen und wird in einem Krankenhaus versorgt. Ihr letzter Brief wird schließlich an Hiroki gesendet und er bricht anschließend auf, sie zu finden und zu retten. Auch sein ehemals bester Freund landet schließlich an jenem Ort, an dem sie einen großen Traum hegten.
Dort, wo noch immer das unvollendete Flugzeug auf seine Bestimmung wartet. Die Freunde müssen sich erneut zusammentun, um ihren Kindheitstraum endlich in die Realität umzusetzen.
Das in The Place Promised In Our Early Days gezeigte Japan ist natürlich eine parallele Welt zur unsrigen. Das Land, welches teils von den USA besetzt ist, nahm einen anderen historischen Verlauf als wir es kennen. Die Vermischung aus Fiktion, Philosophie und Utopie zeichnet ein Bild, dass befremdend aber auch seltsam vertraut ist.Mit melancholischer Musik untermalt wird die erzählte Geschichte zu einem rührseligen Stück Animationskunst, das Freundschaft und Freiheit nie aus den Augen lässt. Zwar verstrickt sich die Handlung teils unübersichtlich in seinen gesponnenen Erzählfäden, löst aber am Ende den Hauptkonflikt im lang ersehnten Flug zum Turm. Wofür er steht und was seine Funktion ist, bleibt jedoch zwischen den Zeilen und Symbolen größtenteils der eigenen Fantasie überlassen.
Leider hat der Film ebenfalls mit einigen Längen zu kämpfen und entwickelt sich in mancher Szene zu einer Geduldsprobe. Wer sich jedoch auf die fantastische Reise einer Freundschaft einlässt, wird mit eindringlichen Bildern und viel Liebe zum Detail belohnt.
Regie: Makoto Shinkai
Drehbuch: Makoto Shinkai
Musik: Tenmon
Japanische Sprecher: Hidetaka Yoshioka, Masato Hagiwara, Yuuka Nanri, Kazuhiko Inoue, Unshou Ishizuka
Bildrechte: AV Visionen Filmverleih